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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Wie die Bahn ihren Umweltvorteil aufs Spiel setzt

Berlin (ots)

Entgegen früheren festen Zusagen gegenüber seinem
Aufsichtsrat will Bahnchef Hartmut Mehdorn 130 neue Diesel-Loks nicht
mit Dieselpartikelfiltern ausstatten - Deutsche Umwelthilfe fordert 
Bundesregierung auf, als Eigentümer der Deutschen Bahn AG 
sicherzustellen, dass neue Lokomotiven bei Partikel- und 
Stickoxidemissionen den "Stand der Technik" einhalten - 
Feinstaubplakettenregelung auf Schienenfahrzeuge ausdehnen
Nach jahrelangen gegenteiligen Ankündigungen hat die Deutsche Bahn
AG nun 130 neue und mit Dieselmotoren ausgestattete 
Rangierlokomotiven ohne Partikelfilter bestellt. Damit verabschiedet 
sich der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Hartmut Mehdorn,
von einer festen Zusage aus dem Herbst 2004. Damals hatte der 
Bahnchef gegenüber seinem Aufsichtsrat versichert, dass sämtliche in 
Zukunft anzuschaffenden Diesel-Loks mit Partikelfiltern ausgestattet 
werden würden. Darüber hinaus versprach er für die seinerzeit bereits
eingesetzten Lokomotiven ein entsprechendes Nachrüstprogramm.
Die Bestellung von 130 neuen Rangierloks mit einem Gesamtvolumen 
von etwa 250 Millionen Euro ist der erste wirkliche Großauftrag der 
Bahn von dieselgetriebenen Schienenfahrzeugen. Nach Informationen der
Deutschen Umwelthilfe e. V. war noch im September 2008 klar, dass 
alle neuen Rangierlokomotiven vom Typ Gravita 10 BB der Firma Voith 
Turbo die ab 2012 geltenden Rußpartikel-Grenzwerte der Abgasstufe III
B einhalten würden, um zukunftsfähig auch in Städten mit 
ausgewiesenen Umweltzonen verkehren zu können. Zur Einhaltung dieser 
Abgasstufe ist ein geschlossener Rußpartikelfilter notwendig. Mittel 
für die entstehenden zusätzlichen Kosten in  Höhe von 75.000 EUR pro 
Lok wurden im November 2008 bereit gestellt.
Überraschend haben nach Recherchen der Deutschen Umwelthilfe e. V.
(DUH) Bahnchef Mehdorn und Finanzvorstand Sack kurzfristig 
entschieden, die Bestellung zu ändern, um nach ihrer Lesart 
vermeidbare Mehrkosten für die Abgasreinigung einzusparen. Nach 
heutigem Stand wird die Bahn AG die Lokomotiven als 
Dieselrußschleudern kaufen. Sie stoßen dann über eine Lebenszeit von 
mindestens 30 Jahren ein Vielfaches jener gefährlichen Dieselpartikel
aus, die in Deutschland nach Untersuchungen der 
Weltgesundheitsorganisation für rund 75.000 vorzeitige Todesfälle pro
Jahr verantwortlich sind.
"Bahnchef Mehdorn handelt mit dieser Entscheidung unverantwortlich
zu Lasten der Gesundheit der Menschen, die in Stadtgebieten leben 
oder arbeiten, wo Rangierlokomotiven schwerpunktmäßig eingesetzt 
werden", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Neben den 
direkten Folgen setze der Bahnchef auch den Ruf der Bahn als 
ökologisch verträgliches Verkehrsmittel aufs Spiel. Die Kosten, die 
er nun durch einen Verzicht auf aktiven Gesundheitsschutz einspare, 
würden in der Zukunft durch den entstehenden Imageschaden bei weitem 
in den Schatten gestellt. Zudem stünden der Deutschen Bahn 
Zuschusstöpfe der Bundesregierung zur Verfügung, die diese Kosten 
nochmals wesentlich reduzieren würden.
Mehdorn solle sich ein Beispiel an der Schweizer Bundesbahn 
nehmen, die seit Jahren sämtliche Dieselfahrzeuge mit geregelten 
Partikelfiltern ausstatte. Insbesondere sei der Rückgriff der Bahn 
auf die Wirtschaftskrise als Argument für ein ökologisches Rollback 
nicht hinnehmbar. Resch: "Das ist exakt, die falsche Reaktion auf die
Wirtschaftskrise. In der Logik des Bahnchefs hieße das für den 
Straßenverkehr, auf Katalysator und Rußfilter zu verzichten, um neue 
Pkw günstiger zu machen und so der Automobilindustrie aus der Krise 
zu helfen".
Der Verkehrsberater und frühere Abteilungsleiter im 
Umweltbundesamt, Dr. Axel Friedrich, nannte es "unglaublich", dass 
die Bahn offenbar ernsthaft die Möglichkeit ins Auge fasse, die 
Rangierloks zunächst ohne Filter zu kaufen und dann, wenn die 
Abgasgrenzwerte 2012 verschärft werden, entsprechend nachzurüsten. Es
sei erheblich aufwändiger, Nachrüstfilter einzubauen. Die Äußerungen 
über die mögliche Nachrüstung seien zudem so unverbindlich, dass der 
Verdacht entstehe, man hoffe bei der Bahn, wenn es soweit ist, auf 
weniger Medienaufmerksamkeit. Der ganze Vorgang sei auch deshalb 
unverständlich, weil im Vorfeld der abschlägigen Entscheidung über 
die Filterausrüstung "schon konstruktiv und planerisch ein hoher 
Arbeitsaufwand für die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Partikelfiltern" 
betrieben worden sei.
Nach Informationen der DUH hat die Bahn Ende vergangener Woche 
schon auf die Ankündigung der heutigen DUH-Pressekonferenz reagiert 
und statt der ursprünglich ins Auge gefassten endgültigen Stornierung
der Filterbestellung, beim potenziellen Lieferanten eine Verschiebung
der Option zur letzten Bestellung von Ende 2008 auf Ende 2009 
durchgesetzt. Nachdem der Präsident des Umweltbundesamts, Andreas 
Troge, Mehdorn unmissverständlich aufgefordert hat, nicht länger "die
aktuelle Wirtschaftskrise gegen dauerhaften Gesundheitsschutz 
auszuspielen" und auch Verkehrsminister Tiefensee nach 
Presseberichten wegen des Schwenks in der Bahn "irritiert" ist, 
fordert Resch nun den Eigentümer der Bahn auf "Mehdorn zur Vernunft 
zu bringen und ihm ein klares Bekenntnis zum Einbau der 
Partikelfilter abzuverlangen". Resch: "Die Bahn gehört dem Bund und 
damit letztlich den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes. Sie haben 
ein Recht darauf, dass der Chef eines bundeseigenen Unternehmens ihre
Gesundheit schützt."
Angesichts der nach wie vor hohen Feinstaubbelastung vieler 
Ballungsräume müsse die Bundesregierung die Übertragung der für den 
Straßenverkehr in Ballungszentren geltenden 
Feinstaub-Plakettenregelung auf Schienenfahrzeuge ausdehnen, sagte 
Resch.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Mobil.: 0171 3649170, E-Mail:
resch@duh.de

Dr. Axel Friedrich, Berater der DUH, Mobil: 0152 294 83857, E-Mail:
axel.friedrich.berlin@gmail.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse DUH, Hackescher Markt
4, 10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-21, Fax: 030
2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

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