Video zeigt Berufspendler, keine ankommenden Asylsuchenden
Berlin (ots)
Ein Facebook-Post teilt ein zweiminütiges Youtube-Video und kommentiert, es zeige die Ankunft von «knapp 1000 Schwarzafrikanern» am Bahnhof Ashausen. Sie sollen dort am 10. Juli 2019 aus dem Zug ausgestiegen sein. Es wird suggeriert, dabei handle es sich um Flüchtlinge, dort eine Unterkunft erhielten - ohne Wissen der Bevölkerung (http://dpaq.de/UUJSX).
BEWERTUNG: Das Video zeigt Mitarbeiter eines Logistik-Zentrums im nahegelegenen Winsen und keine Flüchtlinge, die in Ashausen untergebracht werden sollen.
FAKTEN: Ashausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Stelle im niedersächsischen Landkreis Harburg. Der Landkreis teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit: Die gezeigten Personen sind keine Flüchtlinge, die in Ashausen untergebracht werden sollen. Die Pressesprecherin sagte, dass es zu 99 Prozent Angestellte eines großen Unternehmens in der Region seien. Sie steigen demnach regelmäßig in Ashausen vom Zug in einen Bus ins benachbarte Winsen um. Dort ist ein Logistik-Zentrum des Unternehmens angesiedelt.
Die Sprecherin ergänzte, dass der Landkreis Harburg im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 240 Flüchtlinge zugewiesen bekommen habe. Der Kreis habe zudem keine Unterkunft, in der man auch nur annähernd 1000 Menschen an einem Ort aufnehmen könne.
Man werde das Video wegen der falschen Darstellung, dass es sich bei den gefilmten Menschen um Flüchtlinge handele, als unangemessenen Content bei Youtube melden, so die Pressesprecherin. Kurze Zeit später war das Video bei Youtube tatsächlich nicht mehr im dem Profil verfügbar, wo es vermutlich ursprünglich veröffentlicht wurde. Es kursiert jedoch weiterhin in anderen Youtube-Profilen (http://dpaq.de/ksyE7) sowie bei Facebook und Twitter.
Auch die Polizei des Landkreises Harburg stellte auf Twitter klar, dass es sich nicht um Flüchtlinge handle, «die plötzlich und ohne Wissen der Bevölkerung mit einem Zug in Ashausen ankommen.» (http://dpaq.de/XdcKD)
Sie bestätigte die Aussagen des Landkreises: «Richtig ist, dass diese Menschen dort regelmäßig mit dem Zug ankommen und dann mit dem Shuttlebus eines Unternehmens zu ihrer Arbeitsstelle gebracht werden.» (http://dpaq.de/9JlRw)
dpa kontaktierte am 12. Juli 2019 auch das Unternehmen. Dieses wollte zunächst aber keine öffentliche Stellungnahme abgeben.
Die Polizei ermittelt im Zusammenhang mit dem Video außerdem wegen eines Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz, «da das Video mutmaßlich ohne Zustimmung der abgebildeten Personen veröffentlicht und verbreitet wurde» (http://dpaq.de/H2408).
Einer der Gefilmten im Video kommt auf die Filmende zu und fordert sie auf, sein «Bild» zu löschen. Sie antwortet darin: «Ich hab kein Bild von dir da drauf. Was willst du von mir?»
---
Links:
Facebook-Post: https://www.facebook.com/henrykstoeckl/videos/vb.606214396541880/901186386911861/?type=2&theater
Facebook-Post (archiviert): http://dpaq.de/idCkq
Foto aus Video bei «Journalistenwatch»: http://dpaq.de/myH12
Tweets der Polizei des Landkreises Harburg zum Video: http://dpaq.de/XdcKD
---
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com
© dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH. Die vorstehenden Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Jegliche Nutzung von Texten, Grafiken und Bildern ohne vertragliche Vereinbarung oder sonstige ausdrückliche Zustimmung der dpa ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe sowie Speicherung, Bearbeitung oder Veränderung. Alle Rechte bleiben vorbehalten.