Deutsche Umwelthilfe fordert strenge EU-Flottengrenzwerte für CO2-Ausstoß von PKW und leichten Nutzfahrzeugen
Berlin (ots)
Nach dem Offenbarungseid der Bundesregierung beim Klimaschutzplan gerade im Verkehrsbereich sind drastisch verschärfte Grenzwerte für den Spritverbrauch und damit den CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen unverzichtbar - DUH fordert Bundeskanzlerin Merkel auf, ihre Richtlinienkompetenz endlich für Klima und Menschen und nicht länger zur Profitsteigerung der Autokonzerne auszuüben - Scheitern der Klimaschutzvorgaben für den Verkehrssektor birgt enormes Kostenrisiko in Milliardenhöhe durch Ausgleichszahlungen
Vor dem am 25. Juni 2018 stattfindenden Treffen der europäischen Umweltminister zur Fortschreibung der CO2-Flottengrenzwerte bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach 2021 muss sich die Bundesregierung auf eine gemeinsame Haltung einigen und ambitionierte Grenzwerte gegen den Widerstand der Autokonzerne durchsetzen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die sich gerne als Autokanzlerin gerierende Angela Merkel sowie die Bundesminister Andreas Scheuer und Peter Altmaier auf, sich in Brüssel für eine an den verbindlichen Klimaschutzzielen orientierte Weiterentwicklung der Flottengrenzwerte einzusetzen. Dazu sind nach Ansicht des Umwelt- und Verbraucherschutzverbandes die Festsetzung absoluter Grenzwerte anstelle prozentualer Reduktionsziele sowie eine Kontrolle der Einhaltung der Emissionen im realen Fahrbetrieb unerlässlich.
Ein Viertel der europäischen Treibhausgasemissionen stammt aus dem Verkehrssektor. In Deutschland stiegen 2017 die Emissionen sogar an. So gestand Umweltministerin Svenja Schulze nicht nur ein, dass Deutschland das nationale CO2-Einsparziel von 40 Prozent bis 2020 um acht Prozent verfehlen wird. Diese Woche bestätigte die Ministerin zudem Berechnungen der Umweltverbände, dass die realen Zahlen noch viel schlechter ausfallen werden, da im aktuellen Klimaschutzplan von unrealistischen Annahmen ausgegangen wurde.
Die deutsche Umweltministerkonferenz forderte am 8. Juni 2018 die Bundesregierung auf, sich für die Ausgestaltung ambitionierter CO2-Flottengrenzwerte für Pkw in Brüssel einzusetzen. Umweltministerin Schulze hatte vorgeschlagen, den CO2-Ausstoß für Neuwagen um 50 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2021 zu reduzieren. Sie geht damit über den Vorschlag der EU-Kommission von einer Minderung um nur 30 Prozent hinaus. Den Vorschlag des federführenden Bundesumweltministeriums lehnt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer jedoch ab und spricht von "politisch-ideologischen" Grenzwerten. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium fehlt bislang die Unterstützung dieser nach Ansicht der DUH nicht ausreichenden Forderung des BMU. Die DUH fordert ein Minderung des Flottengrenzwerts um 60 bis 70 Prozent bis 2030.
"Eine ambitionierte Weiterentwicklung der Flottengrenzwerte brauchen wir nicht nur, um das Pariser Klimaschutzabkommen sowie den nationalen Klimaschutzplan 2050 einzuhalten", betont Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH. Der Verkehrssektor muss wie andere Sektoren, die nicht in den Emissionshandel (ETS) eingebunden sind, im Rahmen des sogenannten Effort-Sharing-Beschlusses verbindliche CO2-Reduktionsziele bis 2030 vorweisen. "Ohne wirksame Flottengrenzwerte für die Jahre 2025 und 2030 werden wir dieses Reduktionsziel nicht einhalten können. In der Konsequenz muss Deutschland zulasten des Steuerzahlers Emissionsrechte von anderen EU-Ländern erwerben. Damit ist der Verbraucher hierzulande doppelt geschädigt: einmal durch anhaltend hohe Verbrauchswerte auch moderner Fahrzeuge, zum anderen durch erhöhte Steuerlast, die das Nichtstun der Industrie ausgleichen muss. Die Minister für Verkehr und Wirtschaft, die heute mit kurzsichtigem Protektionismus ihre Hand über die Hersteller halten, werden dies verantworten müssen", so Metz weiter.
Der deutsche Projektionsbericht 2017 im Auftrag des Bundesumweltministeriums prognostiziert für den Zeitraum 2021 bis 2030, dass in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall (Nicht-ETS-Sektoren) bis zu 300 Millionen Tonnen CO2 zu wenig eingespart werden. Für die dafür zu erwerbenden Emissionsrechte ab 2021 werden die Preise im europäischen Binnenmarkt ansteigen, so dass die Bundesregierung mit Kosten in Milliardenhöhe rechnen muss.
Die DUH sieht derzeit außerdem nicht einmal die effektive Umsetzung der geltenden Flottengrenzwerte als gegeben. Eine am 9. April 2018 veröffentlichte Studie des Verbands Transport and Environment (T&E) zeigte erneut, dass die CO2-Emissionen von Neufahrzeugen in der EU real nicht sinken, sondern im Durchschnitt um 42 Prozent höher ausfallen, als die offiziellen Herstellerangaben glauben machen. Die Autohersteller werden daher den für 2021 festgelegten EU-Flottengrenzwert für Pkw nur auf dem Papier erreichen. Der Hauptgrund für diese Abweichung: Gegenwärtig gibt es in Deutschland oder anderen europäischen Staaten keine konsequente Überwachung der Spritverbrauchsangaben durch die zuständigen Behörden oder unabhängige Prüfeinrichtungen.
Die DUH und andere Umweltverbände fordern daher für das Jahr 2030 einen absoluten Grenzwert von 40 g CO2/km im realen Betrieb. Dies entspricht einer CO2-Minderung um 60 bis 70 Prozent. Dieser Wert ist Voraussetzung für den Pfad in Richtung vollständiger Dekarbonisierung des gesamten Pkw-Bestandes bis zum Jahr 2050 - einer der zentralen Voraussetzungen zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.
Neben einer Nachschärfung des Vorschlags muss die EU-Kommission schnellstmöglich ein Testverfahren für die Ermittlung der CO2-Emissionen auf der Straße entwickeln. Dieses Verfahren soll ab 2024 in das Zulassungsverfahren für neue Pkw-Typen einfließen. Für dieses Jahr schlägt die EU-Kommission eine Überprüfung der neuen CO2-Verordnung vor. Nur Straßentests zusammen mit einer wirksamen Marktüberwachung können die Einhaltung der Werte und damit eine faktische Minderung von CO2-Emissionen im Realbetrieb sicherstellen.
Links:
Studie T&E "CO2 emissions from cars: The facts": http://ots.de/H13GDe
Positionspapier CO2-Grenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge: http://ots.de/wlCJAT
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