PwC Strategy&-Studie: IBAN-Prüfsysteme können das Vertrauen in Echtzeitüberweisungen erhöhen, sind aber keine Universallösung
Wien (ots)
- Echtzeitüberweisungen werden in Europa beliebter, ziehen jedoch zugleich Betrüger:innen an
- In Zukunft sollen Banken daher gemäß eines EU-Gesetzentwurfs vor jeder Zahlung prüfen, ob IBAN und Name der Kontoinhaber:innen übereinstimmen
- Banken und Zahlungsdienstleister betrachten das Vorhaben differenziert
IBAN-Prüfsysteme können dazu beitragen, die Attraktivität von Echtzeitüberweisungen innerhalb der EU zu erhöhen, indem sie insbesondere das Vertrauen in die neue Zahlungsart stärken. Um Betrugsversuche effektiv zu bekämpfen und Echtzeitüberweisungen europaweit zu größerer Akzeptanz zu verhelfen, sollten sie jedoch um weitere Maßnahmen ergänzt werden. Eine mögliche Standardisierung sollte dabei offen für bereits in einzelnen Ländern etablierte Lösungen sein und auf effiziente Umsetzung zielen. Das geht aus der Studie „IBAN-name check: Current developments and concepts“ hervor, die Strategy&, die globale Strategieberatung von PwC, gemeinsam mit der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), der Deutschen Bundesbank sowie der Euro Banking Association (EBA) erstellt hat. Für die Studie wurden 17 Vertreter:innen europäischer Banken, öffentlicher Institutionen sowie von Anbietern von IBAN-Prüfsystemen befragt.
IBAN-Prüfsysteme nur erster Schritt
Echtzeitüberweisungen werden innerhalb der Eurozone immer häufiger genutzt. Zugleich kann diese Bezahlmethode aber Betrugsmaschen begünstigen. Ein Gesetzentwurf der Europäischen Kommission sieht daher die verpflichtende Einführung von IBAN-Prüfsystemen vor, um dem entgegenzuwirken und das Vertrauen in die Bezahlart zu stärken. Vor jeder Echtzeitüberweisung prüfen sie im Hintergrund, ob IBAN und Name der Kontoinhaber:innen übereinstimmen. Vor allem sogenannte Authorized Push Payment (APP)-Betrugsmaschen, bei denen Betrüger:innen ihre Opfer dazu bringen, eine Überweisung auf ein scheinbar bekanntes Konto zu tätigen, das in Wahrheit aber von den Betrüger:innen kontrolliert wird, lassen sich dadurch in Teilen eindämmen. Laut den Ergebnissen der Studie können IBAN-Prüfsysteme einen klaren Beitrag leisten, um das Vertrauen in Echtzeitüberweisungen zu stärken und eine gute Nutzererfahrung sicherzustellen. Zugleich betonen fast alle befragten Expert:innen, dass IBAN-Prüfsysteme allein Betrugsfälle nicht signifikant zurückdrängen können.
„Da sich die Methoden von Bankbetrüger:innen stetig weiterentwickeln, können IBAN-Prüfsysteme nur ein strategischer Baustein in einer Reihe von weiteren Maßnahmen sein, die von Banken und Zahlungsdienstleistern selbst entwickelt werden. Gesetzesinitiativen wie die der Europäischen Kommission sollten dazu einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen die beteiligten Finanzakteure ihre Initiativen vorantreiben und effektiv umsetzen können“, sagt Petia Niederländer, Direktorin für Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung bei der Oesterreichischen Nationalbank und Co-Autorin der Studie. „Zugleich können diejenigen, die IBAN-Prüfsysteme als strategischen Baustein nutzen, nicht nur das Vertrauen in die eigene Institution stärken, sondern auch neue Geschäftsmodelle über die Zahlungsabwicklung hinaus entwickeln, wie etwa die Verifizierung von Kontoinhaber:innen beim Online-Banking über das Smartphone.”
Viele befragte Akteur:innen fordern zudem, dass die Kosten für die Einführung der Technologie überschaubar bleiben, Sammelzahlungen von IBAN-Prüfsystemen ausgenommen werden, diese Prüfsysteme nur für Privatkund:innen verpflichtend eingeführt werden und bereits bestehende Lösungen für entsprechende Prüfungen weiterhin genutzt werden können. Ein Hauptkritikpunkt ist die als zu knapp empfundene Umsetzungsfrist, da im gleichen Zeitraum weitere Bestimmungen und Richtlinien, etwa zu PSD3, realisiert werden müssen.
„Für den Ausbau des europaweiten Systems für Echtzeitüberweisungen, das genauso benutzer:innenfreundlich wie sicher sein soll, sehen viele Finanzakteure die Einführung von IBAN-Prüfsystemen als einen relevanten Baustein – ohne den Stellenwert jedoch zu überschätzen“, kommentiert Andreas Pratz, Partner bei Strategy& Deutschland und Co-Autor der Studie. „Die Erfahrungen der Banken sollten bei der geplanten Regulierung berücksichtigt und eine Weiternutzung bereits etablierter Lösungen für IBAN-Prüfsysteme in einzelnen Ländern ermöglicht werden, um die Umsetzung in anderen Ländern effizient zu gestalten. Zudem gilt es, für weitere Maßnahmen der Kreditwirtschaft offen zu bleiben und so gemeinsam zur Betrugsbekämpfung beizutragen.”
Vertrauen und Sicherheit steigen
Ein Blick auf Länder, in denen bereits ähnliche Verfahren wie das IBAN-Prüfsystem im Einsatz sind, zeigt sowohl das Potenzial als auch die Grenzen der Technologie. In den Niederlanden, wo bereits 90% aller inländischen Überweisungen als Echtzeitüberweisungen getätigt werden, ging der Rechnungsbetrug bei einer der Banken, die ein IBAN-Prüfsystem installiert hatte, signifikant zurück. Zugleich verlagerte sich die Betrugsmasche jedoch auf grenzüberschreitende Transaktionen. Ähnliche Erfahrungen haben Banken in Großbritannien gemacht. Bei Geldinstituten mit IBAN-Prüfsystem gingen dort APP-Betrugsfälle im Schnitt um 10% zurück. Allerdings stiegen sie bei Banken ohne Prüfsystem im gleichen Zeitraum um mehr als 60% an. Banken und Zahlungsdienstleister anderer Länder, die ebenfalls IBAN-Prüfsysteme einsetzen, beobachten vor allem ein steigendes Vertrauen der Nutzer:innen sowie einen Komfortsprung bei der Nutzung verschiedener Zahlungssysteme.
„IBAN-Prüfsysteme sind kein Allzweckmittel – das bestätigt die Einschätzung von Betrugsbekämpfungsexpert:innen aus unserer paneuropäischen Arbeitsgruppe, die sich mit der Frage auseinandergesetzt haben, welchen Betrugsszenarien diese Systeme erfolgreich einen Riegel vorschieben“, sagt Thomas Egner, Generalsekretär der Euro Banking Association und Co-Autor der Studie. „Um die Durchschlagskraft dieser Systeme zu maximieren, ist es daher umso wichtiger, dass sie europaweit eingesetzt werden und auch grenzüberschreitend funktionieren. Nur so kann verhindert werden, dass Betrüger:innen ihre Vorgehensweise einfach in SEPA-Ländern anwenden können, in denen solche Lösungen noch nicht am Start sind. Effizienzsteigernd und die Betrugsbekämpfung unterstützend sollten sich auch Informationsaustausch- und analyseverfahren auswirken, insbesondere wenn sie europaweit zum Einsatz kommen.“
Die vollständigen Ergebnisse des „IBAN-name check: Current developments and concepts“ erhalten Sie auf Anfrage oder unter
Über Strategy&
Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. „Strategy, made real“ heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 3.000 Strategieberater:innen und fast 328.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 152 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/at.
Über die Oesterreichische Nationalbank (OeNB)
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) ist die Zentralbank der Republik Österreich und integraler Bestandteil des Eurosystems. Als solcher nimmt die OeNB eine breite Palette an Aufgaben und Verantwortungen wahr, wie etwa die Mitarbeit bei internationalen Organisationen sowie die Bereitstellung umfassender Informationsdienstleistungen für die allgemeine Bevölkerung. Zu den Kernaufgaben der OeNB zählt auch die Sicherstellung des Zahlungsverkehrs, wobei dem effizienten und reibungsfreien Funktionieren der Zahlungsverkehrssysteme oberste Priorität eingeräumt wird. Dies ist zur Stärkung des Vertrauens in den österreichischen Finanzmarkt unabdingbar. Auf nationaler Ebene ist die OeNB für die Bereitstellung der Zahlungsverkehrsinfrastruktur für den österreichischen Finanzdienstleistungsmarkt verantwortlich. Damit gehen laufende Bemühungen zur Verbesserung der technischen Infrastruktur Hand in Hand. Auf europäischer Ebene werden Zahlungsverkehrssysteme vom Eurosystem bereitgestellt: über TARGET Services wird der bargeldlose Zahlungsverkehr rasch und sicher abgewickelt.
Über die Euro Banking Association (EBA)
Die Euro Banking Association spielt als Netzwerk von Zahlungsverkehrsakteur:innen aus unterschiedlichen Branchen und Industriebereichen eine wichtige Rolle in der europäischen Finanzbranche. Ursprünglich gegründet, um den ECU und später den Euro zu fördern und deren Verwendung durch effiziente Clearing-Systeme zu erleichtern, setzt sich die EBA weiterhin für die Realisierung einer paneuropäischen Vision im Zahlungsverkehr (ZV) ein. Die über 160 Mitgliedsinstitute der EBA verfolgen das gemeinsame Ziel, kooperativ ZV-Initiativen und -Geschäftspraktiken zu erarbeiten und voranzutreiben, sowie neue und innovative ZV-Themen näher zu beleuchten.
Über die Deutsche Bundesbank
Die Deutsche Bundesbank ist die unabhängige Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland. Ihr zentrales Geschäftsfeld ist die Geldpolitik des Eurosystems, deren vorrangiges Ziel die Gewährleistung der Preisstabilität im Euroraum ist. Die Bundesbank erfüllt wichtige Aufgaben im nationalen und internationalen Kontext, unter anderem die Mitwirkung bei der nationalen Aufsicht über Kreditinstitute sowie in den Bereichen Bargeld, bargeldloser Zahlungsverkehr und Finanzstabilität. Darüber hinaus verwaltet die Bundesbank die deutschen Währungsreserven, ist Hausbank des Bundes und nimmt wichtige statistische Aufgaben wahr. Sie berät auch die Bundesregierung in währungspolitischen Fragen.
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