Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Bewaffnete Konflikte in Äthiopien: Neues GfbV-Memorandum beleuchtet Hintergründe
Ein Dokument
Bewaffnete Konflikte in Äthiopien:
- Neues GfbV-Memorandum beleuchtet Hintergründe
- Erklärt die Motive der Konfliktparteien
- Kritisiert Vergehen und Rolle Deutschlands
Äthiopien steht am Rande eines Umbruchs, dessen genaue Folgen kaum absehbar sind. Mehrere Milizen haben sich gegen den amtierenden Präsidenten Abiy Ahmed verbündet und marschieren auf die Hauptstadt Addis Abeba. Einen Einblick in die komplexe Gemengelage und eine Einführung in die bewaffneten Konflikte Äthiopiens bietet ein neues Memorandum der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Äthiopien: Wie ein Staat vor den Augen der Welt schwere Menschenrechtsverletzungen begeht“ beleuchtet den aktuellen Konflikt in Tigray und die Situation in Oromia. Es erklärt die Motive der OLA und TPLF – Motive, die stark genug sind, um diese beiden bewaffneten Gruppen trotz unterschiedlicher ethnischer Hintergründe und historischer Spannungen nun zusammenhalten. Zudem kritisiert das Memorandum die schweren Menschenrechtsverletzungen nahezu aller Konfliktparteien und gibt politische Empfehlungen für eine mögliche Entschärfung der Lage. Innerhalb des letzten Jahres forderten die blutigen Konflikte tausende Todesopfer, mindestens zwei Millionen Menschen sind im Land auf der Flucht. Schätzungsweise 400.000 Menschen sollen von akuter Hungersnot betroffen sein.
„Derzeit stehen in Äthiopien alle Zeichen auf Eskalation. Ein möglicher Angriff auf Addis Abeba würde viele weitere zivile Opfer fordern. Der Konflikt befindet sich in mehrerlei Hinsicht an einem kritischen Punkt“, erklärt Nadja Grossenbacher, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. „Die öffentliche Rhetorik gegenüber den Tigrinya ist haarsträubend. Sie weckt bittere Erinnerungen an jene rhetorischen Vergleiche, die kurz vor der Durchführung anderer Genozide im Umlauf waren.“ Auch die Rolle Deutschlands, das auf wirtschaftlicher Ebene nach wie vor mit Äthiopien kooperiert und diese Zusammenarbeit noch vertiefen möchte, beleuchtet das Memorandum. Die GfbV hält wirtschaftliche Sanktionen gegen den äthiopischen Zentralstaat für zielführender als die bestehende Kooperation.
Die im Memorandum als Lösungsstrategie empfohlenen politischen Verhandlung müssten intensiv durch die internationale Gemeinschaft, vor allem die Afrikanische Union begleitet werden. Es müsste sichergestellt werden, dass keine der Konfliktparteien einen Friedensprozess für andere Ziele ausnutzt. Sanktionen, wie etwa das Einfrieren der Konten der jeweiligen Oberhäupter der Konfliktparteien, müssten von möglichst vielen Staaten getragen werden und sich nicht nur auf einzelne Konfliktparteien beschränken.
Wenn die unter Abiy Ahmeds Hand begangenen Verbrechen tatsächlich als Kriegsverbrechen zu werten sind, könnte der UN-Sicherheitsrat die den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) dazu zu befugen, einen internationalen Haftbefehl gegen ihn ausstellen zu lassen. Würde der äthiopische Ministerpräsident in dessen Folge zeitnah nach Den Haag transferiert, müssten die TPLF und die OLA nicht mehr zwingend in Addis Abeba einmarschieren, um ihr Ziel zu erreichen. Damit könnte das sich anbahnende Blutbad in Äthiopiens Hauptstadt noch verhindern. Aber: Es müsste sehr schnell gehen.
Das Memorandum „Äthiopien: Wie ein Staat vor den Augen der Welt schwere Menschenrechtsverletzungen begeht“ hängt dieser Mitteilung an. Eine gedruckte Kopie schicken wir Ihnen auf Anfrage gerne zu.
Sie erreichen Nadja Grossenbacher unter n.grossenbacher@gfbv.de oder 0551/49906-27.
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