Der Tagesspiegel: Die früheren Kulturstaatsminister Michael Naumann und Christina Weiss über das Engagement des Bundes in Berlin und den künftigen Kultursenator
Berlin (ots)
Die frühere Kulturstaatsministerin Christina Weiss empfindet die die Haltung der Länder gegenüber der Hauptstadt als "hämisch". Im Gespräch mit dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe) beklagt sie die starr gehandhabte Kulturhoheit der Länder nach der Föderalismusreform. Dennoch hält Weiss die wiederholte Forderung, der Bund möge die Staatsoper übernehmen, aus verfassungsrechtlichen Gründen für falsch. Sie empfiehlt stattdessen ein verstärktes Engagement des Bundes "bei der kompletten Sanierung der Staatsoper und beim Humboldt-Forum. Das wäre ein klares Bekenntnis zur Hauptstadt und zur Geschichte Deutschlands." Und sie rät, "die Stiftung Preußischer Kulturbesitz vollständig in die Hand des Bundes zu übernehmen, also auch die 25 Prozent, die jetzt noch die Länder tragen".
"Zeit"-Herausgeber Michael Naumann, den Kanzler Schröder 1998 als ersten Kulturstaatsminister berief, sagte ebenfalls gegenüber dem "Tagesspiegel": "Es wäre furchtbar, wenn die Stadt das, worauf sie am meisten stolz sein kann, nämlich Kultur und Wissenschaft in der politischen Kleingemengelage leichtfertig verspielt." Anders als Weiss hält er es für möglich, "dass die Staatsoper aus dem zwar gut gemeinten, aber bislang nichtsnutzigen Verband der Opernstiftung herausgelöst und unter der Obhut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Bundeshand übergeben wird". Naumann plädiert außerdem für die Umwandlung von ein oder zwei Berliner Hochschulen in Bundesinstitutionen, "nach dem Vorbild der Schweiz, dem föderalistischsten Land der Welt". Für die Übernahme etwa der Humboldt-Universität genügte ein Verfassungszusatz. "Auf diese Weise," so Naumann, "könnte der Bund seiner lautstarken Bildungsrhetorik endlich einen revolutionären Schritt folgen lassen."
Beide Amtsvorgänger von Bernd Neumann machen sich dafür stark, dass die rot-rote Koalition einen eigenständigen Kultur- und Wissenschaftssenator beruft und die Kultur nicht in die Verantwortung eines Staatssekretärs in der Senatskanzlei übergibt. "Der Kultursenator kann mit Zeit wettmachen, was an Geld fehlt," sagte Christina Weiss. Michael Naumann hält den 49-jährigen André Schmitz, derzeit Chef der Berliner Senatskanzlei, für den fähigsten Kandidaten: "Schmitz wäre die Ideallösung für den Posten," sagte er dem Tagesspiegel.
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