Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
Wettbewerb um die klügsten Köpfe: Die deutsche Bauwirtschaft braucht eine Beschäftigungssicherungsstrategie
Berlin (ots)
"Der Bauaufschwung stellt die deutschen Bauunternehmen nach zehn Jahren Baukrise vor völlig neue Herausforderungen. Die deutsche Bauindustrie braucht dringend eine Beschäftigungssicherungsstrategie." Diese Auffassung vertrat heute in Berlin der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie Dr. Hans-Peter Keitel im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz anlässlich des "Tages der Deutschen Bauindustrie". In zehn Jahren Baukrise hätten die Unternehmen ihre personellen Kapazitäten von 1,4 Mio. auf nur noch knapp 700.000 Beschäftigte reduziert; jetzt gehe es darum, die Belegschaften wieder behutsam an eine steigende Bauproduktion anzupassen. Keitel: "Die deutsche Bauindustrie muss sich dem verschärften Wettbewerb um die klügsten Köpfe stellen."
Im ersten Jahr des Bauaufschwungs hätten die meisten Unternehmen ihren Personalbedarf noch aus der Arbeitskräftereserve decken können, erklärte Keitel. Inzwischen sei jedoch die Zahl der Arbeitslosen mit bauhauptgewerblichen Berufen auf den niedrigsten Stand seit 1995 gesunken. Im Mai 2007 seien nur noch 144.000 Bauarbeiter arbeitslos gemeldet gewesen, 23 % bzw. 43.000 Personen weniger als im Mai 2006. Gleichzeitig sei die Zahl der arbeitslosen Bauingenieure um 42 % auf nur noch 5.400 zurückgegangen. Damit habe sich das Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen dramatisch verändert: Anfang 2005 seien auf eine offene Stelle für gewerbliche Beschäftigte 52, auf eine offene Stelle für Bauingenieure 39 Bewerber gekommen; im Mai 2007 seien dies nur noch 6 bzw. 4 Bewerber gewesen.
Sorgen bereitet Keitel aber auch die Altersstruktur der Belegschaften. In den nächsten Jahren würden jährlich in Deutschland 19.000 Baufachkräfte aus Altergründen ausscheiden. Dem stünden zur Zeit jedoch nur 12.000 gewerbliche Nachwuchskräfte gegenüber. Keitel: "Die Zahl der auf den Arbeitsmarkt kommenden gewerblichen Fachkräfte reicht schon jetzt nicht mehr aus, um die altersbedingten Abgänge auszugleichen, geschweige denn den zusätzlichen Arbeitskräftebedarf aus einer wieder anziehenden Baukonjunktur und der Abwanderung ins Ausland oder in andere Branchen aufzufangen."
Für Keitel ist klar, dass die Unternehmen ihre Ausbildungsbereitschaft deutlich steigern müssen, wenn die drohende Facharbeiterlücke abgewendet werden soll. Die Bauwirtschaft werde es sich langfristig nicht leisten können, dass nur jeder vierte bis fünfte Betrieb selbst ausbilde; es sei anzustreben, dass zumindest - wie Mitte der 90er Jahre - jeder dritte Betrieb Ausbildungsplätze bereitstelle. Gleichzeitig gelte es, die Qualität der Berufsbildung ständig an die sich wandelnden Ansprüche anzupassen. Für die deutsche Bauwirtschaft heiße dies Weiterentwicklung der Berufsbilder, Förderung dualer Studiengänge, Entwicklung von Aufstiegsperspektiven auch für gewerbliche Fachkräfte.
Darüber hinaus müsse es gelingen, wieder mehr Abiturienten für ein Ingenieurstudium zu interessieren. Keitel plädierte dafür, das Gewicht der naturwissenschaftlichen Fächer Physik und Chemie sowie der Mathematik in den Lehrplänen zu erhöhen. Wichtig sei aber auch, dass bei Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge die international unbestritten hohe Qualität des deutschen Bauingenieurstudiums nicht zur Disposition gestellt werde. Die deutsche Bauindustrie setze sich deshalb für eine strenge Qualitätssicherung der neuen Studiengänge ein.
Zur Beschäftigungssicherung gehöre aber auch, dass die Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft wieder angemessen an der allgemeinen Einkommensentwicklung in Deutschland beteiligt werden. Die Bauindustrie habe deshalb trotz der noch immer unbefriedigenden Ertragslage dem Tarifvorschlag vom 31. März 2007 und auch dem Schlichtungsergebnis vom 19. Mai 2007 zugestimmt. Keitel: "Ein Arbeitskampf beschädigt unsere Position im Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchskräfte."
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