Opferschutz und Privatsphäre sind kein Widerspruch
Rechtsexperten fordern EU-Gesetz, um mit effektiven Tools die Verbreitung von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet zu unterbinden
München (ots)
Für die von der EU-Kommission vorangetriebene Gesetzesinitiative, die Verbreitung von Bildern des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet zu unterbinden, ist die Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments ein herber Rückschlag. Das Expertengremium kam im April zum Schluss, dass die vorgesehenen Maßnahmen kaum wirksamen Schutz bieten. So betont die 180-seitige Studie, dass der Vorschlag gegen das Verbot der pauschalen Vorratsdatenspeicherung verstoßen würde.
Rechtsexperten wie Justus Vasel, Juniorprofessor für Öffentliches Recht an der Universität Düsseldorf, weisen auf eine problematische Richtung der Debatte hin. Seit dem Statement von April steht der Schutz der persönlichen Privatsphäre in der öffentlichen Diskussion zu diesem Thema mehr im Vordergrund als der Kinderschutz: So wird diskutiert, ob der Einsatz von Tools zur Nachrichten- und Chatkontrolle, und hier zur Einsicht in Kommunikation, die Ende-zu-Ende verschlüsselt ist, das Tor zur unkontrollierten Massenüberwachung aufstoße.
Für Martin Heger, Professor für Strafrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin, nimmt die Debatte damit eine alarmierende Entwicklung. Das gängige Verfahren, pädokriminellen Content im Internet erst auf richterliche Anordnung zu unterbinden, untergrabe den Opferschutz. Anders als bei Printmedien, die per richterliche Anordnung konfisziert werden könnten, bestehe die Problematik bei der Verbreitung von pädokriminellem Content im Internet darin, dass der sexuelle Missbrauch jederzeit abrufbar sei, wenn er erst einmal im Netz steht. Sein ernüchterndes Fazit: "Die Idee eines effektiven Opferschutzes wird auf den Kopf gestellt, weil sie nicht mit dem Beginn der Rechtsgutverletzung, sondern erst nach deren Manifestierung aktiv wird. Damit werden sehenden Auges Maßnahmen, die Opfer sofort und damit effektiver schützen, im Interesse der Nichtüberprüfung der Internetnutzung unterlassen. Nur frühzeitig wirkende Maßnahmen, die das Einstellen dieser Daten über Internet-Filter unverzüglich verhindern, unterbinden effektiv und dauerhaft das Verbrechen der Kinderpornografie im Internet."
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