Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Wahlen in Myanmar: Weder frei noch fair - und sicher nicht für alle zugänglich
Ethnische Diskriminierung bei Wahlen in Myanmar:
- Rohingya und andere Minderheiten von Abstimmung ausgeschlossen
- Stimmabgabe in von Minderheiten dominierten Regionen untersagt
- Schweigen aus der internationalen Gemeinschaft
Bei den bevorstehenden Wahlen in Myanmar am kommenden Sonntag, den 8. November, werden hunderttausende von Rohingya sowie Angehörige anderer Minderheiten von der Abstimmung ausgeschlossen. Denn entweder erlaubt die Verfassung ihnen gar kein Wahlrecht, oder sie werden aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit und Religion völlig ausgegrenzt, wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am heutigen Freitag kritisiert.
Die Wahlkommission des Landes untersagt die Stimmabgabe in mehreren von ethnischen Minderheiten dominierten Konfliktregionen, unter anderem in den Bundestaaten Kachin, Chin und Rakhine. "Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern in diesen Regionen effektiv das Wahlrecht entzogen - allein in Rakhine betrifft das bis zu eine Million Stimmberechtigte", kritisiert Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. "Diese weitreichende Entscheidung traf die Kommission im Geheimen und ohne ernsthafte Konsultation mit politischen Parteien, Kandidierenden oder lokalen Organisationen."
Tun Khin, Präsident der größten britischen Rohingya-Organisation Burmese Rohingya Organisation UK, erklärte gestern gegenüber der GfbV, Rohingya sowie viele weitere Minderheiten im Land würden durch die diskriminierende Wahlgesetzgebung ihrer Bürger- und Menschenrechte beraubt: "Mein Großvater war parlamentarischer Sekretär in Myanmar und arbeitete mit dem Unabhängigkeitshelden Aung San zusammen. Meine Eltern gehörten 1978 zu den 200.000 Rohingya, die während der blutigen Operation Dragon King des Militärs in Myanmar im Bundesstaat Rakhine nach Bangladesch fliehen mussten. Sie kehrten nach einigen Monaten im Exil zurück. Heute dürfen Menschen wie ich nicht wählen, wenn sie nicht beweisen können, dass sie in Myanmar geboren wurden oder dass ihre Familie seit Jahrhunderten dort ansässig ist. Die Entrechtung der Rohingya ist Teil des Genozids gegen uns - und die internationale Gemeinschaft unterstützt das, anstatt es zu verurteilen."
Am kommenden Sonntag bewerben sich über 7.000 Kandidierende aus 93 politischen Parteien um die 1.171 Sitze der beiden Kammern des Unionsparlaments und in den sieben Staats- und sieben Regionalparlamenten. Der aktuell dominierenden Nationalen Liga für Demokratie, die vermutlich auch die Wahl am Sonntag gewinnen wird, wird immer wieder diskriminierende Einflussnahme auf den Wahlprozess vorgeworfen. Sie habe rivalisierende Parteien ausgeschlossen, kritische Webseiten und kurzzeitig auch Myanmars größten Wahlbeobachter PACE in ihrer Arbeit behindert. Letzteres führte zu groben Fehlern in den Listen der Wahlberechtigten, einschließlich falscher Namen und der Aufnahme verstorbener Bürger. Von den etwa 53 Millionen Menschen im Land gehören etwa 70 Prozent der dominierenden Ethnie der Bamar an, die übrigen 30 Prozent verteilen sich auf die zahlreichen ethnischen Minderheiten. Ein Viertel der Sitze in allen legislativen Kammern sind für das Militär reserviert.
Sie erreichen Jasna Causevic unter j.causevic@gfbv.de oder 0551/49906-16.
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