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Börsen-Zeitung: Erpressung der Steuerzahler, Kommentar von Annette Becker zur Drohung von Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick mit der Insolvenz von Karstadt

Frankfurt (ots)

Sollte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick
Freiheitsstrafe drohen? Oder ist sein Erpressungsversuch des 
deutschen Steuerbürgers als Lappalie abzutun, für die eine milde 
Geldstrafe ausreicht, um derartiges Verhalten in der Zukunft zu 
unterbinden? Oder schadet Eick mit seinen täglich lauter werdenden 
Rufen nach Staatsgeld nur einfach der eigenen Reputation und der des 
Unternehmens Arcandor?
Gemäß §253 des Strafgesetzbuches jedenfalls ist die Drohung mit 
der Insolvenz von Karstadt und nachfolgend Arcandor, der in 
Deutschland mehr als 50.000 Arbeitsplätze - Karstadt-Chef Stefan 
Herzberg brachte es am Wochenende gar auf mehr als 100.000 
Arbeitsplätze - zum Opfer fallen könnten, als verwerflich und 
insofern als rechtswidrig anzusehen. Und dieser Versuch ist, nimmt 
man das Strafgesetzbuch wörtlich, strafbar. Doch das scheint in 
Essen, dem Firmensitz des Handelskonzerns, kaum noch ins Gewicht zu 
fallen; zumal der Steuerbürger inzwischen fast täglich Strafanzeige 
erstatten müsste.
Auch wenn die Aktie nach der Aussage Eicks "ohne Bürgschaft ist 
für Karstadt am 12. Juni Schluss" am Montag zwischenzeitlich ein 
Viertel ihres Wertes verlor, dürften Eicks Verbalattacken gen Berlin 
durchaus auch beim Aufsichtsratsvorsitzenden Friedrich Carl Janssen, 
persönlich haftender Gesellschafter der Privatbank Sal. Oppenheim und
damit Repräsentant des Hauptaktionärs, auf Beifall stoßen. Denn 
Bürgschaften und Kredite, die die Bundesregierung auslegte, müssten 
die Oppenheim-Familien schon nicht aufbringen.
Zumindest aber scheinen die Steuerbürger in Wirtschaftsminister 
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) einen Verfechter ihrer Interessen 
gefunden zu haben, was im Wahljahr 2009 keine Selbstverständlichkeit 
ist. Nach allem, was bislang aus der Berliner Scharnhorststraße an 
die Öffentlichkeit dringt, wird der Wächter über den Bürgschaftsfonds
die Lichter in Essen ausgehen lassen. Sicher, noch sind fast drei 
Wochen Zeit, um den Meinungsumschwung in Berlin herbeizuführen. Dabei
wird es Eick weder an der Unterstützung der 
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi noch am Beistand zahlreicher 
Kommunalpolitiker mangeln, die um die Verödung ihrer Innenstädte 
bangen. Doch wenn der Erpressungsversuch schon nicht strafrechtlich 
geahndet wird, sollte ihm zumindest kein Erfolg beschieden sein.
(Börsen-Zeitung, 26.5.2009)

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