Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Weitere Gewalteskalation im Sudan: Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung gefordert
Partnerinnen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) im Sudan berichten heute telefonisch von einer unmittelbar bevorstehenden Eskalation in El Fasher (Darfur), während bereits in weiten Teilen des Landes Gewalt, Vertreibung und Hunger herrschen. „Es darf nicht sein, dass die Regierungskrise in Deutschland sich negativ auf die notleidende Bevölkerung des Sudan auswirkt. Trotz der andauernden Gewalt müssen hier kontinuierlich Zugänge für humanitäre Hilfe gefunden und Schutzmaßnahmen für die Notleidenden umgesetzt werden“, appelliert Sarah Reinke, Leiterin der Menschenrechtsarbeit der GfbV, in einem Brief an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock.
In einem Telefonat berichtete eine Mitarbeiterin der „Bana Group“, die im Sudan Friedensarbeit leistet, dass die Rapid Support Forces (RSF, unter Mohamed Hamdan Daglo, genannte Hemedti) in Darfur gezielt Angehörige der Zahgawa angreifen, unter anderem mit Scharfschützen. In der Stadt El Fasher werde täglich gekämpft, Frauen würden vergewaltigt und Menschen vertrieben. „Frauen sind in El Fasher in großer Gefahr, von den Soldaten der Armee des Sudan aufgegriffen, verhaftet und eingesperrt zu werden. Der Geheimdienst meint, von ihnen Informationen über die RSF bekommen zu können, denn Männer riskieren ihr Leben, wenn sie die von der RSF kontrollierten Stadtteile betreten. Die Frauen versuchen, durch die Kampflinien zu kommen, die RSF stoppen sie selten. Mit den Verhaftungen der Frauen ist hier die Zahl der Vergewaltigungen stark angestiegen. Weder die Armee des Sudan noch die RSF lassen zu, dass die Zivilisten aus der belagerten Stadt fliehen“, berichtet die Mitarbeiterin der „Bana Group“. El Fasher könne in den nächsten Tagen an die RSF fallen.
Sie erklärt, in der Stadt Tambul, im Staat Gezira im Zentralsudan, drohe ein Völkermord: „Hier wird jeder, der nicht aus Darfur stammt, von der RSF getötet – es sei denn, er schließt sich der Miliz an. Ebenfalls im Bundesstaat Gezira liegt der Ort Alhilaliya, wo die RSF wahllos Menschen erschießen. Todesfälle aufgrund von Lebensmittelvergiftungen und einem Choleraausbruch versetzen die Menschen zusätzlich in Angst und Schrecken.“ Die RSF habe diese Region in ein riesiges Gefängnis verwandelt. Pro Stunde sterbe hier ein Mensch, meldet der sudanesische Ärzteverband.
„Im Bundesstaat Weißer Nil lebt die Bevölkerung in Rabak unter einem Belagerungszustand, das Internet fällt ständig aus, die Menschen harren aus und haben Angst vor einem Angriff der RSF. Die gleiche Situation wird aus Eldowaim berichtet“, heißt es in den Informationen, die die GfbV an das Auswärtige Amt weitergeleitet hat.
In Kordofan hätten sich viele Geflüchtete versammelt und suchten Schutz und Nahrung. Doch die Situation könne jederzeit eskalieren. Es gebe nur zwei Gebiete im Sudan, wo man relativ sicher sei, berichten die GfbV-Partnerinnen. Diese seien Süd-Kordofan und Jabal Marra, eine Region in Darfur. Sie werden weder von der RSF noch von der sudanesischen Armee kontrolliert. Beide versuchen aber, auch hier die Kontrolle zu gewinnen und die lokalen Machthaber in den tödlichen Konflikt hineinzuziehen.
Sie erreichen Sarah Reinke unter s.reinke@gfbv.de oder 0551/49906-13.
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