Import von russischem Flüssigerdgas auf Rekordhoch: Umweltorganisationen fordern EU-weites Embargo
Berlin (ots)
- Neue Studie zu Importen von russischem Flüssigerdgas in die EU: Import stieg 2024 um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf Rekordniveau
- Zentraler Akteur: Deutsches Unternehmen SEFE, das 58 Lieferungen mit Gesamtvolumen von 4,1 Millionen Tonnen kaufte - die sechseinhalbfache Menge im Vergleich zum Vorjahr
- Russisches Flüssigerdgas machte 2023 schätzungsweise mindestens 3 Prozent und schlimmstenfalls deutlich mehr der gesamten deutschen Gasimporte aus
Trotz Sanktionen erreichten die Einfuhren von russischem Flüssigerdgas (LNG) in die EU im Jahr 2024 Rekordniveau. Der Import stieg im Vergleich zum Vorjahr um 19,3 Prozent. Eine zentrale Rolle spielte dabei das deutsche, bundeseigene Unternehmen SEFE, das als Käufer von 58 Lieferungen mit einem Gesamtvolumen von 4,1 Millionen Tonnen auftrat - im Vergleich zu 12 Lieferungen mit einem Umfang von 880.000 Tonnen 2023 sechseinhalb-Mal so viel wie im Vorjahr. Dies ist das Ergebnis einer neuen Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gemeinsam mit den Umweltorganisationen Urgewald, Razom We Stand (Ukraine) und Bond Beter Leefmilieu (Belgien). Russisches Flüssigerdgas machte 2023 mindestens 3 und schlimmstenfalls bis zu 9,2 Prozent der gesamten deutschen Gasimporte aus. Die konkrete Menge ist aufgrund der Intransparenz im EU-Gasbinnenmarkt schwer zu bestimmen. Die Organisationen fordern ein EU-weites Embargo für russische LNG-Lieferungen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Mehr als tausend Tage nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine importiert die EU weiterhin russisches Flüssigerdgas - und die Importe sind 2024 sogar auf Rekordniveau gestiegen. Besonders brisant: Das staatliche Unternehmen SEFE hält an langfristigen Verträgen mit dem russischen Anbieter Novatek fest und trat 2024 als zentraler Käufer auf. Die Bundesregierung muss hier dringend einen politischen und wirtschaftlichen Kurswechsel einschlagen und sich für ein unverzügliches europäisches Embargo auf russisches Flüssigerdgas einsetzen. Das ist sicherheits- und klimapolitisch unverzichtbar. Nur durch den Ausbau erneuerbarer Energien können Deutschland und Europa eine stabile und erschwinglichere Energieunabhängigkeit erreichen."
Svitlana Romanko, ukrainische Gründerin und Geschäftsführerin von Razom We Stand: "Wir nähern uns dem dritten Jahr von Russlands schrecklichem Krieg gegen die Ukraine. Es ist schockierend, dass die EU-Importe von russischem LNG in dieser Zeit sogar noch zugenommen haben. Die Staats- und Regierungschefs müssen mit ihrer Heuchelei aufhören. Wenn sie der Ukraine Unterstützung zusagen, dürfen sie nicht gleichzeitig ihr Geld an Russland schicken, das damit seine Kriegskassen füllt und seine Gräueltaten und Kriegsverbrechen an den unschuldigen Menschen verübt. Die Bundesregierung muss insbesondere für das bundeseigene Unternehmen SEFE jetzt Verantwortung übernehmen, indem sie die Importe von russischem Flüssiggas stoppt und sich in Europa für ein vollständiges Embargo aller russischen fossilen Brennstoffe einsetzt. Zudem würde ein vollständiges Embargo Europas die Verhandlungsposition bei kommenden Friedensverhandlungen stärken."
Angelos Koutsis, Energie-Experte bei Bond Beter Leefmilieu: "Deutschland hat den Import von russischem LNG über die eigenen Häfen zwar verboten. Allerdings bestehen Importe, die offiziell aus Frankreich und Belgien stammen, de facto teilweise eben doch aus russischem LNG. Am Ende können alle Länder behaupten, sie wären für die steigenden Importe von russischem LNG nicht verantwortlich. Um dieses Spielchen endlich zu beenden, fordern wir die Nachverfolgung des LNG vom Herkunftsland bis zu dem EU-Land, in dem das Gas verbraucht wird. Das würde nicht nur für mehr Transparenz sorgen, sondern auch die Versorgungssicherheit stärken und die EU dabei unterstützen, ihre Klimaziele zu erreichen."
Hintergrund:
2023 wurden 13,35 Millionen Tonnen russisches LNG in die EU importiert, 2024 waren es 15,93 Millionen Tonnen - ein Anstieg von 19,3 Prozent. Insgesamt flossen 18,47 Millionen Tonnen russisches LNG in die EU, von denen 2,55 Millionen Tonnen in Nicht-EU-Länder exportiert wurden. 2023 flossen noch 16,94 Millionen Tonnen russisches LNG in die EU, ein Anstieg um 9 Prozent. Für die Analyse wurden Datensätze des Datenanbieters KPLER verwendet.
Der Anteil des russischen LNG an den Gesamtimporten Deutschlands beträgt schätzungsweise - und je nach Szenario - zwischen 3 und 9,2 Prozent. Durch eine quantitative Analyse von fünf Datensätzen (darunter Datensätze des Verbandes Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas, Entsog, des französischen Umweltministeriums, der belgischen Regierung, des LNG-Trackers des Institute for Energy Economics and Financial Analysis, IEEFA, sowie der Bundesnetzagentur) wurde die mögliche prozentuale Spanne des russischen LNG an den gesamten Gasimporten Deutschlands im Jahr 2023 geschätzt. Zu diesem Zweck wurden drei Szenarien entwickelt, die auf öffentlichen Aussagen von Ministern aus Belgien und Frankreich basieren, einschließlich eines Worst-Case-Szenarios.
Link:
Zur Studie: https://l.duh.de/p250128a
Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Svitlana Romanko, Gründerin und Direktorin Razom We Stand
+38 050 273 8909, press@razomwestand.org
Angelos Koutsis, Energie-Experte bei Bond Beter Leefmilieu
angelos.koutsis@bblv.be
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