Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
VNW-Direktor Andreas Breitner zum Beschluss des Bundeskabinetts zum Heizungstausch
- Das ist ein erster Entwurf, der im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens grundlegend überarbeitet werden muss.
- In Norddeutschland werden bis zu 100 Milliarden Euro für das Erreichen der Klimaneutralität investiert werden müssen.
- Die öffentliche Förderung muss massiv ausgebaut werden, um Mieterinnen und Mieter nicht zu überfordern.
50/2023
Das Bundeskabinett hat heute die umstrittenen Pläne zum Heizungstausch beschlossen. Von 2024 an soll möglichst jede neueingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es gibt allerdings keine sofortige Austauschpflicht bei Bestandsgebäuden. Falls die Heizung kaputtgeht und nicht mehr repariert werden kann, gibt es Übergangsfristen. Spätestens bis 2045 soll die Nutzung fossiler Energieträger jedoch beendet sein.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Die sozialen Vermieter Norddeutschlands tragen das Ziel der Bundesregierung mit, bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Dazu gehört, dass danach alle Heizungen in Wohngebäuden vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Schwierig wird es für uns, wenn die Politik in engen Grenzen den Weg vorschreibt, auf dem Klimaneutralität erreicht werden soll. Das heute im Bundeskabinett verabschiedete Gesetz zum Heizungsaustausch kann daher nur ein erster Entwurf sein, der im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens grundlegend überarbeitet werden muss.
Das vom Bundeskabinett verabschiedete Papier ist kein Gesamtpaket für eine erfolgreiche Energiewende. Bei der öffentlichen Förderung bleibt man im Nebulösen und verunsichert so Bürgerinnen und Bürger sowie die sozialen Vermieter. Das alles ist eine Wette auf die Zukunft, weil niemand weiß, ob beispielsweise Wärmepumpen in Altbauten oder im Geschosswohnungsbau effizient im Sinne des Klimaschutzes arbeiten können.
Die norddeutschen Länder Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern müssen in den kommenden Monaten ihren Einfluss in Berlin nutzen, damit die Energiewende praktisch machbar wird und sowohl die sozialen Vermieter als auch die Mieterinnen und Mieter nicht überfordert.
Soziale Vermieter fordern maximal Technologieoffenheit
Wir fordern maximale Technologieoffenheit. Niemand, wirklich niemand kann heute sagen, was kluge Köpfe in den kommenden Jahrzehnten noch alles erfinden werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Wer jetzt auf einige wenige Technologien setzt, der gefährdet wissentlich die Energiewende.
Zudem ist eine massive öffentliche Förderung bei der Umsetzung der Energiewende vonnöten. Wer nicht will, dass am Ende die Mieterinnen und Mieter von den Klimaschutzkosten überfordert werden und ihre Wohnung aufgeben müssen, muss gewaltige finanzielle Förderprogramme auflegen.
Die bislang vom Bund jährlich vorgesehenen rund 15 Milliarden Euro für Sanierung und Neubau sind geradezu lächerlich. Experten haben ausgerechnet, dass allein in Hamburg im Bereich des Wohnens Investitionen in Höhe von mehr als 40 Milliarden Euro nötig sind, um Klimaneutralität zu erreichen. Wir schätzen, dass in ganz Norddeutschlands bis zu 100 Milliarden Euro aufgebracht werden müssen.
Wir erkennen an, dass die Landesregierungen in Hamburg, Kiel und Schwerin in den vergangenen Wochen vorbildlich reagiert und ihre Förderprogramm massiv ausgeweitet haben. Aber das, was jetzt uns bevorsteht, wird, wenn die Länder es allein wuppen sollen, deren Haushalte sprengen.
Keine weitere Verschärfung von Klimaschutzauflagen
Zudem muss das Bundeswirtschaftsministerium sofort auf eine weitere Verschärfung der Klimaschutzauflagen für Wohngebäude verzichten. Die sozialen Vermieter wollen und können ihre Mieten nicht massiv erhöhen, damit die Umsetzung dieser Auflagen bezahlt werden kann. Ich kann den Regierenden in Berlin nur zurufen: Vergesst die normal verdienenden Menschen nicht!
Kontraproduktiv und geradezu unlauter sind Vorschläge, wie jüngst von Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina unterbreitet, die Umlage der Modernisierungskosten zu deckeln. Glaubt Frau Gallina allen Ernstes, dass die Vorstände und Geschäftsführer von am Gemeinwohl orientierten Wohnungsunternehmen nur einfach in den Keller gehen und den Geldsack öffnen müssen?
Es ist ein unwürdiges und durchschaubares Spiel, so zu tun, als würden hohe Klimaschutzauflagen nicht zu höheren Mieten führen. Natürlich weiß Frau Gallina, dass die Grünen bei der nächsten Bürgerschaftswahl keine Chance haben werden, wenn die Mieterinnen und Mieter mit dem Klimaschutz finanziell überfordert werden.
Aber so zu tun, dass es keinen Zusammenhang zwischen Aufwendungen für Klimaschutz und einem Anstieg von Mieten gibt, das ist schon dreist. Mehr Klimaschutz und höhe Wohnkosten sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Mehr Ehrlichkeit in der Debatte über die Energiewende
Ich fordere die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker auf, die Debatte über die Umsetzung der Energiewende mit mehr Ehrlichkeit zu führen. Wer den Menschen Luftschlösser verspricht, darf sich am Ende nicht wundern, wenn diese sich an das Märchen 'Des Kaisers neue Kleider' erinnert fühlen und sagen: ‚Der hat ja gar nichts an!‘
Wenn in Berlin ernsthaft behauptet wird, dass eine auf erneuerbaren Energien basierende Wärmeversorgung langfristig eine kalkulierbarere und kostengünstigere Wärmeversorgung ermöglicht, dann macht man sich zu einem unseriösen Wahrsager mit einer Glaskugel.“
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 412 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,26 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de