Beginn der Feinstaubalarm-Periode in Stuttgart: Deutsche Umwelthilfe fordert verbindliche Maßnahmen gegen Luftschadstoffe aus Kaminöfen und Baumaschinen
Berlin/Stuttgart (ots)
Belastung mit Feinstaub durch Kaminöfen aber auch Baumaschinen wird bislang nicht ausreichend verringert - Wirksame Emissionsminderungstechnik muss in belasteten Gebieten Standard werden - Rechtsgutachten zeigt Handlungsmöglichkeit für strengere Abgas-Anforderungen vor Ort auf
Anlässlich des Beginns der Feinstaubalarm-Periode in Stuttgart am 15. Oktober 2018 fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) weitere Maßnahmen von der Landesregierung Baden-Württemberg, um die Luftbelastung durch Holzfeuerungsanlagen und Baumaschinen zu senken. Insbesondere Öfen tragen wesentlich zu der schlechten Luftqualität bei. In Stuttgart war im Jahr 2017 die Feinstaubbelastung (PM10) an 45 Tagen zu hoch. Damit überschritt die Landeshauptstadt als einzige verbliebene Stadt in Deutschland sowohl den Grenzwert für die Stickstoffdioxid (NO2)-Belastung als auch die EU-Vorgabe für Feinstaub von maximal 35 Überschreitungstagen pro Jahr.
Feuerungsanlagen sind nicht nur eine bedeutende Quelle von Feinstaub, sondern auch von Rußpartikeln und krebserregendem Benoz(a)pyren. Seit Februar 2017 dürfen in Stuttgart ältere "Komfort-Kamine" bei Feinstaubalarm nicht mehr betrieben werden - hierzu zählen in erster Linie Kaminöfen, welche die seit 2015 geltenden Emissionsgrenzwerte nicht einhalten.
"Die innerstädtische Luft in Stuttgart ist immer noch zu stark mit den gesundheitsschädlichen Feinstaubpartikeln belastet. Wir fordern die Landesregierung und die Stadt Stuttgart dazu auf, die Emissions-Vorschriften für Holzfeuerungsanlagen wie auch Baumaschinen zu verschärfen und wirksame Kontrollen durchzuführen", sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Nach Angaben des Amtes für Umweltschutz in Stuttgart wurde das Betriebsverbot von Kaminöfen in der vergangenen Heizperiode nicht in den typischen Betriebszeiten am Abend (nach 19 Uhr) kontrolliert. Nach Ansicht der Behörde stelle dies einen unverhältnismäßigen Eingriff "in die grundrechtlich geschützte Lebenssphäre der Besitzer von Komfortöfen" dar. Wurden Verstöße festgestellt, beließen es die Kontrolleure bislang bei Aufklärungsgesprächen.
"Stadt und Land verweigern wirksame Kontrollen, die Gesundheit der Bürger wird so nicht ausreichend vor schädlichen Feinstaub- und Rußemissionen geschützt", kritisiert Resch. "In der Schweiz darf der PM10-Tagesgrenzwert an maximal drei Tagen pro Jahr überschritten werden - so wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Davon ist Stuttgart meilenweit entfernt", so Resch. Die DUH hält daher in Baden-Württemberg aber auch in anderen Bundesländern und Städten deutlich strengere Vorgaben für dringend erforderlich.
"Für Städte wie Stuttgart sollten nur noch Holzheizungen mit wirksamer Emissionsminderungstechnik und Baumaschinen mit Dieselpartikelfilter verwendet werden, so wie dies die DUH für die S21-Baustelle gerichtlich durchgesetzt hat. Im Ofenbereich könnte künftig der Blaue Engel für Kaminöfen als Mindeststandard dienen, der derzeit ausgearbeitet wird. Und für Heizungskessel sind bereits mehrere Partikelfilter auf dem Markt erhältlich", erläutert Resch.
Bundesländer und Städte haben zahlreiche Möglichkeiten, entsprechende Auflagen vor Ort umzusetzen. Dies zeigt ein neues Gutachten von Rechtsanwalt Remo Klinger, das die DUH in Auftrag gegeben hat. So können Städte und Gemeinden in Bebauungsplänen verschärfte Anforderungen einführen: Möglich sind das Verbot bestimmter Brennstoffe oder anlagenspezifische Vorgaben, die über den gesetzlichen Mindeststandard hinausgehen. Auf Grundlage von Landesimmissionsschutzgesetzen lassen sich in diversen Bundesländern lokale Brennstoffverordnungen implementieren. Darüber hinaus können die Bundesländer Verordnungen für "schutzbedürftige Gebiete" ausarbeiten - wozu auch Wohngebiete zählen.
"Die rechtlichen Möglichkeiten sind gegeben. Bundesländer und Städte stehen in der Verantwortung, diese auszuschöpfen um die Gesundheit der Bürger zu schützen. Die gesetzgeberischen Spielräume gelten ausdrücklich auch für Gebiete, in denen die laxen EU-Vorgaben zur Feinstaubbelastung eingehalten werden", fasst Rechtsanwalt Remo Klinger die Ergebnisse des Gutachtens zusammen. In Deutschland wird derzeit die EU-Vorgabe für den PM10-Tagesgrenzwert lediglich in Stuttgart überschritten. Allerdings wurde laut Umweltbundesamt die mit Blick auf den Gesundheitsschutz ausgesprochene Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation im vergangenen Jahr bundesweit an 87 Prozent aller Messstationen nicht eingehalten.
Hintergrund:
Die DUH setzt sich im Rahmen der EU-geförderten Informationskampagne Clean Heat für weniger Emissionen aus Holzfeuerungsanlagen ein: www.clean-heat.eu
Links:
Gutachten zu rechtlichen Grundlagen für die Einführung spezifischer Beschränkungen für Holzfeuerungsanlagen auf lokaler Ebene: http://l.duh.de/p181015
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH
0171 3649170, resch@duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Kanzlei Geulen & Klinger, Berlin
0171 2435458, klinger@geulen.com
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