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Häufung von Drogennotfällen in Europa: Deutschland muss sich vorbereiten

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Häufung von Drogennotfällen in Europa: Deutschland muss sich vorbereiten

54 Drogennotfälle innerhalb von vier Tagen in Dublin, Häufungen auch in Großbritannien: Gefährliche synthetische Opioide sind in Europa angekommen. Dringend erforderlich sind Erste-Hilfe-Schulungen und Opioid-Schnellteststellen.

Fachleute aus Suchtforschung und Suchthilfe schlagen Alarm: In Deutschland könnte die Zahl der Drogennotfälle bald drastisch zunehmen. Damit die Zahl der Todesopfer nicht steigt, gilt es jetzt, schnell zu handeln. Darauf weisen der Bundesverband Akzept, die Deutsche Aidshilfe (DAH) und die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) hin. Immer häufiger werden Heroin synthetische Opioide wie Fentanyl oder Nitazene beigemischt. Diese Stoffe wirken mehr als 100-mal stärker und sind extrem schwer zu dosieren. Konsumierende werden davon überrascht. Die Stoffe verursachen eine Atemdepression, die schnell tödlich verlaufen kann.

Der gefährliche Trend ist nun unübersehbar: Dublin meldete kürzlich 54 Drogennotfälle innerhalb von vier Tagen. Auch in England und Wales kam es regional zu starken Häufungen. Diese Meldungen lassen darauf schließen, dass synthetische Opioide in Europa auf dem Vormarsch sind. In Kanada, aber beispielsweise ebenso in Estland wurde Heroin durch synthetische Opioide ersetzt. Auch in Deutschland wurden bereits Beimengungen in Heroinproben nachgewiesen. Hintergrund der Entwicklung ist, dass die synthetischen Stoffe billig zu produzieren sind. Zugleich haben die Taliban in Afghanistan den Mohnanbau verboten und brennen Mohnfelder ab. Das könnte in naher Zukunft die Verfügbarkeit der natürlichen Rohstoffe für die Heroinproduktion in Europa weiter reduzieren. Fachleute rechnen damit, dass dieser Mangel immer stärker mit synthetischen Opioiden ausgeglichen werden wird – eine tödliche Gefahr für heroinabhängige Menschen. Um Todesfälle zu vermeiden, muss nun schnell eine Infrastruktur für Drogennotfälle aufgebaut werden.

Jetzt handeln in Städten und Kommunen, aber auch Bund und Länder sind gefragt

„Städte und Kommunen sollten jetzt Vorkehrungen treffen, um diesen Drogennotfällen begegnen zu können“, sagt der Suchtforscher Prof. Dr. Daniel Deimel vom Deutschen Institut für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) der katho. Ebenso müssen der Bund und die Bundesländer entsprechende Mittel für die Programme der Schadensminderung für Drogenkonsument_innen vorhalten und diese ausbauen. „Wir verzeichnen jetzt schon die höchste Zahl von Drogentoten seit 20 Jahren“, warnt Deimel. Zudem erlebten wir eine massive Verschlechterung der Situation von Menschen in den Drogenszenen durch eine zunehmende Verbreitung von Crack. „Es ist dringend Zeit zu handeln“, so Deimel weiter. Die Kommunen sollten zudem die offenen Drogenszenen genau beobachten, um auf Trends und Veränderungen zeitnah reagieren zu können. Schnellteststellen helfen dabei, synthetische Opioide vor dem Konsum zu identifizieren. Diese könnten zum Beispiel in Drogenkonsumräumen eingerichtet werden.

Erste Hilfe bei Überdosierungen

Gegen die synthetischen Opioide hilft das Notfallmedikament Naloxon, das als Nasenspray auch durch medizinische Laien verabreicht werden kann. Mitarbeitende aus Einrichtungen der Drogen- und Aidshilfe sowie von Polizei- und Ordnungsdiensten sollten in der Anwendung sowie in speziellen Erste-Hilfe-Maßnahmen ausgebildet werden. Denn: „Synthetische Opioide wie Fentanyl sind in Deutschland angekommen“, sagt Maria Kuban, die das Projekt „RaFT“ (Rapid Fentanyl Testing in Drogenkonsumräumen) bei der Deutschen Aidshilfe leitet.

Die Grundlagen sind bereits gelegt: Naloxon wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Im Rahmen des Bundesmodellprojektes „NALtrain“ wurden bisher mehr als 600 Mitarbeitende aus 300 Suchthilfeeinrichtungen geschult und mehr als 1.000 Heroinkonsument_innen und Substituierte mit Naloxon ausgestattet. Das gemeinsame Programm der Deutschen Aidshilfe, des Instituts für Suchtforschung in Frankfurt am Main sowie des Bundesverbands Akzept läuft noch bis Juni 2024.

Lebensrettende Strukturen etablieren

Die Möglichkeiten, die Leben und Gesundheit opioidabhängiger Menschen schützen können, sind in Deutschland noch lange nicht ausgeschöpft: „Drogenkonsumräume und die Substitutionstherapie sind wissenschaftlich belegte Maßnahmen zur Überlebenssicherung“, sagt Dirk Schäffer, Referent für Drogen und Strafvollzug bei der Deutschen Aidshilfe in Berlin. „Das Angebot der Substitutionstherapie sollte weiter ausgebaut werden. Drogenkonsumräume muss es endlich in allen Bundesländern geben.“

Kontakt:

Prof. Dr. Daniel Deimel

Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen

T: 0177 3133500

d.deimel@katho-nrw.de

Katja Brittig

Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen – Zentrale Öffentlichkeitsarbeit

T: 0221 7757-508

presse@katho-nrw.de

Holger Wicht

Deutsche Aidshilfe – Pressesprecher

T: 030 69 00 87 16

presse@dah.aidshilfe.de

www.aidshilfe.de

Prof. Dr. Heino Stöver

Akzept e.V.

T: 0162 133 45 33

heino.stoever@fb4.fra-uas.de

Über die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Die Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho) ist mit über 5.300 Studierenden Deutschlands größte staatlich anerkannte Hochschule in kirchlicher Trägerschaft. Träger der 1971 gegründeten Hochschule sind die (Erz-)Bistümer Aachen, Köln, Münster, Paderborn und Osnabrück, refinanziert wird sie zum überwiegenden Teil vom Land. 126 hauptamtlich Lehrende und 249 Lehrbeauftragte unterrichten und forschen in Aachen, Köln, Münster und Paderborn in den Arbeitsgebieten Soziales, Gesundheit und Religionspädagogik. Deutschlandweit ist sie mit über 3.800 Studienplätzen die größte Anbieterin für den Studiengang Soziale Arbeit. Die katho ist renommiert in der Forschung von Pflege und Versorgung, Sucht und Suchtprävention, Gesundheit und Soziale Psychiatrie, Bildung und Diversity, Alter und Behinderung, Inklusion und Teilhabe, Netzwerkforschung in der Sozialen Arbeit sowie pastorale Praxisforschung. Die katho kooperiert mit internationalen Universitäten und Praxiseinrichtungen in 37 Ländern.