Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung DIVA
BMF-Referentenentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge
Reform der privaten Altersvorsorge: Was sagen die Bürger?
Ein Dokument
Frankfurt am Main (ots)
- DIVA-Blitzumfrage zum Referentenentwurf des BMF
- Positiv: Vielfältige Präferenzen sprechen für geplante Flexibilisierung
- Kritisch: Keine Absicherung von Erwerbsunfähigkeit und Lebenspartnern
Anfang Oktober legte das BMF den lang erwarteten Entwurf eines Gesetzes zur Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vor. Nach zwischenzeitlichem Abschluss der Verbändeanhörung soll der Entwurf nach der Ressortabstimmung noch im November der Regierung vorgelegt werden, um danach ins parlamentarische Verfahren zu gehen. Noch reichlich Gelegenheit also, den Entwurf bei Bedarf zu optimieren.
Was sagen neben der Politik, den Verbänden und den Experten die Bürgerinnen und Bürger zu den vorgelegten Plänen? Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) und der Deutsche Unternehmensverband Vermögensberatung (DUV) wollten es wissen und befragten 1.000 Personen zwischen 18 und 65 Jahren; durchgeführt wurde die Blitzumfrage Mitte Oktober vom unabhängigen Marktforschungsinstitut INSA-CONSULERE.
Ansparphase: Große Unterschiede bei Sicherheits- und Risikoprofilen
Geht um die Ansparphase bis zum Rentenbeginn, sieht der Referentenentwurf im Vergleich zum bisherigen Riester-Sparen deutlich mehr Freiheiten vor, indem die verpflichtende Bruttobeitragsgarantie um chancen- und damit auch risikoreichere Ansparformen ergänzt wurde. So soll es zukünftig staatliche Förderung auch für Sparformen mit einer 80%-Beitragsgarantie sowie für solche ganz ohne Garantien, also zum Beispiel für reine Aktienfonds, geben.
Die Ergebnisse der Bürgerbefragung zeigen, dass die Regierung mit dieser Flexibilisierung auf dem richtigen Weg ist: 42,6% wollen wie bisher voll auf Sicherheit setzen, würden sich also zulasten von Rendite für die 100-Prozent-Garantie entscheiden. 36,3% präferieren die 80-Prozent-Garantie und 21,1% wären bereit, auf jegliche Garantie zu verzichten. Geht es um das Geschlecht und um das Alter, zeigen sich deutliche Unterschiede: So haben Frauen im Vergleich zu Männern und Befragte ab 50 Jahren im Vergleich zu den Jüngeren eine deutlich stärker ausgeprägte Sicherheitspräferenz, würden also die 100-Prozent-Garantie wählen.
"Es ist rundum zu begrüßen, dass die Politik mit der Aufweichung der Bruttobeitragsgarantie endlich die staatliche geförderte private Altersvorsorge aus dem viel zu engen Korsett der Zinsabhängigkeit in die Kapitalmärkte entlassen will. Über 10 Jahre Niedrigzins sind der Hauptgrund dafür, dass das Riester-Sparen nicht mehr funktionieren konnte. Jetzt sollen die Bürger selbst wählen können, und das ist gut so. Denn wie die Ergebnisse zeigen, sind die Präferenzen für Sicherheit, Risiko und Rendite bei den Menschen höchst unterschiedlich. Warum also sollte der Staat alle in eine festgelegte Sparform hineinzwingen, die sich darüber hinaus auch noch als viel zu zinsabhängig herauskristallisiert hat?", meint Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA.
Verrentungsphase: Lebenslage Rente wird klar favorisiert
Geht es darum, wie das angesparte Kapital ab Renteneintritt ausgezahlt wird, sieht der Referentenentwurf auch dazu deutlich mehr Flexibilität vor: So sollen die Menschen wie bisher eine zu 100 Prozent lebenslang garantierte Rente, darüber hinaus aber auch eine solche mit 80-Prozent-Garantie und 20 Prozent variabler Rente wählen können. Ganz neu ist der Ansatz, anstelle der lebenslangen Rente auch einen zeitlich begrenzten Auszahlplan wählen zu können, bei dem die monatlichen Zahlungen - garantiert oder variabel - mindestens bis zum 85. Lebensjahr kalkuliert sein müssen.
Die Ergebnisse der Bürgerbefragung zeichnen hierzu ein klares Bild: 84,6% aller Befragten favorisieren die lebenslange Rente, 60,1% sogar mit einer 100-Prozent-Garantie. Wie in der Ansparphase ist auch hier der Anteil der Frauen und der Älteren höher. Dazu Heuser: "Die Unterschiede in der Sicherheitsorientierung, jeweils in der Anspar- und Verrentungsphase, sind signifikant unterschiedlich. Das zeugt durchaus von Sachverstand. Denn in jüngeren Jahren, also in der Ansparphase, kann mehr ins Risiko gegangen werden. Im Rentenalter hingegen sollte Kapital, das für den Lebensunterhalt benötigt wird, nicht mehr allzu riskant angelegt sein. Dass es mit rund 15 Prozent aber durchaus einen nennenswerten Bevölkerungsanteil gibt, der auch in der Rente noch von den Chancen der Kapitalmärkte profitieren und deshalb den Auszahlplan favorisieren würde, zeigt, dass das BMF auch hier auf dem richtigen Weg ist."
Revisionsbedarf zur Erwerbsminderung und Hinterbliebenenabsicherung
Eines der mit dem Referentenentwurf verfolgten Ziele ist die Schaffung von besserer Vergleichbarkeit der staatlich geförderten Produkte. Deshalb soll es zukünftig nicht mehr möglich sein, für die Ansparphase das Risiko der Erwerbsminderung abzusichern (Beitragsbefreiung). Und für die Verrentungsphase soll es nur noch die Option einer 10-jährigen Rentengarantiezeit geben, also eines zeitlich befristeten Übergangs der Rentenansprüche auf den Partner für den Fall, dass man selbst vorher verstirbt.
In beiden Regelungen verfehlt das BMF die Sichtweise der Bürger: Denn eine deutliche Mehrheit (58,7%) - bei den Frauen und bei den Jüngeren sogar noch etwas mehr - würde gerne einen kleineren Teil der monatlichen Sparbeträge zur Absicherung von Erwerbsunfähigkeit verwenden. Und auch bei der Rentengarantiezeit gibt es eine Mehrheit (knapp 44 Prozent) für Produkte, die zugunsten einer höheren monatlichen Rente ganz auf eine garantierte Absicherung des Lebenspartners verzichten. Interessant: Über 13 Prozent derjenigen, die sich in einer Partnerschaft befinden, haben Interesse an einer Hinterbliebenenabsicherung mit lebenslanger Auszahlung.
"Der Entwurf des BMF ist gut und absolut zeitgemäß, denn mit ihm wird die staatliche geförderte private Altersvorsorge endlich kapitalmarktfähig, und jeder kann nach eigener Façon vorsorgen. Als Verband kritisieren wir am Entwurf vor allem die Regelung zur Kinderzulage, die für Geringverdiener deutlich schlechter als bisher wäre. Gerade diese Gruppe muss aber im Fokus stehen. Und schaut man auf die Meinungen der Bürger, ist es ein Fehler, die Absicherung der Erwerbsunfähigkeit nicht mehr zuzulassen. Die neue Vielfalt der Produkte macht Vergleiche sowieso schwierig. Das Transparenzargument geht deshalb ins Leere. Und die 10-jährige Rentengarantiezeit scheint ein in der Höhe willkürlich festgelegtes "Feigenblatt" zu sein. Folgt man dem Wunsch der Bürger, wird sie mehrheitlich nicht gebraucht. Stattdessen sollte man für Paare die Chance einer Rente auf verbundene Leben als Option vorsehen", so Dr. Helge Lach, Vorsitzender des DUV.
Die DIVA-Blitzumfrage "private Altersvorsorge" wurde im Auftrag von DIVA und DUV von INSA-CONSULERE durchgeführt. Befragt wurden im Oktober 2024 ca. 1.000 Personen in Deutschland. Alle Ergebnisse sind auf der Website des DIVA zu finden.
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DIVA Deutsches Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung
Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) in Frankfurt am Main ist ein An-Institut der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) und versteht sich als Meinungsforschungsinstitut für finanzielle Verbraucherfragen. Es wird von vier namhaften Vermittlerverbänden getragen: dem Bundesverband Finanzdienstleistung AfW, VOTUM, dem Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV) und dem Bundesverband der Assekuranzführungskräfte VGA. Die Wissenschaftliche Leitung liegt bei FHDW-Professor Dr. Michael Heuser.
DUV Deutscher Unternehmensverband Vermögensberatung
Der Deutsche Unternehmensverband Vermögensberatung e.V. (DUV) ist eine Interessenvertretung für Unternehmen aus der Finanzdienstleistungsbranche in Deutschland. Dem Verband gehören sowohl Produktgebergesellschaften (Versicherungen, Fonds, Immobiliengesellschaften, Bausparkasse) als auch bedeutende Vertriebsgesellschaften an. Der DUV versteht sich zugleich als Gesprächspartner des Deutschen Bundestages, der Bundesregierung und weiterer staatlicher Institutionen in den relevanten Fragen des Vermögensaufbaus, der Vermögenserhaltung und der privaten Altersvorsorge. Dies gilt auch für den Dialog mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament in Brüssel sowie den entsprechenden Organen, wenn es um übergreifende Belange geht. Vorsitzender des Unternehmensverbands ist Dr. Helge Lach.
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Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor
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