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Europaweiter Durchbruch im Feinstaubstreit - Deutsche Umwelthilfe feiert heutige Grundsatzentscheidung des EuGH

Luxemburg / Berlin (ots)

Europäischer Gerichtshof schafft
einklagbares "Recht auf saubere Luft" - Betroffene Bürger können ab 
sofort in ganz Europa wirksame Maßnahmen einklagen - DUH 
Bundesgeschäftsführer Resch kündigt weitere Musterklagen an, wo 
Kommunen nicht unverzüglich handeln - DUH will in besonders 
belasteten Gemeinden wie Stuttgart, München und Städten in NRW 
bereits 2009 erweiterte Fahrverbote für Dieselstinker durchsetzen
Luxemburg/Berlin, 25. Juli 2008: Von hohen Feinstaubbelastungen 
betroffene Bürger haben ein vor Gericht einklagbares subjektives 
"Recht auf saubere Luft". Betroffene können ihre Stadtverwaltungen 
seit heute zur Aufstellung eines Aktionsplans verpflichten, der 
Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität - bis hin zu 
umfassenden Fahrverboten für Dieselstinker - beinhaltet. Das 
entschied heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
"Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist der Durchbruch
im Kampf gegen das Feinstaubproblem. Viele hunderttausend vom 
Dieselruß betroffene Bürger in den Ballungszentren Deutschlands und 
darüber hinaus können bald aufatmen", kommentierte Jürgen Resch, der 
Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), den 
Richterspruch. "Die DUH wird auf Basis dieser Grundsatzentscheidung 
nun in ausgewählten Kommunen Eilverfahren zur beschleunigten 
Durchsetzung wirksamer Verkehrslenkungsmaßnahmen initiieren". In 
besonders belasteten Städten und Ballungsräumen wie Stuttgart, 
München und in Nordrhein-Westfalen werde die DUH Musterklagen 
betroffener Bürger unterstützen. Für Diesel-Pkw und Lkw ohne grüne 
Plakette rechnet Resch schon für 2009 mit Fahrverboten.
Dem Spruch des EuGH lag eine Klage des Münchner Bürgers Dieter 
Janecek zugrunde, der sich mit Unterstützung der Deutschen 
Umwelthilfe e. V. (DUH) seit mehr als drei Jahren gegen die massive 
Überschreitung der EU-weit gültigen Feinstaubgrenzwerte in seiner 
Wohnstraße, der Landshuter Allee, wehrt. Die DUH hatte seit Anfang 
2005 angesichts lebensbedrohender Feinstaubbelastungen in vielen 
Ballungszentren die Einführung von Umweltzonen gefordert und 
entsprechende Betroffenen-Klagen forciert. Die nachfolgende 
Feinstaubdiskussion führte schließlich nach jahrelanger Blockade 
durch die deutschen Autohersteller zum annähernd flächendeckenden 
Einbau von Partikelfiltern in Diesel-Neuwagen.
Janecek hatte zunächst durch alle Instanzen bis zum 
Bundesverwaltungsgericht geklagt, um den Freistaat Bayern zu 
verpflichten, einen Aktionsplan zur Feinstaubbekämpfung für das 
Stadtgebiet der Landeshauptstadt München aufzustellen. In diesem 
Aktionsplan sollen alle Maßnahmen enthalten sein, die erforderlich 
sind, um den Grenzwert so schnell wie möglich einzuhalten.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied schließlich am 29. März 
2007, dass das deutsche Recht einen solchen Anspruch nicht kennt. 
Vielmehr müsse der Bürger konkrete Beschränkungen, etwa des 
Straßenverkehrs, einklagen. Diese Maßnahmen müssen jedoch nicht zu 
einer Grenzwerteinhaltung führen. Diese Rechtsprechung hätte zur 
Konsequenz, dass von Feinstaub belastete Bürger gegen jeden 
Straßenzug und jede Industrieanlage einzeln vorgehen müssten, um 
entsprechende Nutzungsbeschränkungen vor Gericht durchzusetzen. In 
einer Stadt wie München hieße dies, als Bürger hunderte Verfahren 
führen zu müssen, um eine Einhaltung des Grenzwerts zu erreichen. 
Auch eine Umweltzone, die aktuell weitreichendste Maßnahme zur 
Reduzierung der Feinstaubbelastung, könnten Bürger nicht vor Gericht 
einklagen. Eine Einhaltung des Grenzwerts wäre ebenfalls nicht 
sichergestellt. Dies veranlasste das Bundesverwaltungsgericht, die 
entscheidenden Fragen des Rechtsstreits dem EuGH vorzulegen.
Der Europäische Gerichtshof (Az.: C-237/07) hat für die gesamte 
Europäische Union am heutigen Vormittag entschieden, dass der Bürger 
einen Anspruch auf Aufstellung eines Plans zur Feinstaubbekämpfung 
hat. Wie der EuGH hervorhebt, wäre es "mit dem zwingenden Charakter 
der Richtlinie unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass eine 
mit ihr auferlegte Verpflichtung von den betroffenen Personen geltend
gemacht werden kann. Diese Überlegung gilt ganz besonders für eine 
Richtlinie, die eine Eindämmung und Reduzierung der Luftverschmutzung
und damit den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezweckt." (Urteil, 
Randziffer 37). Der Aktionsplan muss alle Maßnahmen enthalten, die 
die Einhaltung des Grenzwerts schrittweise ermöglicht. Die Maßnahmen 
müssen Überschreitungen des Grenzwerts zunächst auf ein Minimum 
reduzieren. Überdies müssen die in dem Plan enthaltenen Maßnahmen 
perspektivisch in der Lage sein, für die Einhaltung des Grenzwerts zu
sorgen. Die Vorteile eines solchen Anspruchs sind gewaltig: Der 
Bürger muss nur noch eine einzige Klage erheben, um die 
Feinstaubbelastung in einer ganzen Stadt zu senken. Überdies kann er 
dadurch unmittelbar eine Umweltzone einklagen. Klagebefugt sind auch 
nicht nur Bürger, die neben einer Messstelle wohnen (wie bisher), 
sondern alle Bürger der Stadt. Entscheidend ist, dass der Grenzwert 
durch die in den Plan aufgenommenen Maßnahmen in naher Zukunft wieder
eingehalten werden muss und dass dies nicht im Ermessen der Städte 
liegt.
"Es gibt ein Recht auf saubere Luft und der Bürger kann es 
einklagen. Dieses Urteil macht vielen tausenden Anwohnern belasteter 
Hauptverkehrsadern große Hoffnung", erklärte der Berliner DUH-Anwalt 
Dr. Remo Klinger aus der Kanzlei Geulen & Klinger, der den Kläger 
durch alle Instanzen vertreten hatte.
Die Landshuter Allee in München zählt nach den Veröffentlichungen 
des Umweltbundesamtes (UBA) zu den bundesweit am stärksten belasteten
Straßen. Gegenwärtig liegt sie auf Platz sechs der UBA-Liste. 
Feinstaub gilt als das derzeit schwerwiegendste Luftreinhalteproblem 
in Deutschland und geht entlang der am höchsten belasteten 
Hauptverkehrsadern vor allem auf die Emissionen von Pkw- und 
Lkw-Dieselmotoren zurück. Die DUH unterstützt deshalb schon seit 2005
betroffene Bürger bei ihren Klagen gegen die Feinstaubbelastung. 
Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO hatten ergeben, 
dass in Deutschland insgesamt 75.000 Menschen vorzeitig an der 
Feinstaubbelastung sterben. Im Durchschnitt verlieren die Opfer zehn 
Jahre ihrer Lebenszeit.
Das vollständige EuGH-Urteil kann unter http://curia.europa.eu/jurisp
/cgi-bin/form.pl?lang=DE&Submit=Rechercher$docrequire=alldocs&numaff=
C-237/07&datefs=&datefe=&nomusuel=&domaine=&mots=&resmax=100 
heruntergeladen werden.

Pressekontakt:

Jürgen Resch
Bundesgeschäftsführer (DUH), Hackescher Markt 4, 10178 Berlin,
Mobil.: 0171 3649170, Tel. Büro 030 2400867-0, Fax.: 030 2400867-19,
E-Mail: resch@duh.de

Dr. Remo Klinger
Rechtsanwaltskanzlei Geulen & Klinger, Schaperstr. 15, 10719 Berlin,
Tel.: 030/88472-80, Fax: 03088472-810, E-Mail: klinger@geulen.com

Dr. Gerd Rosenkranz
Leiter Politik und Presse (DUH), Hackescher Markt 4,10178 Berlin,
Tel.: 030/2400867-0, Fax: 030/2400867-19, Mobil: 0171 5660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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