Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V.
Gutachten der Immobilienweisen zeigt die Dringlichkeit des Wohnungsbauproblems
Gutachten der Immobilienweisen zeigt die Dringlichkeit des Wohnungsbauproblems
VNW-Direktor Andreas Breitner: Statt der von der Bundesregierung angekündigten 400.000 wurden 2024 nur rund 210.000 neue Wohnungen genehmigt. Es bedarf einer pragmatischen Herangehensweise, um dem Wohnungsmangel zu begegnen: Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen vereinfacht, Kosten gesenkt und Förderprogramme ausgebaut werden.
14/2025
Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich noch einmal erheblich verschärfen. Davor warnte der Rat der Immobilienweisen bei der heutigen Vorstellung seines Frühjahrsgutachtens. Für 2024 ist laut Gutachten nur mit etwa 210.000 neu genehmigten Wohnungen zu rechnen, ein Rückgang von 45 Prozent gegenüber 2023. Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen, insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen, werde in den kommenden Jahren jedoch weiter hoch bleiben, heißt es im Gutachten. Die Verknappung von Wohnraum werde zur Folge haben, dass die Mieten, insbesondere in begehrten Stadtlagen, weiter steigen.
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Bezahlbarer Wohnraum ist eine der zentralen sozialen Fragen unserer Zeit. Deutschland benötigt dringend mehr bezahlbare Wohnungen. Statt 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, wie sie die Bundesregierung angekündigt hatte, wurden im vergangenen Jahr offenbar nur rund 210.000 neue Wohnungen genehmigt. Der Wohnungsbau bedarf in allererster Linie eines pragmatischen Herangehens, unter anderem müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt sowie Kosten gesenkt und Förderprogramme ausgebaut werden. Gleichzeitig verändern sich die Anforderungen, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Ressourcenschonung. Hinzu kommt noch, dass die Wohnkostenbelastung der einzelnen Haushalte, insbesondere in den Großstädten, steigt. Dazu verweise ich auf unsere zehn Vorschläge:
1. Die öffentliche Förderung des Baus und der Sanierung bezahlbarer Wohnungen muss verstetigt werden. Wohnungsbauprojekte haben einen mehrjährigen Planungsvorlauf, Bauwillige benötigen deshalb Planungssicherheit. Angesichts sehr hoher Baukosten entscheidet die Finanzierung maßgeblich mit über die letztlich zur Kostendeckung notwendige Miethöhe.
2. Bund, Länder und Kommunen müssen sich dringend um das wachsende Problem der Nebenkosten kümmern. Wir erleben derzeit einen ungebremsten Anstieg der Kosten. In einigen Regionen ist die sogenannte zweite Miete bereits höher als die Kaltmiete.
3. Die sozialen Vermieter unterstützen als sogenannte Bestandshalter die Energiewende mit ganzem Herzen. Allerdings muss der Wandel zu einer Gesellschaft, die ohne die Produktion klimaschädlicher Emissionen auskommt, sozial verträglich organisiert werden. Bei ihren ordnungsrechtlichen Vorgaben muss die Politik daher auf die Kosteneffizienz achten. Echter Klimaschutz findet durch CO2-Vermeidung statt – nicht durch teure material- und damit CO2-intensive bauliche Energieeffizienzvorgaben, deren Einhaltung Planer aber lediglich auf dem Papier nachweisen können. Bei der Sanierung bestehender Wohngebäude besteht das größte Potenzial, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Deshalb muss sich die öffentliche Förderung auf die energetische Sanierung und die Umstellung auf eine emissionsfreie Energieversorgung konzentrieren. Außerdem ist eine verbindliche Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung erforderlich.
4. Bauen verursacht immer klimaschädliche graue Emissionen. Beim Klimaschutz im Gebäudesektor kommt es deshalb darauf an, diese so weit wie möglich zu vermeiden. Das gilt besonders für energetische Maßnahmen im Gebäudebestand, bei deren Umsetzung keinesfalls mehr Emissionen entstehen dürfen, als durch ihre Wirkung mittelfristig wieder eingespart werden. Sonst würde dem Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen. Die Umstellung auf eine emissionsfreie Energieversorgung bietet meist einen effizienteren Klimaschutz-Hebel als die maximale Dämmung der Gebäudehülle, die deshalb auf ein optimales Maß begrenzt werden sollte.
5. Beim Klimaschutz ist eine unrealistische Verkürzung des Zieljahrs für die Klimaneutralität kontraproduktiv. Diese für das Jahr 2040 oder gar 2035 vorzuschreiben, dient dem Klimaschutz nicht. Weder sind ausreichend Fachkräfte vorhanden noch reicht das Geld.
6. Die Anstrengungen der Bundesländer, die jeweiligen Landesbauordnungen zu entschlacken, können nur ein erster Schritt sein. Wir brauchen eine noch weitergehende Reduzierung kleinteiliger Regelungen und eine Harmonisierung der Landesbauordnungen mit der Musterbauordnung. Eine ‚norddeutsche Bauordnung‘ könnte ein erster Schritt sein.
7. Baugenehmigungsverfahren müssen – wo immer möglich – beschleunigt werden, denn auch am Bau gilt „Zeit ist Geld“.
8. Der „Gebäudetyp E“ muss für das konkrete Wohnungsbauvorhaben konsequent im Sinne der Reduzierung auf das wirklich Notwendige ausgelegt werden. Tiefgaragen, Keller, Balkone sind nicht immer zwingend erforderlich. Überzogene statische Sicherheiten sind unnötig. Das „E“ steht dabei vorrangig für einfach und erleichtert, nicht für experimentell. Hauptziel sind bezahlbare Wohngebäude mit bezahlbaren Mieten. Schleswig-Holstein zeigt mit dem „Regelstandard E“ im geförderten Wohnungsbau: die Reduzierung von Baukosten ist möglich. Auch der neue „Hamburg-Standard“ ist eine große Chance, zu kostengünstigem Bauen zurückzukehren. Derzeit muss ein Unternehmen beim Bau einer Wohnung in Hamburg rund 4600 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche investieren. Hinzu kommen die Kosten für das Grundstück und die Finanzierungskosten. Wenn es gelingt, mit Hilfe des „Hamburg-Standards“ auf 3000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche zu kommen, dann bin ich optimistisch, dass die im VNW organisierten sozialen Vermieter wieder vermehrt bauen werden.
9. Bauland ist ein knappes Gut. Maßnahmen gegen die Spekulation mit Bauland sind unverzichtbar. Die Städte und Gemeinden müssen die Möglichkeiten städtebaulicher Verträge ausschöpfen und im Interesse künftiger Entwicklungsmöglichkeiten mehr auf die eigene frühzeitige Baulandbevorratung setzen. Notwendig ist ein kommunales Baulandregister, um Transparenz zu schaffen. Die Fokussierung auf das Erbbaurecht ist kontraproduktiv, weil sie für bestandshaltende Wohnungsunternehmen auf lange Sicht unkalkulierbare Risiken birgt. Wir brauchen differenzierte Regeln für verschiedene Bauherren.
10. Die Grundsteuerreform wird in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das Wohnen in guten Lagen verteuern und so der Segregation Vorschub leisten. Jetzt gilt es, die Nachteile des Bundesmodells rasch zu heilen und Lösungen zu finden, die bezahlbares Wohnen auch in besonders nachgefragten Quartieren ermöglicht. Hierfür kann das Hamburger Modell als Beispiel dienen.“
11/02/2025
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 452 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 775.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 6,59 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.
V.i.S.P.: Oliver Schirg, Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Referat Kommunikation, Telefon: +49 40 52011 226, Mobil: +49 151 6450 2897, Mail: schirg@vnw.de