Afghanisches Gesundheitssystem auf Stand von vor 20 Jahren
Schlechte Grundversorgung trifft auf eine nie dagewesene dramatische humanitäre Lage. Die Johanniter dehnen deshalb ihre Aktivitäten aus
Berlin (ots)
Der 15. August 2021 war ein Schicksalstag für Millionen Afghaninnen und Afghanen. Mit der Machtübernahme der Taliban wurden viele der Errungenschaften der letzten Jahre für die Zivilbevölkerung zunichtegemacht. So fiel das afghanische Gesundheitssystem durch die Einstellung der internationalen Entwicklungshilfe und die wirtschaftliche Isolation auf den Stand von vor 20 Jahren zurück.
"70 Prozent der Kosten für die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung wurden in den vergangenen Jahren von der internationalen Gemeinschaft übernommen. Mit deren Wegfall können Gehälter nicht mehr gezahlt, Medikamente und Ausstattungsgegenstände nicht beschafft, medizinische Einrichtungen nicht mehr betrieben werden", so Holger Wagner, Leiter Programme in der Johanniter-Auslandshilfe. "Diese schlechte Grundversorgung trifft nun auf eine nie dagewesene dramatische humanitäre Lage. Vor allem die Kinder werden - wenn sie es überleben - in ihrer Entwicklung beeinträchtigt, mit fatalen Folgen für die zukünftige Gesellschaft des Landes", befürchtet Wagner.
Ausweitung der Basisgesundheitsversorgung
Die Johanniter setzen deshalb ihre Aktivitäten im medizinischen Bereich fort und weiten sie aus. So konnte gerade ein neues Projekt in der Provinz Badghis starten. Gemeinsam mit ihrem Partner MMRCA ermöglichen die Johanniter hier rund 50.000 Menschen in den kommenden Monaten eine medizinische Versorgung dank mobiler Gesundheitsteams.
In der Hauptstadt Kabul stellen die Johanniter weiter die medizinische Versorgung für zehntausende intern Vertriebene sicher. "Parallel prüfen wir gerade die Ausdehnung unserer Aktivitäten in Richtung Herat. Bis zu 3.000 rückkehrende Afghanen kommen hier pro Tag an", berichtet Rik Vaassen, Johanniter-Programmreferent für Afghanistan. Zehntausende Menschen waren nach der Machtübernahme in den Iran geflohen und werden nun von den iranischen Behörden wieder abgeschoben. "Einige ziehen zurück in die Heimat, doch viele bleiben in Camps oder innerhalb der Gastgemeinden in der Umgebung von Herat nah an der iranischen Grenze."
Wiederaufbau im Erdbebengebiet
Nach dem schweren Erdbeben vom 21. Juni 2022 im Osten Afghanistans leisten die Johanniter und ihr Partner HADAAF weiterhin medizinische und Wiederaufbauhilfe in der Provinz Khost. Zwei mobile Kliniken fahren täglich in die entlegenen Bergregionen, um Kranke und Verletzte zu behandeln. Parallel wurden 520 Familien im Distrikt Spera mit Matratzen, Decken, Kochgeschirr, Werkzeug und Planen unterstützt. 500 besonders betroffene Familien erhalten außerdem Hilfe bei der Reparatur von Unterkünften sowie neue Nutztiere, um ihr Einkommen wieder sicherzustellen.
Hintergrund
Am 15. August 2021 übernahmen die Taliban die Macht in Afghanistan. Seitdem ist die Zahl der Menschen, die humanitäre Hilfe benötigen, um 33 Prozent gestiegen. Inflation, explodierende Lebensmittelpreise, Naturkatastrophen sowie der Wegfall von hunderttausenden Arbeitsstellen aufgrund der internationalen Sanktionen führten dazu, dass fast die komplette Bevölkerung Afghanistans unter der Armutsgrenze lebt. Fast die Hälfte der Menschen kann sich nur noch eine Mahlzeit pro Tag leisten, weshalb bereits mehr als eine Million Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind. Die Johanniter sind seit 20 Jahren im Land aktiv und sichern gemeinsam mit ihren Partnern in verschiedenen Regionen des Landes die medizinische Versorgung der Bevölkerung.
Um die Menschen weiter unterstützen zu können, sind die Johanniter auf Spenden angewiesen:
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., Stichwort: "Afghanistan", IBAN: DE94 3702 0500 0433 0433 00 (Bank für Sozialwirtschaft)
Hinweis an Redaktionen:
Rik Vaassen, Programmreferent bei der Johanniter-Auslandshilfe in Berlin, steht für Interviews zur Verfügung.
Pressekontakt:
Sandra Lorenz, Fachbereichsleiterin Kommunikation Auslandshilfe
Tel.: 0172 / 563 87 40, sandra.lorenz@johanniter.de
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