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Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen das Land Hessen für "Saubere Luft" in Frankfurt am Main - Klare Entscheidung für Hardware-Nachrüstung von Kanzlerin Merkel gefordert

Berlin/Wiesbaden (ots)

- VG Wiesbaden: Zonale Diesel-Fahrverbote in Frankfurt am Main ab 1. 
Februar 2019 einzuführen 
- Ausdehnung der Fahrverbote auf Dieselfahrzeuge der Abgasstufe Euro 
5 ab 1. September 2019 
- Land muss Busflotte mit SCRT-Filtern nachrüsten und deutliche 
Verschärfung der Parkraumbewirtschaftung in den Luftreinhalteplan 
aufnehmen

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat gestern über die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Hessen für "Saubere Luft" in Frankfurt am Main verhandelt und entschieden (4 K 1613/15.WI), dass flächendeckende zonale Diesel-Fahrverbote in Frankfurt umgesetzt werden müssen. Nach dem Urteil ist das Land Hessen verpflichtet, den Luftreinhalteplan für Frankfurt bis zum 1. Februar 2019 so fortzuschreiben, dass darin alle Maßnahmen enthalten sind, mit denen der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) schnellstmöglich eingehalten wird. Die internationale Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt Klagen für "Saubere Luft" der DUH.

Konkret beschloss das Gericht Fahrverbote für alle Dieselfahrzeuge bis einschließlich Abgasstufe Euro 4 und für alle Benziner bis einschließlich Euro 2. Die durch das Land Hessen auszuweisende Verbotszone muss spätestens ab 1. Februar 2019 in Kraft treten. Ab 1. September 2019 ist das Verbot auf Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 auszuweiten. Für die Verbotszone bietet sich nach den Ausführungen des Gerichts die bislang schon geltende Umweltzone an. Die zu erteilenden Ausnahmen, beispielsweise für Handwerker und Lieferbetriebe, so das Verwaltungsgericht weiter, müssen zeitlich befristet sein. Durch spürbare Gebühren, die für die Erteilung einer Ausnahme erhoben werden, müssen deutliche Anreize für eine Hardware-Nachrüstung auch dieser Fahrzeuge gesetzt werden.

Da diese Maßnahmen allein nach den Berechnungen des Landes Hessen immer noch nicht genügen werden, um den Grenzwert für Stickstoffdioxid im Jahr 2020 einzuhalten, hat das Verwaltungsgericht darüber hinaus entschieden, dass zwei weitere Maßnahmen zwingend in den Luftreinhalteplan aufzunehmen sein werden. Das Land Hessen ist daher verpflichtet worden, Maßnahmen in den Luftreinhalteplan aufzunehmen, mit denen die komplette für den ÖPNV in Frankfurt am Main genutzte Busflotte mit SCRT-Filtern nachgerüstet wird. Außerdem müsse das Land für eine deutlich intensivierte Parkraumbewirtschaftung die Parkplätze in der besonders belasteten Innenstadt verknappen und die Gebühren für Parkplätze erheblich erhöhen. Zudem solle durch Park & Ride-Parkplätze am Stadtrand die Zahl der einfahrenden Pkw in die Innenstadt reduziert werden.

Dazu erklärt Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: "Das war ein guter Tag für die "Saubere Luft" in Frankfurt. Das Gericht hat nicht nur bestätigt, dass das EU-Recht zum Gesundheitsschutz wichtiger ist als die Profitinteressen betrügerischer Autohersteller, die über Jahre hinweg Diesel-Pkw mit unwirksamen Billigst-Katalysatoren verkauft haben. Wir fordern die schwarz-grüne Landesregierung nun auf, dieses kluge Urteil, das auch einen Einstieg in die Art der für unsere Städte notwendigen Verkehrswende hin zu weniger Autos insgesamt beinhaltet, anzuerkennen und umzusetzen. Ministerpräsident Volker Bouffier hat sich vergangene Woche erstmals der DUH-Position zur verpflichtenden Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw wie Nutzfahrzeugen auf Kosten der für den Abgasbetrug verantwortlichen Autokonzerne angeschlossen. Ob Bouffiers Aussagen nur taktischer Natur waren und das Gericht beeindrucken sollten oder ob er es schafft, die Bundeskanzlerin aus dem Würgegriff von BMW, Daimler und VW zu befreien, wird durch die nahe Hessen-Wahl eine vielleicht den Wahlausgang beeinflussende Frage. Ende September will Bundeskanzlerin Angela Merkel in dieser Frage eine Entscheidung treffen. Verkehrsminister Andreas Scheuer, vor allem bekannt als der Vertreter der Automobilindustrie in der Bundesregierung, hat jedenfalls unmittelbar nach dem gestrigen Urteil die bisherige Haltung bekräftigt und die Hardware-Nachrüstung von Betrugs-Diesel-Pkw erneut abgelehnt."

Die DUH hat insgesamt zu 61 deutschen Städten mit erheblichen Überschreitungen des Grenzwerts für das Dieselabgasgift NO2 Rechtsverfahren eingeleitet und davon in mittlerweile 28 Städten Klageverfahren eingeleitet. Bisher hat die DUH alle Klagen für "Saubere Luft" zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte gewonnen. Nach den Erfolgen in Aachen, München, Düsseldorf und Stuttgart zeigt nun auch die klare Entscheidung zur Mainmetropole Frankfurt, dass Diesel-Fahrverbote kurzfristig kommen werden. Ähnliche Gerichtsentscheidungen werden in den nächsten Monaten erwartet, wenn unter anderem die Fälle in Berlin, Bonn, Darmstadt, Köln, Dortmund, Gelsenkirchen, Essen, Mainz und Wiesbaden verhandelt und entschieden werden.

Dazu Remo Klinger, Rechtsanwalt, der die DUH in den Klagen vertritt: "Das Urteil ist großartig. Das Verwaltungsgericht hat die juristische Welt aber nicht neu erfunden. Es hat das umgesetzt, was das Bundesverwaltungsgericht im Februar 2018 zu Düsseldorf und Stuttgart entschieden hat. Wenn das Hessische Umweltministerium etwas für die Gesundheit der Menschen tun will, sollte man das Urteil akzeptieren. Jedes Rechtsmittel wäre der Beweis dafür, dass man allein auf Verschleppung setzt, zulasten aller damit einhergehender Folgen für die Gesundheit der Bürger."

Rechtsanwalt Ugo Taddei von ClientEarth sagt: "Das oberste deutsche Verwaltungsgericht hat im Februar die Weichen für Diesel-Fahrverbote und saubere Luft gestellt und wir sehen nun, wie der Dominoeffekt einsetzt. Inzwischen haben die Gerichte in Frankfurt, Düsseldorf, München, Stuttgart und Aachen Diesel-Fahrverbote angeordnet. Der Trend ist unübersehbar, aber die Bundesregierung weigert sich immer noch eine nationale Lösung zu forcieren und Hardware-Nachrüstungen anzuordnen. Deutschland muss aufhören, auf Zeit zu spielen und sein Luftreinhalteproblem in den Griff bekommen. Jede Verspätung geht auf Kosten der Gesundheit der Menschen."

Hintergrund:

Derzeit führt die DUH in 28 Städten, in denen der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³) überschritten wird, Klageverfahren für "Saubere Luft". Im November 2015 hat die DUH Klage gegen das Land Hessen wegen anhaltender Überschreitung der NO2-Grenzwerte in Frankfurt eingereicht (4 K 1613/15.WI). Diesel-Fahrverbote sind zur kurzfristigen Einhaltung des NO2-Grenzwertes die einzige Option und laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 27. Februar 2018 rechtmäßig.

Die verkehrsnahe Messstelle an der Friedberger Landstraße zeigte im Jahr 2017 mit 47 µg/m³ eine deutliche Überschreitung des erlaubten Jahresmittelwerts von 40 µg NO2/m³ an, Messungen an mehreren anderen Standorten ergaben Werte von deutlich über 50 µg NO2/m³. Aktuelle Messungen der DUH von Februar und Juni 2018 offenbarten ebenfalls Werte oberhalb des erlaubten Grenzwertes verteilt im gesamten Frankfurter Stadtgebiet. Nahezu alle großen Hauptverkehrsstraßen in Frankfurt sind davon betroffen. NO2 ist gesundheitsschädigend und führt zu vorzeitigen Todesfällen. Die Europäische Umweltagentur EEA hat im Herbst 2017 die gesundheitlichen Folgen der NO2-Verschmutzung mit jährlich 12.860 vorzeitigen Todesfälle allein in Deutschland beziffert.

Links:

Zu den aktuellen Ergebnissen der Messaktion "Decke auf wo Atmen krank macht": http://l.duh.de/p180828

Hintergrundpapier "Klagen für saubere Luft": http://l.duh.de/p180906

Pressekontakt:

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de

Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
030 8847280, 0171 2435458, klinger@geulen.com

Ellen Baker, Kommunikationsmanager ClientEarth
0044 203 030 5951, ebaker@clientearth.org

DUH-Pressestelle:

Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse@duh.de

www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe

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