Hirnforschung: So prägen uns die neun Monate im Mutterleib
Hamburg (ots)
Ruhe und Abgeschiedenheit im Bauch der Mutter? Irrtum, meint der Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik Göttingen, der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther in einem Interview des Wissensmagazins P.M.. "Wir müssen uns da eine Innenwelt vorstellen, in der das Kind Impulsen, Anregungen, Einflüssen ebenso ausgesetzt ist wie später in der äußeren Welt." Neueste Forschungserkenntnisse zeigten, dass die Gene nicht allmächtig seien und "dass wir unser Bild von dem, was während der Entwicklung des Embryos geschieht, und von der Wirkung genetischer Programmierungen, korrigieren müssen", so Prof. Hüther.
Nach dem aktuellen Stand der Forschung werde die Persönlichkeit des Menschen vor allem während der Schwangerschaft gebildet. "Einfache Merkmale wie die Augen-, Haar- oder Hautfarbe, die Behaarung oder der Körpergeruch werden nur durch ein einziges oder sehr wenige Gene festgelegt. Aber die wirklich spannenden Merkmale, die unsere Individualität ausmachen, sind sehr komplex und individuell erworben", so Prof. Hüther. Für das Ungeborene gelte dasselbe wie später für den Säugling, "es braucht Sinnesanregungen, Anreize, Stimulation. Der Prozess der Reifung und Strukturierung des Gehirns ist bei der Geburt zwar nicht abgeschlossen, aber er beginnt schon sehr früh im Mutterleib."
Im sich entwickelnden Gehirn bilden sich, so Prof. Hüther, erst die Nervenzellen und dann Verbindungen und Verschaltungen, die durch Gebrauch aktiviert werden müssen. "Was nicht gebraucht wird, baut sich unweigerlich wieder ab." - "Das Ungeborene schmeckt, hört, riecht und hat optische Eindrücke. Alle Sinnesanreize helfen dem Gehirn, Netzwerke anzulegen und auszubilden. Sinnliche Eindrücke aus dieser Zeit werden später vom Kind wiedererkannt und mit der Geborgenheit des Mutterleibs assoziiert."
Sollte man dem ungeborenen Kind also möglichst viele sinnliche Erlebnisse vermitteln? Prof. Hüther: "Normalerweise herrscht intrauterin genau das richtige Maß an Anregung, die das Kind braucht. Damit das Spektrum der Anregungen optimal genutzt werden kann, kommt es vor allem auf eines an: dass die Reifungsprozesse im Gehirn nicht durch Stress, Verunsicherung, Hektik und Angst der Mutter gestört werden."
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