Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Politische Gefangene in der Türkei: Neuer Haftprüfungstermin für Nevzat Öztürk
Neuer Haftprüfungstermin für Nevzat Öztürk:
- Kurdischer Aktivist könnte nach 31 Jahren freikommen
- Jüngster PKK-Anschlag erschwert politische Lösung der kurdischen Frage
- Auch der türkische Staat muss auf Gewalt verzichten
Am kommenden Mittwoch, den 11. Oktober, endet die willkürliche Verlängerung der Haft des kurdischen Aktivisten Nevzat Öztürk in der Türkei. „Ich hoffe, dass mein Vater endlich entlassen wird und wir uns nach 31 Jahren wiedersehen“, erklärte Jiyan Öztürk, die Tochter des politischen Gefangenen heute gegenüber der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Ich möchte mich schon jetzt bei allen bedanken, die den Appell an die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg, unterzeichnet und sie aufgefordert haben, sich für die Freilassung meines Vaters einzusetzen.“
„Der jüngste Anschlag der PKK auf das türkische Innenministerium und die darauffolgenden Massenverhaftungen und Luftangriffe gegen Kurden zeigen einmal mehr, dass Krieg, Gewalt und Terror die seit mindestens 100 Jahren auf eine gerechte Lösung wartende kurdische Frage nicht lösen werden“, erklärte GfbV-Nahostexperte Dr. Kamal Sido. „Sie schüren nur noch mehr Hass und erschweren politische Lösungen. Die kann es nur geben, wenn beide Seiten die Gewalt einstellen.“ Doch anstatt beide Seiten dazu aufzufordern, stellen sich Bundeskanzler Olaf Scholz und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg uneingeschränkt auf die Seite des türkischen Staates. Dieser versucht seit seiner Gründung, die kurdische Sprache, Kultur und Identität zu vernichten. „Dialog und politische Verhandlungen zwischen dem türkischen Staat und den Kurden in der Türkei können auch dazu beitragen, die Lage in den angrenzenden kurdischen Gebieten in Syrien, im Irak und im Iran zu stabilisieren. In einem solchen Prozess könnten dann auch zehntausende politische Gefangene wie Nevzat Öztürk zu ihren Familien zurückkehren. Sie sitzen oft seit mehr als 30 Jahren in türkischen Gefängnissen“, so Sido.
Der Kurde Nevzat Öztürk setzte sich schon als junger Mann für die Rechte seines unterdrückten Volkes in der Türkei ein. 1992 – vor 31 Jahren – wurde er festgenommen. In Istanbul, weit weg von seiner Heimat, wurde er auf Anordnung des Staatssicherheitsgerichts inhaftiert. Nach 14 Tagen Misshandlungen auf einer Polizeistation verurteilte ihn das Gericht wegen „Zerstörung der Einheit und Integrität der Türkei“ zu lebenslanger Haft. Im Juni dieses Jahres sollte der Kurde eigentlich entlassen werden - doch seine Haft wurde um drei Monate verlängert. Die Begründung: Er habe im Gefängnis „nicht sparsam mit Strom umgegangen“ und „nicht genug Bücher in der Gefängnisbibliothek gelesen“.
Nevzat Öztürk ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Seine Tochter Jiyan, die heute in Köln lebt, war drei Jahre alt, sein Sohn ein Jahr. Der Häftling ist herzkrank. Er wird immer wieder verlegt. Besuchs- und Telefonverbote sind an der Tagesordnung. Ehefrau und Sohn, die noch in der Türkei leben, müssen 1300 Kilometer zu ihm fahren - und werden manchmal abgewiesen. Auch hier herrscht staatliche Willkür.
Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.
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