Der Tagesspiegel: Krankenkassen: Rücknahme der Reformen würde Milliarden kostet
Berlin (ots)
Krankenkassen und Politiker haben davor gewarnt, die Gesundheitsreform rückgängig zu machen. "Wer jetzt das Zurückdrehen der Reformen fordert, nimmt in Kauf, dass die Kassen die Beiträge wieder anheben müssen", sagte Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker-Krankenkasse, dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Solche Forderungen aus der SPD seien "blanker Populismus". "Allein die Abschaffung der Praxisgebühr würde über zwei Milliarden Euro kosten", sagte er. "Und wenn man die Erhöhung der Kassenbei-träge für Betriebsrenten rückgängig macht, kostet das 1,6 Milliarden Euro". Dieses Geld müsse man dann an anderer Stelle einsparen. Klusen befand, ohne die Veränderungen wäre der durchschnittliche Beitragssatz auf 15 Prozent gestiegen. "Das hätte die Menschen noch stärker belastet und in den Unternehmen noch mehr Arbeitsplätze vernichtet."
"Wer sagt, die Praxisgebühr muss weg, muss gleichzeitig sagen, wo das Geld dann her-kommen soll", erklärte Ingo Kailuweit, Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse KKH. Damit setze man "bewusst die Beitragssenkung aufs Spiel". Die Praxisgebühr sei wichtig, weil damit zum ersten Mal die Chance bestehe, die Ausgaben für ärztliche Leistungen zu bremsen. Ob die Gebühr tatsächlich wie ein Steuerungsinstrument wirke, wisse man erst nach einem Jahr, nicht nach sechs Wochen. Die Krankenkassen-Chefs verlangten weitere Reformen. "Es darf jetzt keinen Reformstopp geben", sagte Klusen. Stattdessen müsse sich die Politik Gedanken über eine echte Reform machen. "Es ist mehr Wettbewerb unter den Ärzten und Krankenhäusern nötig, damit die Qualität für die Patienten besser wird", regte er an. Die Regierung müsse etwa den Aufbau von Gesundheitszentren in der ambulanten Versorgung erleichtern. KKH-Chef Kailuweit bemängelte, "es fehlt ein Beitrag von Ärzten, Krankenhäusern und der Pharma-Industrie zur Stabilisierung der Kosten". Durch mehr Wettbewerb oder eine Senkung der überhöhten Arzneimittelkosten könne man schon viel erreichen.
Auch Politiker wandten sich gegen Pläne zu einem Reformstopp. Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm sagte dem Blatt, eine Abschaffung Praxisgebühr "würde die Gesundheits-reform aushebeln". Sie sei "Kernelement der Agenda 2010". Storm verlangte jedoch Nach- besserungen bei der Belastung von Rentnern. Die geplante Besteuerung von Renten ab 2005 und das Erheben des vollen Krankenkassenbeitrags auf Betriebsrenten würden ins-gesamt "eine Gesamtbelastung ergeben, die viel zu hoch ist". Der CDU-Politiker verlangte, eine neue Gesamtlösung zu finden. Die Erhebung des vollen Beitragssatzes auf die B-triebsrenten schaffe "erhebliche Probleme mit dem Vertrauensschutz".
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