Neuer Stand bei Mobilfunk-Studien: 7 zu 1 fürs Krebsrisiko ☹
Pressemitteilung von diagnose:funk vom 9.12. 2024
Stand bei Mobilfunk-Studien: 7 zu 1 fürs Krebsrisiko ☹
Systematische Übersichtsarbeiten sagen: Vielnutzer haben erhöhtes Krebspotenzial / Nur industrienahe Wissenschaftler sehen das nicht so
Stuttgart, 9.12.2024: Mit der Veröffentlichung einer neuen peer-reviewten systematischen Übersichtsarbeit (Review und Meta-Analyse) zu Mobilfunk und Krebs beim Menschen gibt es nun 7 international anerkannte Studien, die das Krebsrisiko als statistisch nachgewiesen aufzeigen. Die neue Studie der koreanischen Forschergruppe Moon et al. wurde an der Seoul National University und am Inha University Hospital erstellt. Sie fand heraus, dass die Kopfseite, an die das Mobiltelefon gehalten wird, statistisch signifikant mit der Kopfseite übereinstimmt, auf der Hirntumore entstehen (40 %ige Erhöhung des allgemeinen Hirntumorrisikos). Langzeitnutzung von Mobilfunk von mehr als 10 Jahren führt laut der Studie zu einer statistisch signifikanten Risikosteigerung für Hirntumore von 27 %. Diese Ergebnisse beruhen auf der Auswertung epidemiologischer Studien.
Studie im Original: doi.org/10.1186/s12940-024-01117-8
Besprechung der Studie: emfdata.org/de/studien/detail&id=866
Die weiteren 6 Überblicksstudien (seit 2016), die zu ähnlichen – bedenklichen – Ergebnissen kommen:
- Wang & Guo (2016). Meta-analysis of association between mobile phone use and glioma risk. J Cancer Research Therapy
- Bortkiewicz et al. (2017). Mobile phone use and risk of intracranial tumors and salivary gland tumors - A meta-analysis. Int J Occ Med Envir Health. Besprechung: emfdata.org/de/studien/detail?id=503
- Carlberg & Hardell (2017). Evaluation of mobile phone and cordless phone use and glioma risk using the Bradford Hill viewpoints from 1965 on association or causation. Biomed Res Int. Besprechung: emfdata.org/de/studien/detail?id=584
- Prasad et al. (2017). Mobile phone use and risk of brain tumours: a systematic review of association between study quality, source of funding, and research outcomes. Neurol Sci.
- Yang et al. (2017). Mobile phone use and glioma risk: A systematic review and meta-analysis. PLOS One.
- Choi et al. (2020). Cellular phone use and risk of tumors: Systematic review and meta-analysis. Int J Envir Res Public Health.
Dieser Phalanx von sieben peer-reviewten und damit wissenschaftlich anerkannten systematischen Übersichtsstudien steht nur die Studie von Karipidis et al. (2024) gegenüber, die im September 2024 weltweit fälschlicherweise als Entwarnungsstudie der WHO gepriesen wurde. Die Karipidis-Studie gilt in Fachkreisen als tendenziös und einseitig: Mehrere Autoren gehören dem industrienahen Verein ICNIRP e.V. an. Die Studie weist zahlreiche methodische Mängel auf und bezweifelt bereits in der Einleitung den Zusammenhang zwischen Mobilfunkstrahlung und Krebs: „There is currently no established mechanism underpinning the potential carcinogenicity of RF-EMF at exposure levels below international standards“. Diese Studie beruht z.T. auf wissenschaftlich schlecht gemachten und kritisierten Studien ( Interphone, UK Million Women, MOBI Kids). Außerdem wurde die Karipidis-Studie von den ICNIRP-Autoren in Pressestatements falsch wiedergegeben.
„Wenn es 7:1 steht, ist der Ausgang des Spiels klar: Das Krebsrisiko gewinnt und die Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren“, warnt Jörn Gutbier, Vorsitzender von diagnose:funk. „Intensive Langzeitnutzer von Mobilfunktelefonen haben laut epidemiologischer Studien ein höheres Risiko für Krebs im Kopfbereich – sei es am Hörnerv, an der Speicheldrüse oder im Hirn. Das zeigt auch die neueste Studie aus Südkorea. Hinzu kommen hunderte medizinische in-vitro-Studien an Zellen und in-vivo-Studien an Versuchstieren, die ebenfalls das Krebspotenzial von Mobilfunkstrahlung eindrücklich aufzeigen. Das muss Konsequenzen haben: Nach der Neuwahl des Bundestags müssen sich die entsprechenden Ausschüsse und die neue Bundesregierung des Themas schnell annehmen und z.B. eine Aufklärungskampagne für Verbraucherinnen und Verbraucher initiieren mit klaren Aussagen zu den Gefahren und zur Vermeidung im Alltag.“
Mögliche Verhaltensempfehlungen sind:
- Der Abstand (zum strahlenden Gerät) ist Dein Freund, also: Handy weg vom Körper, nicht ans Ohr (wegen Gehirn und Hörnerv) und nicht in die Hosentasche (wegen Fruchtbarkeit).
- Zum Telefonieren und Musikhören ein kabelgebundenes Headset nutzen. So praktisch Airpods erscheinen, sie sind gesundheitsschädlich.
- Am Smartphone und Tablet zur Reduzierung der Strahlung die Hintergrunddienste bzw. mobile Daten und Bluetooth (so oft wie möglich) ausschalten.
- WLAN am Router und an allen onlinefähigen Geräten (Laptop, TV, Drucker, Abzugshaube, Saugrobotter etc.) mindestens nachts ausschalten.
- Online-fähige Geräte per Kabel und damit strahlungsfrei mit dem Internet verbinden (geht auch mit Smartphones und Tablets per LAN-Adapter).
Hintergrundinfos zur ICNIRP-Studie von Karipidis et al.:
Die Studie von Karipidis sagt, man wisse nichts Genaues, weil die Studienlage noch nicht die Daten für Beweise, sondern nur für schwache Hinweise und Wahrscheinlichkeiten liefere. Im Abstract heißt es (Übersetzung durch diagnose:funk):
- Für das Handy am Ohr: „Für die Nahfeld-HF-EMF-Exposition des Kopfes bei der Nutzung von Mobiltelefonen gab es mit mäßiger Sicherheit Hinweise darauf, dass sie wahrscheinlich nicht das Risiko von Gliomen, Meningeomen, Akustikusneurinomen, Hypophysentumoren und Speicheldrüsentumoren bei Erwachsenen oder Speicheldrüsentumoren bei Erwachsenen oder von pädiatrischen Hirntumoren erhöht.“
- Für die Nutzung von Schnurlostelefonen: „Für die HF-EMF-Exposition im Nahbereich des Kopfes bei der Verwendung von Schnurlostelefonen gab es Hinweise mit geringer Sicherheit, dass sie das Risiko von Gliomen, Meningiomen oder Akustikusneurinomen nicht erhöht.“
- Berufliche Exposition: „Für die berufsbedingte HF-EMF-Exposition gab es mit geringer Sicherheit Hinweise darauf, dass sie das Risiko für Hirntumore/Gliome nicht erhöht.“
- Kinder und Mobilfunk-Sendeanlagen: „Für die Ganzkörper-Fernfeld-HF-EMF-Exposition durch ortsfeste Sendeanlagen (Rundfunkantennen oder Basisstationen) gab es mit mäßiger Sicherheit Hinweise darauf, dass sie wahrscheinlich nicht das Leukämierisiko bei Kindern erhöht, und mit geringer Sicherheit, dass sie das Risiko für pädiatrische Hirntumore nicht erhöht.“ Im Klartext: Das Null-Risiko für Kinder wird relativiert: Ob Sendeanlagen wirklich keine negativen Wirkungen haben, könne nur vermutet werden. Selbst diese Vermutung wird nochmals relativiert: „Die Bewertung der Evidenz bezüglich pädiatrischer Hirntumore in Bezug auf die Umweltexposition durch ortsfeste Sendeanlagen sollte aufgrund der geringen Anzahl von Studien mit Vorsicht interpretiert werden.“
Hintergrundmaterial für weitere Recherchen:
- Magazin „Brennpunkt“: Debatte um die Entwarnungsstudien der letzten Jahre; diagnose-funk.org/1934
- Der Überblick zu Mobilfunkstrahlung und Krebs stellt die wissenschaftliche Studienlage dar; direkter PDF-Download (1 MB) unter:
Kontakt für Rückfragen:
- Jörn Gutbier, erster Vorsitzender von diagnose:funk, Tel. 0711-250869-1
- Peter Hensinger, zweiter Vorsitzender von diagnose:funk, Fachbereich Wissenschaft, Tel. 0711-250869-2
- Matthias von Herrmann, Pressereferent, Tel. 0711-250869-4 oder 0174-7497868
Presseportal: https://www.presseportal.de/nr/134366
diagnose:funk ist eine unabhängige Umwelt- und Verbraucher-Organisation, die sich seit 2009 für den Schutz vor elektromagnetischen Feldern einsetzt. Dazu klärt diagnose:funk über die schädigenden Wirkungen u.a. von Mobilfunk- und WLAN-Strahlung auf und fordert zukunftsfähige technische Lösungen für eine gesundheitsverträgliche Telekommunikation. Unser Motto: Technik sinnvoll nutzen!
diagnose:funk / Bismarckstr. 63 / 70197 Stuttgart Vertreten durch Jörn Gutbier und Peter Hensinger. https://www.diagnose-funk.org