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Börsen-Zeitung: Im Griff des Bären, Kommentar zu den Aktienmärkten von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Die Handelswoche hat mit einem Paukenschlag
geendet: Die Aktienmärkte sind zeitweise unter erheblichen 
Verkaufsdruck geraten. Viele Indizes sackten unter die bisherigen 
Tiefstände im Rahmen der Krise ab. Der EuroStoxx 50 sank auf den 
niedrigsten Stand seit fünf Jahren. Der Dax schneidet bislang noch 
etwas besser ab. Er gab am Freitag bis auf 4067 Punkte nach, womit er
sich noch oberhalb des Tiefs vom November hielt, als er bis auf 4014 
Zähler abgesackt war. Marktbeobachter gehen davon aus, dass der 
deutsche Leitindex das November-Tief in der neuen Handelswoche 
unterbieten wird.
Die Lage ist durchaus ernst - trotz der Erholung, die am 
Freitagnachmittag einsetzte. Wie es scheint, gibt es kaum noch 
Sektoren am Aktienmarkt, die sich der Krise entziehen können. Zum 
Wochenausklang gerieten nun auch die Versicherer unter die Räder. Die
Branche hatte sich bislang deutlich besser gehalten als die Banken. 
Nun ist aber wohl das Vertrauen der Anleger in diese Titel dahin. Zu 
schaffen hat den Titeln eine Analystenstudie gemacht, gemäß der dem 
US-Versicherer Aflac dramatische Verluste bei HybridAnleihen drohen.
Was derzeit vornehmlich am Aktienmarkt gespielt wird, sind die 
sich rapide eintrübenden Konjunkturaussichten. Es zeichnet sich 
mittlerweile klar ab, dass es statt der erhofften V-förmigen 
Rezession, bei der einem kräftigen Rückgang ein steiler Wiederanstieg
folgt, mindestens zu einer U-förmigen Rezession kommen wird, mit 
einer Dauer von mindestens 24 Monaten.
L-Form statt V-Form
Einige US-Ökonomen gehen inzwischen sogar davon aus, dass die 
Erholung in den Jahren 2010 und 2011 sehr mäßig ausfallen könnte - 
mit einem Wachstum des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts in der 
Größenordnung von gerade einmal 1% pro Jahr. Für Deutschland sieht 
die Perspektive noch düsterer aus. Der Internationale Währungsfonds 
IWF prognostiziert für Deutschland für das kommende Jahr ein 
Wirtschaftswachstum von gerade 0,1%. Dies wäre dann die gefürchtete 
L-förmige Rezession. Sollte sich letzteres Szenario an den Börsen 
durchsetzen, ist mit weiteren sehr kräftigen Kursverlusten zu 
rechnen. So wird beispielsweise dem wichtigsten amerikanischen 
Benchmark-Index, dem Standard&Poor's 500, für diesen Fall 
vorausgesagt, dass er bis auf 500 oder 600 Punkte fallen könnte. Im 
November hatte er bereits bis auf rund 750 Punkte nachgegeben. Die 
europäischen und asiatischen Börsen würden dann unweigerlich der Wall
Street folgen.
Verstärkt wird das negative Marktsentiment durch eine 
unerfreuliche Quartalssaison. Die Analysten der DZ Bank erwarten für 
die Wall Street einen Rückgang der Ergebnisse um 15 bis 20% -trotz 
eines eigentlich positiven Basiseffekts aufgrund des bereits 
schwachen Vorjahresquartals.
Verkäufe der Hedgefonds
Es gibt noch einen weiteren Faktor, der auf den Märkten lastet. Im
Februar und März wird es wieder zu umfangreichen Verkäufen durch 
Hedgefonds kommen. Investoren, die ihr Geld dort angelegt haben, 
müssen Mittelrückzüge zum Quartalsende bis Mitte Februar bei den 
Fonds anmelden. Im Herbst hatte der Abbau von Positionen durch die 
Hedgefonds bereits erheblich zu den weltweiten Kurseinbrüchen 
beigetragen. In den kommenden Wochen dürfte es nicht viel anders 
werden, befürchten Analysten.
Der von Experten vorausgesagte dramatische Mittelabfluss aus den 
Hedgefonds um fast 1 Bill. auf dann nur noch 1 Bill. Dollar 
Anlagevolumen ist noch nicht allzu weit fortgeschritten - genauso wie
die Banken noch den Löwenanteil der Verarbeitung ihrer toxischen 
Assets vor sich haben. Es wäre daher töricht anzunehmen, im Rahmen 
der Krise sei das Schlimmste schon vorüber.
In den kommenden Tagen steht nur wenig an, was den Anlegern Trost 
spenden könnte. Die Zinsentscheidung der amerikanischen Notenbank am 
Mittwoch dürfte angesichts der Tatsache, dass die Fed ihr Pulver 
weitestgehend verschossen hat, aus Marktsicht eher zu einem Non-Event
werden. Damit werden die Quartalsberichte und zumeist düsteren 
Ausblicke der US-Unternehmen die Richtung vorgeben. Die Börse 
befindet sich damit auch in den nächsten Tagen fest im Griff des 
Bären.

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