Alle Storys
Folgen
Keine Story von Bund der Freien Waldorfschulen mehr verpassen.

Bund der Freien Waldorfschulen

Aufblicken zu den Leitsternen der Waldorfpädagogik

Aufblicken zu den Leitsternen der Waldorfpädagogik
  • Bild-Infos
  • Download

Aufblicken zu den Leitsternen der Waldorfpädagogik

Delegiertentagung und Mitgliederversammlung zu grundsätzlichen Idealen, Lehrer:innenbildung und Finanzen – Eltern und Schüler:innen beteiligt

Pforzheim/Stuttgart/Berlin, 28. November 2024 (CU/NA): Mit Qualitätsoffensiven auf unterschiedlichsten Ebenen und einer Besinnung auf ihre Ideale antworten die Waldorfschulen auf die pädagogischen und sozialen Herausforderungen der Gegenwart. Ein „offener Diskurs“ innerhalb der Schulbewegung sei dafür notwendig, so Stephanie Sell vom Vorstand des Bundes der Freien Waldorfschulen (BdFWS) vor den rund 200 Teilnehmer:innen der Delegiertenkonferenz in der Goetheschule in Pforzheim.

„Was sind die Leitsterne, an denen wir uns orientieren, und welche Bedeutung haben sie heute?“ Nele Auschra und Eva Wörner, beide im Vorstand des BdFWS, unterzogen das Leitbild der Waldorfschulen einer kritischen Prüfung – Was muss geändert werden, wenn man den Bedürfnissen von Eltern und Schüler:innen von heute besser Rechnung tragen will?

Das Leitbild, das elf Gesichtspunkte umfasst, stammt von 2009 und liegt in einer Fassung von 2019 vor. Wörner und Auschra werteten für ihre Analyse auch Erfahrungen der Beschwerde- und Schlichtungsstelle beim BdFWS aus. Bedarf zur Nachbesserung wurde u. a. ermittelt bei „Wertschätzung menschlicher und kultureller Vielfalt, darunter auch der Inklusion, individuelle Förderung, Fortbildung und Evaluation sowie der Begegnungsqualität im Schulorganismus“. Hinsichtlich der Selbstverwaltung gehe es um mehr Transparenz und auch um mehr Effizienz. Sie soll es den Lehrer:innen ermöglichen, sich vorrangig auf ihre pädagogischen Aufgaben zu konzentrieren. Nach außen hin wünsche man sich eine weiter steigende Offenheit gegenüber der Gesellschaft. Der Diskurs mit der Erziehungswissenschaft werde seit über 20 Jahren intensiviert, sei aber immer noch ausbaufähig, so Vorstandssprecherin Auschra. „Richtig gut“ seien die Waldorfschulen dagegen bei der Hinführung zu sozialem Handeln, zur Liebe zur Natur und zur Verantwortung in der Gesellschaft. Auch die ständige Anpassung des Orientierungslehrplans an die Notwendigkeit der Zeit wurde in der Bilanz positiv verbucht, ebenso der ganzheitliche Unterricht.

Welche Rolle kommt nun den Leitsternen zu – sind sie ein anstrebenswertes Ziel oder lediglich eine Leitlinie? Diese Frage zog sich durch die ganze Debatte ebenso wie die Frage, wie weit der Einfluss des BdFWS auf die einzelne Schule gehen dürfe. „Wer kann einer Schule z. B. im Zuge des Qualitätsmanagements sagen: ‚So geht das nicht‘?“ Darauf, so Wörner, gebe es bisher keine Antwort. Ein positives Beispiel für eine einheitliche Linie sei allerdings das verpflichtende Konzept zum Schutz vor Gewalt und Missbrauch, das inzwischen von allen 256 Waldorfschulen vorgelegt worden sei.

Lebendige Diskussionen in Gruppen und im Plenum, an denen auch Schüler:innen und Elternvertreter:innen beteiligt waren, beherrschten einen großen Teil der Tagung. Sie wurden mithilfe eines visuellen Protokolls (graphic recording) festgehalten.

Die steigende Bedeutung der Forschung auch für die Waldorfschulen zeigt sich in der Neugestaltung der Homepage der Pädagogischen Forschungsstelle des BdFWS ( forschung-waldorf.de), die bei der Delegiertenkonferenz vorgestellt wurde. Sie bietet außerdem viele exklusive Inhalte, die Lehrer:innen aller Fächer für ihren Unterricht nutzen können.

Ein wichtiges Thema stellten auch die Veränderungen in der Waldorflehrer:innenbildung dar, hier ging es vor allem um die Frage, wie die Einarbeitung in der Praxis in die Lehrerbildung integriert werden könne. „Wir stehen überall vor der Anforderung, dass die Lehrkräfte angesichts des Lehrer:innenmangels so schnell wie möglich eigenverantwortlich unterrichten sollen“, so Christoph Doll von der Seminarekonferenz. Darauf müsse die Schulbewegung Antworten finden, sowohl mit ihren Angeboten als auch mit der notwendigen finanziellen Ausstattung. Zunehmend verlagere sich der Schwerpunkt auf berufsbegleitende Qualifizierungen.

Ein Abendvortrag widmete sich ChatGPT und neuronalen Netzwerken. Mathematiker Stephan Sigler vom Lehrerseminar für Waldorfpädagogik in Kassel erläuterte den Anwesenden die Funktionsweise künstlicher Intelligenz. Eigentlich müsse man sie als „reproduktive Intelligenz“ bezeichnen, so seine These, da sie nicht wirklich Neues hervorbringe, sondern ihre Inhalte nur aufgrund des Trainings mit menschlichen Produkten generiere. Sigler warnte vor der Illusion, dass KI bessere Möglichkeiten für selbstständiges Lernen biete, wie immer wieder argumentiert werde: „Es handelt sich um Lernen durch Außensteuerung, da ist nichts Intrinsisches in dem Vorgang, wenn man mit KI lernt.“

Im Anschluss an die Delegiertentagung fand die Mitgliederversammlung von Schulträgern, Institutionen der Lehrer:innenbildung und persönlichen Mitgliedern statt, hier standen Vorstandsberichte und die Verabschiedung des Jahresabschlusses 2023/24 auf der Tagesordnung. Insgesamt umfasste der Haushalt des BdFWS 19,2 Mio. EUR, mit 14,7 Mio. EUR fließt der Hauptanteil der Mittel, die abgesehen von Stiftungsmitteln überwiegend durch Elternbeiträge aufgebracht werden, in die Lehrer:innenbildung. Für Forschung und Projekte werden rd. 2 Mio. EUR eingesetzt.

Der schriftliche Jahresbericht und weitere Informationen sind auf der Website waldorfschule.de zu finden.

Nele Auschra
Vorstand Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Öffentlichkeitsarbeit | Kommunikation
Potsdamer Straße 86
10785 Berlin
Tel.: +49 (0)30.5771 1334-0
E-Mail:  auschra@waldorfschule.de
 waldorfschule.de