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Politiker-Dienstwagen: Zwischen erwachendem Klimabewusstsein und "Rent-a-Rüttgers"

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Berlin (ots)

Vierte Dienstwagen-Erhebung der Deutschen Umwelthilfe zeigt beim 
Spritverbrauch einiger Spitzenpolitiker langsame Forschritte - 
Rüttgers legt Klimadaten seines 450-PS-Audi erst nach 
Gerichtsentscheid offen - Hessen vorn: Ministerpräsident Koch mit 348
Gramm CO2 pro Kilometer an der Spitze des Klimakiller-Rankings - DUH 
fordert Kabinettsbeschlüsse zur Begrenzung der CO2-Emission der 
Regierungslimousinen nach Vorbild des Bundestags -  Rabattregelungen 
bei Kauf und Leasing von Regierungsdienstwagen müssen offengelegt 
werden - Spitzenpolitiker dürfen nicht länger als "Werbeträger" für 
Autohersteller auftreten
Deutsche Spitzenpolitiker sind nach wie vor weit davon entfernt, 
mit ihren Dienstlimousinen Millionen einfachen Dienstwagen-Nutzern 
als Vorbilder beim Klimaschutz zu dienen. Immer noch ist das Problem 
der Übermotorisierung und der damit einhergehenden hohen 
CO2-Emissionen nicht überwunden. Völlig unbeeindruckt von der 
Klimadebatte zeigen sich die Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers 
(NRW) und Roland Koch (Hessen). Auf der anderen Seite entscheidet 
sich aber auch eine zunehmende Zahl von Ministern bewusst für 
"zeitgemäße" Fahrzeuge, die den Klimaschutz-Zielvorgaben der EU 
entsprechen oder doch näher kommen als in früheren Jahren. Das sind 
die zentralen Ergebnisse der jüngst von der Deutschen Umwelthilfe e. 
V. (DUH) zum vierten Mal erhobenen Untersuchung der 
Klimaverträglichkeit von Politiker-Dienstwagen.
"Das Schaufahren im Auftrag der Automobilindustrie gegen den 
Klimaschutz hält leider bei den meisten Spitzenpolitikern an. 
Erfreulicherweise erkennen aber inzwischen auch einige ihre 
Vorbildrolle und rüsten bei der Motorisierung der Dienst-Limousinen 
deutlich ab", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Auf 
Bundesebene lassen sich die beiden FDP-Minister Rainer Brüderle und 
Philipp Rösler mit den klimaschädlichsten Dienstwagen chauffieren. 
Wirtschaftsminister Brüderle will jedoch in Kürze auf einen Mercedes 
E220 CDI umsteigen, der mit 144g CO2/km die Forderung der DUH nach 
Dienstfahrzeugen mit nicht mehr als 140g CO2/km fast erfüllt. (Nicht 
berücksichtigt werden bei der Erhebung gepanzerte und deshalb 
außergewöhnlich schwere Fahrzeuge, wie die der Bundeskanzlerin und 
einiger Fachminister).
Unter den Ministerpräsidenten der Bundesländer fiel insbesondere 
die Hartleibigkeit auf, mit der sie mehrheitlich die Bitten der DUH 
um Auskunft über die CO2-Emissionen ihrer Dienstlimousinen 
blockierten. Neun von 16 Regierungschefs blieben die Antworten 
schuldig und müssen nun damit rechnen, dass die DUH sie, wie im 
vergangenen Jahr schon den nordrhein-westfälischen 
Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU), gerichtlich zwingt, ihren 
gesetzlichen Auskunftspflichten nachzukommen. Rüttgers hatte 
jahrelang mit teils bizarren Argumenten - die Sicherheit "bedeutsamer
Schutzgüter" (gemeint war er selbst) erlaube es nicht, die 
Informationen herauszugeben -  die Auskunft verweigert. Schließlich 
zwang ihn im vergangenen Herbst das Verwaltungsgericht Düsseldorf, 
die Klimadaten seines Dienstwagens offenzulegen. Die Richter 
forderten Rüttgers mit ihrem Beschluss auf, DUH-Geschäftsführer Resch
den Modellnamen, die Höchstgeschwindigkeit und CO2-Emissionen seiner 
Dienstlimousine zu nennen.
Im Nachhinein wurde klar, warum der Ministerpräsident in 
Düsseldorf sich lange geziert hatte: Nach dem hessischen 
Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU), der unter den Auskunft 
gebenden Regierungschefs den Spitzenplatz einnimmt (348g CO2/km, VW 
Phaeton), liegt Rüttgers mit seinem Dickschiff, einem Audi A8 W12 
quattro Langversion mit 324g CO2/km, auf Platz zwei der 
Klimakiller-Limousinen. Der Audi mit 450 PS wird bei Tempo 250 km/h 
elektronisch abgeregelt und verbraucht im Stadtverkehr 20,1 Liter 
Benzin. "Die Motorleistung dieser Straßenpanzer reicht aus, um die 
schwersten in Deutschland zugelassenen Lkw mit 40 Tonnen 
Gesamtgewicht jede Autobahnsteigung hinaufzubewegen", sagte Resch.
Der DUH-Geschäftsführer wies darauf hin, dass die Haushalte von 
Bund und Ländern durchweg nur moderate Maximalpreise für die 
Anschaffung von Dienstlimousinen ausweisen. Diese Vorschriften werden
aber in der Realität durch opulente Rabatte der Autohersteller 
ausgehebelt. Die DUH fordert daher ihre Begrenzung und Offenlegung. 
"Es ist ein Skandal, dass die Autohersteller bei Kaufpreisen oder 
Leasingraten für Dienstfahrzeuge von Spitzenpolitikern Rabatte von 
bis zu 70 Prozent gewähren. Nach Auffassung der DUH sind derartige 
Vergünstigungen nichts anderes als ein verdecktes Sponsoring." Die 
Autohersteller spekulieren auf den Werbeeffekt, wenn jeden Abend im 
Fernsehen führende Politiker in der Tagesschau aus den entsprechenden
Premium-Limousinen steigen. Resch forderte eine Überprüfung dieser 
nach Ansicht der DUH rechtswidrigen Praxis: "Ministerpräsidenten als 
Werbeträger für Klimakiller-Dienstwagen passen nicht mehr in die 
heutige Zeit. Auch an diesem Punkt ist eine 'Rent-a-Rüttgers'-Debatte
lange überfällig".
Positive Beispiele für den Klimaschutz sucht man unter den 
Ministerpräsidenten vergeblich. Dass es allerdings auch anders als in
Hessen und Nordrhein-Westfalen geht, bewiesen die Regierungschefs 
Christine Lieberknecht (Thüringen, 180g CO2/km, BMW 730Ld), Wolfgang 
Böhmer (Sachsen-Anhalt, dito), Ole von Beust (Hamburg, 188g CO2/km, 
Mercedes Benz E 350 Blue Tech) und Peter Müller (Saarland, 191g 
CO2/km, Mercedes Benz S400 Blue Hybrid).
Drei positive Beispiele finden sich auch unter den Umweltministern
und Senatorinnen der Länder. Sie erfüllen inzwischen die 
DUH-Forderung nach spritsparenden Dienstwagen mit maximal 140g CO2/km
und unterschreiten diese Werte sogar deutlich: Katrin Lompscher 
(Berlin, 92g CO2/km, Toyota Prius Hybrid), Anja Hajduk (Hamburg, 
dito), Simone Peter (Saarland, 118g CO2/km, VW Passat Blue Motion). 
Umweltsenator Reinhard Loske (Bremen, 144g CO2/km, Mercedes Benz E 
250 CDI Blue Efficiency) verfehlt diesen Wert nur knapp. Doch gibt es
auch unter den Länderumweltministern solche, die die Zeichen der Zeit
nicht erkannt haben. So hat die neue Umweltministerin Anita Tack (Die
Linke) in Brandenburg den bisherigen Dienstwagen BMW 530d (170g 
CO2/km) ihres Vorgängers durch einen Audi A8 3.0 TDI (224g CO2/km) 
ersetzt und so ihre CO2-Bilanz um 20 Prozent verschlechtert.
DUH-Projektleiterin Barbara Göppel monierte, dass "trotz einiger 
Fortschritte im Detail deutsche Spitzenpolitiker insgesamt immer noch
mit übermotorisierten Klimakiller-Pkw herumfahren". So hätten sich 
die Durchschnittsverbräuche der Dienstlimousinen des Bundeskabinetts 
von 2008 auf 2009 nur um 3,4 Prozent vermindert und von 2009 auf 2010
um 9,3 Prozent. Der aktuelle Wert sei immer noch viel zu hoch und 
liege weit über den Zielwerten der entsprechenden, 2008 
verabschiedeten EU-Richtlinie. Es sehe so aus, als würden die 
Hersteller inzwischen mehrgleisig fahren und Politiker auch gezielt 
mit Öko-Angeboten anlocken. Das sei zwar erfreulich: "Aber ich 
wünsche mir, dass Politiker spritsparende Dienstwagen von sich aus 
verlangen und so eine aktive Rolle spielen bei der Modellabrüstung im
Dienstwagensektor".
Resch betonte, dass es bei der heute zum vierten Mal vorgestellten
Erhebung der DUH nicht um die absoluten Werte der CO2-Emissionen 
einer überschaubaren Zahl von Politiker-Dienstwagen gehe, sondern um 
deren Vorbildfunktion. Mehr als die Hälfte der in Deutschland neu 
zugelassenen Pkw seien derzeit Dienst- oder Firmenwagen. Viele 
private Autokäufer, vor allem aber die Dienstwagenkunden orientieren 
sich an den übermotorisierten Politiker-Limousinen.
Resch forderte Bundeskabinett und Landesregierungen deshalb auf, 
gerade nach dem Scheitern der Weltklimakonferenz von Kopenhagen ein 
Zeichen zu setzen und zu beschließen, dass zukünftig kein Dienstwagen
eines Spitzenpolitikers noch mehr als 140g CO2/km emittieren darf. 
Dabei müsse kein Politiker auf einen VW Lupo umsteigen. 
Zwischenzeitlich bieten praktisch alle deutschen Autohersteller 
"ministertaugliche" Limousinen mit CO2-optimierten Antrieben unter 
140g CO2/km an. Einen entsprechenden Beschluss hatte der Deutsche 
Bundestag schon im April 2009 für seine Fahrbereitschaft gefasst.

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil.: 0171 3649170, Fax.: 030 2400867-19,
E-Mail: resch@duh.de

Barbara Göppel , Projektleiterin, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin,
Tel.: 030 24008674, Mobil.:01707686923, Fax: 030 2400 867-19,
E-Mail: goeppel@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Tel.: 030 24008670, Mobil: 01715660577,
E-Mail: rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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