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Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw)

Prognose: Weniger Wachstum in Ostmitteleuropa, Ukraine und Russland in tiefer Rezession - ANHANG

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Wien (ots)

BIP-Minus Ukraine bei 38% bis 45%; Russland schrumpft um 9% bis 15% bei bis zu 28% Inflation; EU-Mitglieder in CEE mit 3% Wachstum

Der Krieg in der Ukraine belastet die Volkswirtschaften der 23 Länder Mittel- Ost- und Südosteuropas (CESEE) unterschiedlich stark. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) geht in seiner neuen Frühjahrsprognose von einem Status-Quo-Basisszenario aus. Sollte der Krieg aber weiter eskalieren und die EU ein Öl- oder sogar Gasembargo gegen Russland verhängen, dürfte auch in Ostmitteleuropa ein leichter Abschwung einsetzen.

Die Entwicklung verläuft zweigeteilt. Vergleichsweise gut ist die Situation für die 11 EU-Mitglieder der Region. Während diese im Basisszenario heuer im Schnitt um 3% wachsen, würden sie im negativen Szenario mit 0,1% kaum wachsen. Die Ukraine und Russland verzeichnen heuer dagegen beide je nach Szenario einen massiven Absturz bzw. Einbruch (Ukraine: -38% bis -45% des BIP, Russland: -9% bis -15% des BIP), der auch den GUS-Raum nach unten zieht. Auch die Türkei als zweitgrößte Volkswirtschaft der Region wächst im besten Fall noch um 2,7%, schrumpft im schlechtesten Fall aber um 2,5%.

Ukraine stark angeschlagen

Die Ukraine verliert 2022 somit rund ein Drittel bis die Hälfte ihrer Wirtschaftsleistung. In den Gebieten, in denen es keine Kämpfe gibt, zeigt sich die Wirtschaft aber bisher erstaunlich widerstandsfähig. Das Budgetdefizit dürfte auf 25% des BIP steigen und wird nur mit westlicher Finanzhilfe abzudecken sein. In den vom Krieg betroffenen Regionen, wo die Wirtschaft zum Erliegen gekommen ist, wurden bisher 53% des BIP, 43% der industriellen Produktion und 34% der Agrarproduktion erwirtschaftet und über die Schwarzmeerhäfen 50% der Exporte abgewickelt. Die Aussichten für das Land sind düster und hängen vom weiteren Verlauf des Krieges ab. „Auch bei einem Waffenstillstand und einer politischen Lösung dürfte ein kräftiger Aufschwung erst 2024 einsetzen, weil private Investoren wohl nur langsam wieder ins Land zurückkommen würden“, sagt Vasily Astrov, Senior Economist am wiiw und Hauptautor der Frühjahrsprognose.

Schwere Rezession in Russland

Russland ist durch die westlichen Sanktionen heuer ebenfalls mit einem massiven Wirtschaftseinbruch von zumindest 9% und einer Inflation von mindestens 20% konfrontiert (Basisszenario). Ein Öl- und Gasembargo der EU könnte das russische BIP aber um bis zu 15% schrumpfen und die Inflation auf 28% steigen lassen (Negativszenario). Das würde die Haushaltseinkommen und damit den privaten Konsum noch weiter reduzieren und die Wirtschaftskrise verschärfen. „Schon jetzt sehen wir, dass es aufgrund der Sanktionen in vielen Bereichen zu Lieferkettenproblemen kommt. Das und der Rückzug vieler westlicher Firmen, beispielsweise in der Autoindustrie, trifft die industrielle Produktion ins Mark“, so Astrov. Das Produktionsniveau in der Automobilindustrie ist bisher um 50% gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Rund 600 westliche Firmen haben angekündigt, Russland zu verlassen. „Aber auch bei einem Energieembargo der EU wäre die Finanzierung des Krieges wohl nur mittelfristig gefährdet, da die russische Regierung über Reserven und fiskalischen Spielraum verfügt, so hart es die Wirtschaft auch treffen würde“, analysiert Astrov.

Begrenzte Auswirkungen auf Ostmitteleuropa

Die direkten Folgen des Krieges für die meisten Länder der CESEE-Region bleiben für 2022 im Basisszenario überschaubar. Die Einbußen aus dem Handel (ohne Energieembargo) mit der Ukraine und Russland dürften sich mit Ausnahme von Belarus zumeist auf etwa rund 0,5% des BIP belaufen. Bei den Branchen ist vor allem die für die Region so wichtige Autoindustrie direkt betroffen, da die Ukraine ein wichtiger Zulieferer z.B. von Kabelbäumen war.

Millionen ukrainischer Flüchtlinge kommen in Ländern wie Polen an und werden dort gut betreut und untergebracht. Die dadurch entstehenden Kosten von möglicherweise bis zu 40 Milliarden Euro werden teilweise durch Sondermittel der EU abgedeckt. Obwohl die meisten Flüchtlinge Frauen und Kinder sind, könnten sie im nächsten Jahr das ohnehin knappe Arbeitskräfteangebot in Ostmitteleuropa erhöhen.

Zweistellige Inflationsraten bei Energieembargo

Am meisten trifft der Ukraine-Krieg die CESEE-Region über stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise. Das dämpft die realen Haushaltseinkommen und damit den privaten Konsum. Viele Regierungen sahen sich deshalb genötigt, der Teuerung mit Preiskontrollen, Steuererleichterungen oder anderen wenig nachhaltigen Maßnahmen entgegenzutreten. „Sollte es zu einem Energieembargo gegen Russland kommen, wird die Inflationsrate in fast allen Ländern Mittel- Ost- und Südosteuropas zweistellig ausfallen“, konstatiert Vasily Astrov. In der Türkei wird sie selbst im Basisszenario bei rund 55% liegen.

Pressekontakt:

Andreas Knapp
Communications Manager
Tel. +43 680 13 42 785
knapp@wiiw.ac.at

Original-Content von: Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), übermittelt durch news aktuell

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