Deutsche Umwelthilfe fordert Verschärfung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid: Schadstoff ist verantwortlich für jährlich 16.600 Asthma-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland
Berlin (ots)
- 90 Prozent aller weltweit neuen, durch Stickstoffdioxid (NO2) bedingten Asthmafälle bei Kindern und Jugendlichen auf Belastungen unterhalb des Grenzwerts von 40 µg/m³ zurückzuführen
- Stickstoffdioxid für weltweit 3,5 Millionen Asthmafälle jährlich bei Kindern und Jugendlichen weltweit verantwortlich
- DUH fordert von Bund und Ländern zusätzliche Maßnahmen für Saubere Luft auf Basis der neuen WHO-Empfehlung und des geplanten verschärften EU-Grenzwerts
Angesichts einer aktuellen Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine deutliche Verschärfung des Grenzwerts für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) in der Umgebungsluft. Laut Studie erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 16.600 Kinder und Jugendliche neu an Asthma aufgrund von NO2. Weltweit erkranken aus dem gleichen Grund jedes Jahr durchschnittlich 3,5 Millionen Kinder und Jugendliche an Asthma. Etwa 90 Prozent der weltweit neuen NO2-bedingten Asthmafälle wurden in Regionen festgestellt, in denen der Grenzwert von 40 µg NO2/m3 eingehalten wird. In Deutschland stammt NO2 zu 60 bis 80 Prozent aus dem Straßenverkehr und hier vor allem von Dieselfahrzeugen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat eine Überarbeitung ihrer Empfehlungen für den NO2-Grenzwert für diesen Sommer angekündigt. Die DUH erwartet eine Absenkung der Werte und fordert alle Kommunen in Deutschland auf, diese neuen Empfehlungen schnellstmöglich umzusetzen. Die Mitglieder des EU-Parlaments müssen den Bericht des Umweltausschusses zur Umsetzung der Luftqualitäts-Richtlinie ohne Abschwächungen verabschieden. Damit können sie der EU-Kommission, die für die Revision der Richtlinie zuständig ist, ein starkes Mandat mitgeben. Die Abstimmung im Parlament ist für den morgigen Donnerstag anberaumt. Diesel-Lobbyisten in der Politik, wie der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins, versuchen im Interesse von Daimler, Bosch, BMW und VW, eine Verschärfung des NO2-Grenzwerts zu verhindern.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen wirksam vor Asthma und anderen Erkrankungen des Atemsystems schützen. Seit mehr als 40 Jahren ist bekannt, dass Stickstoffdioxid krankmacht. Die neue Studie des Max-Planck-Instituts belegt zusätzlich, dass der aktuell geltende, über 20 Jahre alte Grenzwert für Stickstoffdioxid verschärft werden muss. Die Schweiz hat bereits vor 35 Jahren einen deutlich schärferen Grenzwert als die EU in Kraft gesetzt. Wir fordern daher eine schnelle Aktualisierung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie und im Vorgriff bereits jetzt effektive Maßnahmen für Saubere Luft von Bund, Ländern und Kommunen. Dazu zählen etwa die Stilllegung aller Diesel-Fahrzeuge mit immer noch aktiven Abschalteinrichtungen und Entschädigung der Fahrzeughalter, die Einführung einer erweiterten Abgasuntersuchung zur Ermittlung der realen Stickoxid-Emissionen sowie die Modernisierung der Abgasreinigung in Kohlekraftwerken nach dem Stand der Technik."
Thomas Lob-Corzilius, Lungenfacharzt für Kinder und Jugendliche ergänzt: "Die neuen Daten bestätigen eine globale epidemiologische Studie von 2019, die ebenfalls den Zusammenhang zwischen äußerer NO2-Belastung und neuen Asthma-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen gründlich untersucht hat. Auch diese Studie macht deutlich, dass der überwiegende Teil der Fälle dort auftritt, wo der geltende NO2-Grenzwert von 40 µg/m³ unterschritten wird. Der aktuelle Grenzwert ist damit zu hoch angesetzt und muss dringend herabgesetzt werden." In diesem Sinne haben sich Anfang der Woche mehrere deutsche ärztliche Gesellschaften der Allgemeinmedizin und Internisten sowie der Kinder- und Jugendärzte an die Abgeordneten des EU-Parlaments gewandt.
Hintergrund:
Der von der Europäischen Union festgelegte Grenzwert für NO2 von 40 µg/m³ im Jahresmittel stimmt mit der derzeitigen WHO-Empfehlung für Luftqualität überein. Die Empfehlungen der WHO basieren jedoch auf Erkenntnissen aus den Jahren vor 2005 und werden derzeit deshalb überarbeitet. Die Verabschiedung einer überarbeiteten europäischen Luftqualitätsrichtlinie nach Veröffentlichung der neuen WHO-Empfehlungen ist laut EU-Kommission für Ende des Jahres 2022 geplant.
Link:
Zur Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie: https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/abe909
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
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Dr. Thomas Lob-Corzilius, Kinder- und Jugendarzt i.R. Allergologie, Kinderpneumologie, Umweltmedizin
thlob@uminfo.de
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