Börsen-Zeitung: Auf Abenteuerreise, Kommentar zum Kampf um den Marktforscher TNS von Walther Becker
Frankfurt (ots)
"Arbeitslosigkeit und Inflation führen Sorgenliste an", ist die Pressemeldung aus dem Hause GfK zur Konjunkturlage überschrieben. Die Führung des Nürnberger Marktforschers treibt ganz andere Pein um: die ungewisse eigene Zukunft. Das an der Börse noch 800 Mill. Euro schwere MDax-Mitglied läuft Gefahr, sich zu übernehmen. Die GfK wagt ein Abenteuer, um Martin Sorrell, den Chef von WPP, dem zweitgrößten Werbekonzern der Welt, aus dem Fusionsspiel mit dem britischen Wettbewerber TNS zu halten. Sie ist bereit, mehr als 1,35 Mrd. Euro Cash in die Hand zu nehmen, um für TNS zu bieten und WPP mit der kombinierten Offerte aus Aktien und Barem auszustechen. Dafür soll noch ein Co-Investor aus dem Hut gezaubert werden.
Offenbar hatten TNS und GfK die Marktforschung in eigener Sache, am Kapitalmarkt, nicht sorgfältig betrieben. Nun müssen die Nürnberger einen Aufschlag offerieren, während der geplante Merger of Equals den Aktionären keine Prämie versprach. Sorrell verließ nun die Seitenlinie und hat das Spielfeld betreten, nachdem er zuvor vom Rand aus gestört hatte. Den Platz wollten GfK und TNS eigentlich allein beherrschen. Doch WPP, mit der Tochter Kantar die Nummer 3 der Marktforscher, will das Entstehen eines mächtigen Gegenspielers verhindern.
Und was macht GfK? Sie lässt sich auf den Bieterkampf gegen die stärkere WPP ein. Indessen: Sorrell ist bekannt dafür, dass er nicht zu viel offeriert. Die GfK muss ihn übertrumpfen, um zum Ziel zu kommen, und eine Kontrollprämie zahlen, auch um eigene Anteilseigner und die Politik zufriedenzustellen, die sich gegen eine Verlagerung der GfK nach London stellen.
TNS wird jetzt mit dem 16,1fachen des für 2009 erwarteten Gewinns bewertet, GfK notiert beim 9,9fachen. Dabei ist das deutsche Unternehmen weitaus ertragsstärker als die Briten. Der Kurs von TNS reflektiert schon ein Angebot von 280 Pence. Damit und mit dem Rutsch der GfK-Aktie offenbaren Investoren eindeutig ihr Kalkül. Dass ein Bieterstreit das operative Geschäft lähmt und Kunden wie Belegschaft verunsichert, ist klar. Eine feindliche Übernahme durch WPP ist ebenfalls schädlich in dem "People's Business". Doch wer weiß, vielleicht macht Sorrell noch auf dem Absatz kehrt. Dann wäre die GfK am Ziel - doch um den Preis hoher Schulden und fehlender unternehmerischer Flexibilität.
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