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Börsen-Zeitung: Zocken statt absichern, Kommentar zum Goldpreis von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Eigentlich müsste man das Umfeld der
Kapitalmärkte als blendend ansehen. Die weltweite Finanzkrise ist 
dank der massiven Hilfsmaßnahmen der Staaten überstanden. Die 
Weltwirtschaft hat die Rezession hinter sich gelassen, und die 
Zeichen stehen auf weiteres Wachstum. Gleichwohl haben die 
Notenbanken noch keine Anstalten gemacht, zu einer restriktiveren 
Geldpolitik zurückzukehren. Die Aktienmärkte rund um den Globus 
feiern dies seit dem Frühjahr mit einer enormen Hausse, die - folgt 
man der Einschätzung der meisten Aktienstrategen - in eine 
Jahresendrally münden dürfte. Alles eitel Sonnenschein, sollte man 
meinen.
Eine große Gruppe von Anlegern scheint die Lage jedoch ganz anders
einzuschätzen: Sie flieht in Gold. Die Nachfrage nach dem Edelmetall 
ist sprunghaft gestiegen, erst vor wenigen Tagen hat der Goldpreis 
mit 1152,75 Dollar je Feinunze ein Allzeithoch markiert. Die meisten 
Rohstoffexperten sind sich sicher, dass die Rally noch lange nicht 
vorüber ist. So sagt etwa der bekannte Investor Jim Rogers voraus, 
dass sich der Preis des Edelmetalls binnen zehn Jahren verdoppeln 
wird.
Folgt man traditionellen Erklärungsmustern, müssten Investoren in 
das Edelmetall ausweichen, weil es als sicherer Hafen in Zeiten von 
Krise, Inflation und des Verfalls des Außenwerts des US-Dollar gilt. 
Diese Ansätze erklären den aktuellen Goldrausch der Anleger jedoch 
nur sehr unzureichend.
Negative Korrelation
Auffällig ist, dass der Zeitpunkt des neuen Höhenflugs des Goldes 
mit einer Schwächeperiode des Dollar korrespondiert. Der Greenback 
befindet sich momentan gegenüber einem Korb der wichtigsten sechs 
Partnerwährungen auf dem niedrigsten Stand seit mehr als einem Jahr. 
Der Goldpreis weist zwar traditionell eine hohe negative Korrelation 
mit der US-Währung auf, was vor allem daran liegt, dass die 
Produzenten traditionell in Dollar abrechnen. Allerdings fällt auf, 
dass die Korrelation aktuell gar nicht so hoch ist, wie sie es sein 
müsste, wenn der Dollarkursverfall der wesentliche Treiber der Hausse
wäre. So ist der Kurs des Euro inzwischen auf den Stand per Anfang 
Oktober zurückgefallen. Alle Versuche der Gemeinschaftswährung, 
nachhaltig über die Marke von 1,50 Dollar vorzudringen, sind bislang 
gescheitert. Gold hat sich jedoch davon unbeeindruckt weiter 
verteuert.
Skepsis ist auch angebracht hinsichtlich der Argumentation, dass 
Inflationsängste ein wesentlicher Faktor der Edelmetallhausse sind. 
So ist die Geldentwertung momentan in allen bedeutenden Weltregionen 
extrem niedrig, mit Japan ist jetzt sogar eine der wichtigsten 
Volkswirtschaften wieder in die Deflation gerutscht. Was den 
mittelfristigen Ausblick betrifft, scheinen wegen der Perspektive der
Normalisierung der Geldpolitik durch die Notenbanken 
Deflationsszenarien realistischer zu sein. Erst auf längere Sicht 
könnte es zu einer akzelerierten Geldentwertung kommen. Es ist aber 
zu bezweifeln, dass sich die Mehrzahl der Goldinvestoren langfristig 
in dem Edelmetall engagieren will.
Mittel zur Werterhaltung
Auch als klassisches Mittel zur Werterhaltung im Krisen- und 
Katastrophenfall dient Gold derzeit überwiegend nicht. Rund um den 
Globus haussierende Aktienkurse, engere Spreads auf den 
Credit-Märkten und deutlich erholte Preisniveaus bei Öl und anderen 
Rohstoffen signalisieren nämlich, dass der Optimismus und die 
Risikobereitschaft der Anleger steigen.
Gold wird derzeit von institutionellen und privaten Investoren 
also vorwiegend zu spekulativen Zwecken gekauft, in der Hoffnung, 
dass der Preis noch kräftig weiter steigt. Auf dieses Motiv deuten 
auch die Daten der amerikanischen Terminbörsenaufsicht Commodities 
Futures Trading Commission (CFTC) hin, die von sehr umfangreichen 
Engagements spekulativer Adressen künden. Getragen wird die Nachfrage
zudem durch die nach wie vor überbordende Liquidität auf den 
Finanzmärkten.
Die Hausse bei Gold und den anderen Edelmetallen wird sich 
voraussichtlich noch eine Weile fortsetzen. Ihr Ende ist aber bereits
absehbar: Sobald die Notenbanken ernsthaft damit beginnen, die 
Überschussliquidität einzusammeln und die Leitzinsen anzuheben, wird 
die Party vorüber sein.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion
Claus Döring
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