Appell um Zustimmung der Länder für Einweg-Pfand
Mehrweg sichert
Arbeitsplätze und verhindert Vermüllung
Vertrauensschutz für
Milliarden-Investitionen im Mittelstand
Düsseldorf (ots)
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn äußerten sich die Bundesverbände des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH) und der Mittelständischen Privatbrauereien sowie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zuversichtlich, dass der Bundesrat im Juni die Rücknahme- und Pfandpflicht für Einweg-Getränkeverpackungen beschließen wird: "Seit Geltung der Verpackungsverordnung aus dem Jahr 1991 agieren die Großformen der Getränkeindustrie und des Handels bewusst gegen ihre eigene Selbstverpflichtung zu einer Mehrwegquote von 72 Prozent", erinnerte GFGH-Vorstand Günther Guder. Mittlerweile dürfte diese Quote im Jahr 2000 nur noch bei 66 Prozent liegen. Nach Ansicht Guders und des DUH-Geschäftsführers Jürgen Resch hat auch die Bevölkerung genug von der Blechlawine: "Die Ergebnisse von 70 und mehr Prozent Zustimmung zum Einwegpfand sprechen eine deutliche Sprache, auch für die Lenkungswirkung der in der Novellierung vorgesehenen Rücknahme- und Pfandpflicht." Und Roland Demleitner von Seiten der mittelständischen Privatbrauereien erinnerte, dass bei einem Scheitern der Novelle die geltende Verpackungsverordnung zöge, nach der nur Einweg-Getränkeverpackungen für Bier und Mineralwasser bepfandet würden.
Mittelstand fordert Schutz funktionierender Mehrwegsysteme
3.600 Unternehmen des Deutschen Getränkefachgroßhandels und 10.000 Getränke-Einzelhändler sichern zurzeit ein funktionierendes und intaktes Mehrwegsystem für Getränkeverpackungen. Allein die 53.000 Mitarbeiter des GFGH distribuieren über 70 Prozent aller Getränke in die Absatzstätten des Einzelhandels, der Getränke-Abholmärkte, der Gaststätten, der Hotellerie sowie im Heimdienst und auf Festen. Die mittelständischen Handelsunternehmen fordern mit der Novellierung der Verpackungsverordnung endlich den Vertrauensschutz ein für die Milliarden-Investitionen in die Mehrwegsysteme, den auch die 800 privaten der rund 1.200 Brauereien reklamieren, die 60 Prozent der 45.000 Beschäftigten der Brauwirtschaft repräsentieren.
Die von den Verpackungsmittel-Herstellern im Verbund mit den Getränkekonzernen vorgeschlagene "Selbstverpflichtung" sei, so Guder und Resch, "kein taugliches Instrumente, um die Mehrwegquote für Getränke zu stabilisieren", die sich seit 1997 (71,3 Prozent) im freien Fall befindet. Dagegen bestätigen das Umweltbundesamt und der Zuspruch der Bevölkerung die Lenkungswirkung einer Rücknahme- und Pfandpflicht auf Einweg. "Der vehemente Widerstand von Großformen des Handels und der Getränkeindustrie ist ein weiteres Indiz für die das Mehrwegsystem stabilisierende Wirkung", schließt GFGH-Vorstand Günther Guder, der gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), den Bundesverbänden der mittelständischen Privatbrauereien und des Getränke-Einzelhandels an die Politiker appelliert, die anstehende Novelle der Verpackungsverordnung zügig zu verabschieden.
Einweg bedroht 250.000 Arbeitsplätze
Ohne Eingriff der Politik befürchtet Guder einen Zusammenbruch der Mehrwegsysteme und eine uneingeschränkte Fortsetzung der "Marktbereinigung zu Lasten der Verbraucher und der Marken-Vielfalt": "Groß- und Konzernbetriebe des Lebensmittel-Einzelhandels sowie Getränkeabfüller nutzen Einweg-Verpackungen wie die 0,5-Liter-Bierdose zu Dumpingpreisen von 0,49 DM als Instrument im Verdrängungswettbewerb. PET-Einweggebinde werden mit Vehemenz in den Markt gedrückt, um Fakten zu schaffen." Sie bedrohten damit nicht nur die Marken-Vielfalt und die Getränkekultur, sondern vor allem die rund 250.000 Arbeitsplätze in der mittelständischen Getränke- und Zulieferindustrie. Diese Arbeitsplätze seien zudem nicht exportierbar, wie beispielsweise in der Verpackungs- oder Abfüllindustrie.
Lenkungswirkung von Einwegpfand erwiesen
Sowohl bereits das Ifo-Gutachten aus dem Jahre 1996 als auch die Stellungnahme des Umwelt-Bundesamtes Anfang dieses Jahres wie auch Untersuchungen und Erhebungen bei Verbrauchern und Marktpartnern haben die Lenkungswirkung der Rücknahme- und Pfandpflicht für den Bestand der Mehrwegsysteme bestätigt. Die Bevölkerung unterstützt das Vorhaben der Bundesregierung. Verschiedene Untersuchungen und Umfragen von Zeitschriften und Sendern weisen seit Oktober 2000 konstant einen Zustimmungsgrad von 68 bis 72 Prozent aus. Eine letzte repräsentative EMNID-Umfrage im Auftrag des GFGH und der DUH brachte eine Zustimmung von 73,5 Prozent, wobei ein Drittel der Befragten ankündigten, bei einem Dosenpfand von DM 0,50 zukünftig weniger Getränke in Einwegverpackungen zu kaufen.
Für den Endverbraucher besteht ein erheblicher finanzieller Unterschied, 0,15 DM Pfand für eine Halbliter-Bierflasche oder 0,50 DM Pfand für eine Bierdose zu bezahlen. Ein Tray mit Bierdosen kostet 12,00 DM Pfand. Er wird sein Handeln überdenken, sowohl beim Kauf als auch vor dem Wegwerfen. Der jetzige Convenience-Vorteil des möglichen Ex-und-Hopp geht für den Endverbraucher verloren. Er muss die entleerten Einweggebinde zurückbringen, will er sein Pfand zurück; Einweg wird damit "un-convenient".
Eine repräsentative Umfrage unter kleinen Lebensmittelgeschäften mit Verkaufsflächen unter 800 m_ zeigte im November 2000, dass 46,3 Prozent der Befragten beabsichtigten, Einweg auszulisten, wenn es zu einer Bepfandung kommt. Dies führt zu einer direkten Stabilisierung der Mehrwegquote.
Die Lenkungswirkung eines Pfandes wurde in Deutschland bereits bewiesen. Die Vorläuferin der Verpackungsverordnung vom 20.12.1988 stoppte bereits den damaligen Trend zu Einweg-Kunststoffflaschen, bezeichnenderweise mit einer identischer Pfandhöhe von DM 0,50 je Verpackung.
Vermeidung vor Verwertung statt "Narrenfreiheit"
Die Vorschläge der Selbstverpflichtung und einer Kombinationsquote seien untauglich, weil sie die Mehrweg- und Recyclingquoten in einen Topf werfen würden und auch der europaweiten Forderung zuwider liefen: "Vermeidung vor Verwertung". Die Initiatoren der Selbstverpflichtungserklärung wollten gar die Mehrwegquote in einem ersten Schritt um zehn Prozent senken. Neue Messgröße ist laut diesem Konzept "jährlich 23 Milliarden Liter Getränke in ökologisch vorteilhaften Verpackungen". Außerdem wolle die Industrie über das einfache "Vorlegen eines Nachweises" die automatische Anerkennung bestimmter Einwegverpackungen als "ökologisch vorteilhafte Verpackungen" erreichen.
Verbunden mit einer Kombinationsquote von 90 % "Wiederbefüllung bzw. Verwertung" (nach österreichischem Vorbild) fordert somit die Industrie eine völlige Handlungsfreiheit. Selbst eine Mehrwegquote von Null Prozent wäre mit dieser Regelung theoretisch möglich (bei einer Recyclingquote von 90 Prozent). Konsequenterweise sieht die Selbstverpflichtungs-Erklärung keinerlei Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung vor. "So viel Narrenfreiheit verkehrt den ökologischen und wirtschaftlich sinnvollen Grundsatz der Vermeidung vor Verwertung ins glatte Gegenteil", kritisiert DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch, der auch wachsende Litteringprobleme befürchtet.
Pfandpflicht löst Littering-Problem
Der Rückgabe-Anreiz für Dosen durch die Bepfandung würde das Müllproblem in der Landschaft (Littering) lösen. Die seit Monaten in der Diskussion befindliche ominöse Zahl von sechs Prozent Anteil von Getränkeverpackungen an der Landschafts-Verschmutzung in Deutschland hat seriösen Untersuchungen nicht Stand gehalten. Das renommierte Witzenhausen-Institut kam in Überprüfung der vom RW-TÜV durchgeführten Studie zu dem Ergebnis, dass Getränkeverpackungen bereits mit einem 20,7-prozentigen Anteil am Littering-Aufkommen beteiligt sind.
Tatsächlich dürfte der Anteil aber noch deutlich höher ausfallen, da in der TÜV-Studie ausgerechnet das rund 11.000 km lange Autobahnnetz samt Auf- und Abfahrten nicht berücksichtigt wurde. Darüber hinaus wurden ebenfalls Kunststoffflaschen nicht mitgezählt, die komplett der Fraktion der Nicht-Getränkeverpackungen zugeordnet wurden.
Schluss der Debatte
"Wir fordern daher die Landesregierungen auf, ihre Zustimmung zur Novelle der Verpackungsverordnung im Bundesrat zu geben und die Debatte zu schließen", appellierten Guder, Demleitner und Resch zum Schluss mit deutlichem Hinweis an NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. Ein nochmaliges Zögern oder gar ein Aufweichen der Verpackungsverordnung dürfe es nicht geben, da anderenfalls Ökologie, Arbeitsplätze und mittelständische Strukturen auf dem Spiel stünden.
Wie schnell ein Mehrwegsystem zusammenbreche, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, zeigen die Entwicklungen in Belgien und Österreich: So ist in Österreich die Mehrwegquote allein von 1997 bis 2000 um 14 Prozent gefallen, bei Mineralwasser sogar um 30 Prozent. In Belgien brach die Mehrwegquote bei Mineralwasser und Softdrinks binnen sieben Jahre praktisch völlig zusammen von 70 auf 20 Prozent. In Frankreich, Spanien, Großbritannien und Italien sind Getränke in Mehrweg zu großen Teilen vom Markt verschwunden.
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