Afrika-Experten: Südafrika wird als Partner für Deutschland nach Wahl schwieriger werden
ReThinking Africa Foundation legt Kurzanalyse vor
Berlin (ots)
Südafrika hat am Mittwoch ein neues Parlament gewählt. Noch wird ausgezählt. Die Verkündung des Ergebnisses erwarten Beobachter für das Wochenende. Andreas Freytag, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Jena und Honorarprofessor an der Universität Stellenbosch (Südafrika): "Sehr wahrscheinlich wird der ANC einen Koalitionspartner brauchen. Dafür gibt es drei Optionen, alle drei sind nicht erfreulich". So könne die langjährige Regierungspartei mit Kleinparteien ein Bündnis bilden. Das jedoch werde für eine instabile und wenig planbare Regierung sorgen. Alternativ wäre eine Koalition mit den "Economic Freedom Fighters" (EFF) denkbar. Die linkspopulistische Partei tritt für entschädigungslose Enteignungen im großen Stil und Verstaatlichungen ein. Freytag: "Eine solche Konstellation wäre Gift für die dringend notwendige wirtschaftliche Entwicklung des Landes". Und schließlich wäre eine Zusammenarbeit mit der Democratic Alliance (DA) denkbar. "Die DA halte ich bestenfalls für bedingt regierungsfähig. Sie hat in den vergangenen Jahren an Strahlkraft eingebüßt und gibt auf die aktuellen politischen und ökonomischen Fragen des Landes keine überzeugenden Antworten mehr", so Freytag.
Südafrika ist einziges afrikanisches Mitglied der G20 und somit politisches und wirtschaftliches Schwergewicht auf dem Kontinent. In Zeiten, in denen Europa eine engere Zusammenarbeit mit Afrika sucht, wäre es gefährlich, wenn die Zusammenarbeit ausgerechnet mit Südafrika weiter erschwert wird. "Nach schwierigen Jahren benötigt Südafrika jetzt wirtschaftliches Wachstum und politische Stabilität", so Stefan Liebing. Der ehemalige Vorsitzende des Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V. und Honorarprofessor an der Hochschule Flensburg ist besorgt: "In den vergangenen Jahren haben wir bereits viel an Übereinstimmung mit Südafrika verloren. Man denke nur an die aktuelle Klage der Regierung gegen Israel oder auch die Positionierung im Ukraine-Krieg." Was es nun bräuchte, wäre Annäherung und die Entwicklung von mehr politischen Gemeinsamkeiten. "Leider befürchte ich bei allen drei denkbaren Wahlergebnissen das Gegenteil". In Südafrika befindet sich rund die Hälfte der deutschen Investitionen in Afrika. Viele Industriebetriebe, Automobilhersteller und Zulieferer sind am Kap vertreten. Für die deutsche Politik kommt es jetzt darauf an, im Umgang mit Südafrika den richtigen Ton anzuschlagen und dabei weder moralisierend aufzutreten noch die eigenen Werte zu verleugnen; ein schwieriger Spagat.
Die Autoren der Analyse, die beide dem Beirat der ReThinking Africa Foundation angehören, sind sich in der Bewertung der Lage einig. Freytag: "Ich habe große Sorge, dass sich Südafrika in Richtung eines Krisenstaats wie das benachbarte Simbabwe entwickelt. Es ist deshalb jetzt entscheidend, dass der ANC eine stabile Koalition bildet und populistischen Partnern nicht nachgibt." Liebing ergänzt: "Südafrika braucht eine stabile Regierung und eine marktwirtschaftliche Wirtschaftspolitik. Nur so lassen sich Investitionen mobilisieren, die die dringend benötigten Arbeitsplätze schaffen. Der ANC hat eine große Verantwortung dafür, dass sich die Dinge jetzt in die richtige Richtung entwickeln." Und die Tatsache, dass viele junge Menschen der Wahl ferngeblieben seien und offenbar keine Verbesserung für ihr Leben erwarten, zeigt die Dringlichkeit grundlegender Reformen.
Über ReThinking Africa Foundation:
Die RTA-Initiative wurde im Jahr 2023 von einer Gruppe von Führungskräften aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Diplomatie ins Leben gerufen. Sie kümmert sich vor allem darum, konkrete Investitionen in Afrika zu ermöglichen und somit zur Schaffung von Arbeitsplätzen beizutragen. Um diese Aufgabe zu realisieren, sind die Mitglieder in engem Austausch mit zahlreichen Entscheidern auf dem afrikanischen Kontinent und in der deutschen Wirtschaft.
Ansprechpartner für Rückfragen (auch am Wochenende):
Prof. Dr. Andreas Freytag, Telefon +49 178 6865 669, email: andreas.freytag@tutwa-europe.eu
Prof. Dr. Stefan Liebing, Telefon +49 40 593714-23, email stefan.liebing@rethinking-africa.com
www.rethinking.africa
Original-Content von: ReThinking Africa, übermittelt durch news aktuell