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Börsen-Zeitung: Vom Dunkel ins Licht, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Fast könnte man meinen, die Spatzen pfeifen es
schon von den Dächern. Zumindest sind sich aber fast alle Analysten 
darüber einig: In Sachen Kreditkrise ist das Schlimmste überstanden, 
heißt es allerorten. Spätestens zur Jahresmitte ist das Licht am Ende
des Tunnels klar zu erkennen. Es geht wieder aufwärts. Und zum 
Jahresende erscheinen die Aussichten für die Kapitalmärkte dann 
wieder in strahlendem Licht.
Nach dieser Argumentation hat die Kreditkrise bereits ihren Zenit 
überschritten, wie eine in Frankfurt beheimatete Bank - um nur eines 
von vielen Häusern anzuführen - vor wenigen Tagen in einer 
Research-Note anmerkte. Die Krise werde in diesem Jahr auslaufen, 
"der Großteil der Verluste der Banken sollte dann offengelegt sein", 
wie die Bank hofft.
Immerhin räumen die Analysten ein, dass am Aktienmarkt starke 
Nerven weiterhin gefragt sein werden, weil die realwirtschaftlichen 
Daten gerade in den USA auch in den kommenden Monaten noch 
"ausgesprochen durchwachsen" ausfallen werden. Da aber der 
Aktienmarkt die fundamentalen Entwicklungen um rund ein halbes Jahr 
vorwegnehme, laufe dies nicht automatisch auf fallende Notierungen 
hinaus, wird rasch hinzugefügt.
Zwar haben sich die Märkte in den vergangenen Wochen in der Tat 
erholt. So hat sich der Dax beispielsweise gegenüber seinem Tiefpunkt
vom März um rund 8% befestigt. Daraus aber bereits die grundlegende 
Wende zum Besseren und das Ende der Kreditkrise ableiten zu wollen, 
ist derzeit doch recht verwegen.
Das von vielen Instituten propagierte optimistische Szenario hängt
an zwei Grundvoraussetzungen. Zum einen wird postuliert, dass die 
Banken ihre Beichten bereits zum großen Teil hinter sich haben, und 
zum anderen wird vermutet, dass die Rezession in den USA, wenn es 
denn überhaupt so weit kommt, äußerst leicht ausfallen wird.
Bei beiden Voraussetzungen sind Zweifel angebracht. Insbesondere 
die Erwartung, dass keine umfangreichen neuen Verluste in den 
Subprime-Portfolien der Banken mehr ans Licht kommen werden, 
erscheint fragwürdig. Bekanntlich sind die im Feuer stehenden 
Portfolien sehr viel größer als die aus ihnen stammenden und bereits 
öffentlich eingestandenen Verluste. Im Fall einer Verschlechterung 
des Umfelds oder einer sich intensivierenden Vertrauenskrise ist mit 
weiteren Problemen zu rechnen.
In diesem Zusammenhang ist es entgegen den zuversichtlichen 
Äußerungen vieler Analysten auffällig, dass die Banken untereinander 
nach wie vor ein ausgeprägtes Misstrauen zeigen. So sind die Sätze am
Interbanken-Geldmarkt bei den längeren Laufzeiten immer noch 
ungewöhnlich hoch. Der Dreimonats-Euribor steht weiter bei rund 
4,75%, also deutlich über dem Leitzins der Europäischen Zentralbank 
von 4%. Zudem berichten Händler, dass es sehr unterschiedliche Sätze 
gibt, die die einzelnen Adressen zu entrichten haben. Von einem Ende 
der Krise ist am Interbankenmarkt also nichts zu erkennen.
Auch bei der zweiten Grundvoraussetzung, nämlich der Erwartung, 
dass es zu keiner oder nur einer ganz schwachen Rezession kommt, sind
Zweifel angebracht. Es ist nach wie vor unwahrscheinlich, dass die 
Krise in den USA auf den Bankensektor beschränkt bleibt, ohne dass 
der Unternehmenssektor in Mitleidenschaft gezogen wird. Der Markt für
Wohnimmobilien ist bereits kräftig eingebrochen, und auch hier ist es
absolut unklar, ob das Schlimmste wirklich überstanden ist.
Wenig zuversichtlich stimmt auch, was hinter vorgehaltener Hand zu
hören ist. So manchem Analysten soll derzeit von Bankvorständen 
untersagt werden, das böse "R-Wort" in den Studien zu verwenden. 
Darüber hinaus sollen Institute Druck auf die für sie zuständigen 
Analysten ausüben und damit drohen, bei Veröffentlichung von 
deutlichen Hinweisen auf noch drohende Belastung die 
Geschäftsbeziehungen zu den Häusern, bei denen die Analysten tätig 
sind, zu überdenken.
Und last but not least ist auch das Marktsentiment für einen 
echten Wendepunkt noch viel zu positiv. Von einer Kapitulation der 
Anleger (und Analysten) ist derzeit herzlich wenig zu spüren.
(Börsen-Zeitung, 12.4.2008)

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