Bund der Freien Waldorfschulen
Orientierung finden im Krieg der Informationen
Orientierung finden im Krieg der Informationen
Digitales Oberstufenforum der Waldorfschulen zur Ukraine stieß auf große Resonanz
Berlin, 23. März 2022 (CU/NA): Fragen stellen an Betroffene vom Ukrainekrieg und an Expert:innen, sich ein eigenes Urteil bilden in der Flut von Informationen und konkrete Handlungsoptionen aufzeigen: Diese Zielsetzung hatte ein digitales Oberstufenforum der Freien Waldorfschulen am 15. März. Das neue Angebot stieß auf eine überraschend große Resonanz, rund 4.500 Schüler:innen aus 140 Waldorfschulen machten davon Gebrauch.
Mit einer so großen Beteiligung hatten die Initiator:innen, zwei Waldorflehrer:innen aus Landsberg/Lech und Mönchengladbach, Karoline Kopp und Franz Glaw, nicht gerechnet.
„Wir überlegen, wie wir dieses medienpädagogische Format noch öfter einsetzen können, es war eine Premiere und sie war sehr erfolgreich“, betont dazu Nele Auschra, Vorstand im Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS). Die weltpolitische Lage und die Informationen dazu stellten eine große Herausforderung für Lehrer:innen und Eltern dar, die mit den Fragen von Kindern und Jugendlichen konfrontiert seien.
Über Zoom konnten sich ganze Schulklassen zuschalten. Rede und Antwort zum Krieg und seinen Hintergründen standen Prof. Dr. Michael Zech, Historiker und Politikwissenschaftler von der Alanus Hochschule mit viel Erfahrung in der Lehrerbildung auch in Osteuropa, und Lukas Mall von den Freunden der Erziehungskunst – derzeit im Rahmen der Notfallpädagogik im Einsatz an der polnisch-ukrainischen Grenze. Außerdem waren Menschen einbezogen, die durch ihre Herkunft und Verwandte im Kriegsgebiet unmittelbar betroffen sind: Vitalina Korzinkov, Schülerin in Mönchengladbach, und Igor Ivanov, in Kiew geboren und Ehemann einer Lehrerin an derselben Waldorfschule, beide in ständigem Kontakt mit Verwandten und Bekannten im Kriegsgebiet.
„Unsere Schule hat mit über 100 Schüler:innen teilgenommen – also fast die gesamte Oberstufe. Die Beiträge trafen genau die Bedürfnisse und Fragen der Schülerschaft und auch des Kollegiums. Die differenzierten Ausführungen haben uns allen sehr viel Einblick gegeben und die Hintergründe und die Komplexität deutlich gemacht“, so das Feedback einer Lehrerin.
Auch die Schüler:innen äußerten sich positiv: „Besonders gefallen hat mir die differenzierte historische Darstellung der Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine und die Ausführungen von Prof. Zech zu der kulturellen Diversität innerhalb der Ukraine. Ich habe wirklich sehr viel Neues erfahren, das mich zum Nachdenken über neue Fragen anregt.“, so ein Schüler aus der 12. Klasse. „Ich habe selten so viel Respekt vor Menschen gehabt“, schrieb ein Schüler der 10. Klasse in den Antwortbogen.
Die eigene Urteilsbildung angesichts der Vielzahl von Informationen, die zum Teil auch mit Absicht Empörung und Identifikation hervorrufen wollen, sei eine wichtige Aufgabe der Waldorfpädagogik, betonte Initiator Franz Glaw, der auch Medienpädagogik an der Freien Hochschule Stuttgart unterrichtet. Bei der Nutzung von Berichten einzelner auf Youtube z.B., sei immer zu fragen, ob dies auch für die Allgemeinheit gelte. Insofern sei auch die Berichterstattung der großen Medien mit heranzuziehen, wurde geraten und darauf verwiesen, dass dort immer wieder hinzugefügt würde, wenn Berichte nicht zu verifizieren seien im Kriegsgeschehen.
Zech gab in einem einführenden Beitrag einen Überblick über die Geschichte der Ukraine und auch ihre enge Verflechtung mit Russland und Weißrussland in einem kulturellen Raum. Daraus jedoch abzuleiten, dass die Ukraine kein Recht auf eine Eigenstaatlichkeit habe, sei ein Gedanke aus der Vergangenheit. Deutlich wurde in der Zoom-Veranstaltung, dass es auch um weitreichende gesellschaftspolitische Zielsetzungen geht: Auf der einen Seite die Ukraine mit ihrer Diversität, ihrem Streben nach Offenheit, Pluralismus und Demokratie und auf der anderen Seite Russland, wo Putin diese Bestrebungen in den letzten Jahrzehnten systematisch unterdrückt habe. Zech erläuterte, dass diese gemeinsame Idee auch die Stärke der Verteidigung der Ukraine ausmache. Auch wenn man auf Seiten der NATO oder der EU Fehler in der Vergangenheit identifizieren könne: „Diese unglaubliche Aggression ist durch nichts zu rechtfertigen“, betonte Zech.
Ein ausführlicher Bericht zum Forum findet sich in der Zeitschrift Erziehungskunst: erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/onlinekonferenz-mit-rund-5000-waldorfschuelerinnen-zum-ukraine-krieg
Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Die derzeit 255 deutschen Waldorfschulen haben sich zum Bund der Freien Waldorfschulen e.V. (BdFWS) mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen, wo 1919 die erste Waldorfschule eröffnet wurde. In Deutschland besuchen 90.500 Schüler:innen eine Waldorfschule. Siehe auch waldorfschule.de.
In der aktuellen Kriegssituation bündelt die vom BdFWS eigens aufgesetzte Website waldorf-hilft-ukraine.de private Unterstützungsangebote.
Kontakt: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Nele Auschra Vorstand Bund der Freien Waldorfschulen e.V. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Potsdamer Straße 86 10785 Berlin Tel.: +49 (0)30.5771 1334-0 e-Mail: auschra@waldorfschule.de waldorfschule.de