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Börsen-Zeitung: Schock aus Zürich, Kommentar von Daniel Schauber zum völlig überraschenden sofortigen Rücktritt des ABB-Chefs Fred Kindle

Frankfurt (ots)

Als würde die Schweiz von ihren Banken nicht
schon genug erschüttert: Nun kommt auch noch von einem 
Vorzeige-Industriekonzern der Eidgenossenschaft ein richtiger 
Schocker. Knall auf Fall tritt Fred Kindle, der CEO des 
Elektrotechnik- und Maschinenbaukonzerns ABB, ab - wegen 
"unüberbrückbarer Differenzen über die Führung des Unternehmens", wie
der Konzern in entwaffnender Offenheit meldet. Nach dem 
Führungsstreit übernimmt Finanzchef Michel Demaré vorläufig die 
Geschäfte.
Dass ABB die brisante Personalie einen Tag vor der geplanten 
Bilanzvorlage bekannt geben muss, auf der Kindle über ein Rekordjahr 
bei ABB hätte berichten können, steigert die Dramatik nur noch. Für 
langjährige ABB-Aktionäre ist das ein schreckliches Déjà-vu-Erlebnis.
Schon Kindles beide Vorvorgänger Jörgen Centerman und Göran Lindahl 
wurden vom Verwaltungsrat überstürzt vor die Tür gesetzt. Und nach 
diesen überraschenden Management-Wechseln kam stets ans Licht, dass 
es brannte bei ABB.
Dieses Mal dürfte es anders sein, und so war die panische Reaktion
der Börse am Mittwoch wohl fehl am Platze. Die Aktie stürzte um bis 
zu 10% ab, was bedeutet, dass 4Mrd. Euro Börsenwert verpufften. Und 
das, obwohl der Konzern die Anleger beruhigte, indem er einen Tag vor
der geplanten Veröffentlichung erste Eckdaten des vergangenen Jahres 
vorlegte. Denen zufolge lief operativ alles bestens: Auftragseingang,
Umsatz, Ergebnis und Dividende steigen nach dem Rekordjahr 2007 
kräftig. Der ABB-Konzern, unter Lindahl und Centerman noch ein 
Sanierungsfall, steht voll im Saft. An der Performance von Kindle 
kann es also kaum gelegen haben, dass er zurücktritt.
Was war es aber dann? Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass
es zwischen Kindle und dem Verwaltungsrat in der Frage der 
Wachstumsstrategie schon lange Differenzen gibt. Der 
Siemens-Konkurrent ABB hat in den vergangenen Jahren enorm von der 
starken Konjunktur profitiert und gewaltige Cash-Reserven angehäuft. 
Doch bei Akquisitionen hielt sich der ehemalige McKinsey-Mann, der 
ein kühler Rechner ist und aus seiner Mannschaft das Letzte 
herauspresst, stets zurück.
Wie es jetzt weitergeht bei ABB, ist offen. Kindle stand für die 
Strategie eines disziplinierten organischen Wachstums. Ein neuer 
ABB-Chef könnte bei der Expansion eine neue Marschroute verfolgen.
(Börsen-Zeitung, 14.2.2008)

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