Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Spaniens Position zur Westsahara: Interessen der Sahrauis spielen keine Rolle
Spaniens Position zur Westsahara:
- Spanien muss Selbstbestimmungsrecht der Sahrauis respektieren
- EU muss ihre Mitglieder zur Einhaltung des Völkerrechts bewegen
- Faktische Anerkennung der marokkanischen Besatzung der Westsahara sorgt für weitere internationale Verwerfungen
Spaniens unrühmliche Haltung zur Westsahara sorgt weiter für internationale Verwerfungen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sieht die Europäische Union in der Pflicht, unter ihren Mitgliedsstaaten auf die Einhaltung des internationalen Völkerrechts und ein Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht der Völker hinzuwirken. „Die Menschen in der Westsahara werden schon wieder zum Spielball einer Politik, in der ihre Interessen keine Rolle spielen“, kritisiert Nadja Grossenbacher, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. „Nur die Sahrauis selbst sollten über ihr Territorium bestimmen dürfen. Weder Marokko noch Spanien oder sonst ein Staat sollte dazu ohne Zustimmung der Sahrauis das Recht haben – schon gar nicht so gewaltvoll, wie Marokko es derzeit tut. Vielmehr läge es gerade in der Verantwortung Spaniens, sich um eine effektive Dekolonisierung der Westsahara zu bemühen.“
Spanien hat seine bis dahin neutrale Position bezüglich der Westsahara im März aufgegeben. Das hat auch zu Verstimmungen mit Algerien geführt. Die dortige Regierung hat nun Medienberichten zufolge einen seit 20 Jahren bestehenden Kooperationsvertrag mit Spanien suspendiert. „Algerien und Marokko sind in Bezug auf die Westsahara lokale Rivalen“, erinnert Grossenbacher. „UN-Mitgliedsstaaten, die Hoheitsgebiete verwalten, stehen in der Pflicht, die dort lebenden Menschen vor Missbrauch zu schützen. Dieser völkerrechtlichen Verpflichtung ist Spanien offensichtlich nie nachgekommen. Vielmehr befeuert das EU-Mitglied durch seine Haltung die Konflikte um das umkämpfte Gebiet.“ Das sei nicht hinnehmbar. Die GfbV bekräftigt daher ihre Forderung nach der Einhaltung des internationalen Völkerrechts sowie der Durchführung eines lang verschleppten Referendums über den Status der Westsahara.
Brüssel verhält sich in dem Konflikt bisher opportunistisch. Erst im September hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) einen Vertrag der EU mit Marokko annulliert, der europäischen Fischerei-Flotten Zugang zu den Gewässern der Westsahara gewährt hätte. Die Sahraui-Organisation Front Polisario hatte dagegen geklagt. Einige Monate zuvor hatte der damalige US-Präsident Donald Trump Marokkos Anspruch auf die Westsahara anerkannt und damit diplomatische Beziehungen zu Israel erkauft.
Spanien hat sich 1966 auf Basis des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ (Resolution 2229(XXI)) für die Dekolonisierung der Westsahara ausgesprochen, ließ jedoch 11 Jahre später die Besatzung durch Marokko zu. Noch im selben Jahr, 1975, erklärte der Internationale Gerichtshof (ICJ) die Besatzung in einer „Advisory Opinion“ für unzulässig. Bis heute befindet sich die Westsahara auf der Liste der „non-self governing territories“ (Deutsch: Hoheitsgebiete ohne Selbstverwaltung), auf die sie ursprünglich 1963 gesetzt wurde.
Sie erreichen Nadja Grossenbacher unter n.grossenbacher@gfbv.de oder 0551/49906-27.
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