Börsen-Zeitung: Vergessene Altlasten, Kommentar von Andreas Heitker zur Veröffentlichung des Eckpunkte-Papiers als teil des Atomkompromisses der Regierung
Frankfurt (ots)
Der Atomkompromiss der Regierung kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Nach den zu befürchtenden Wettbewerbsproblemen standen zuletzt vor allem die Vereinbarungen mit den Atomkonzernen über deren Zahlungen in einen Öko-Förderfonds am Pranger: Von einem Montag früh um 5.23 Uhr unterzeichneten Geheimabkommen war die Rede, das der Öffentlichkeit verschwiegen wurde. Und es wurde der fatale Anschein erweckt, Kungeleien zwischen der Regierung und der Atomwirtschaft seien in einer Nacht-und-Nebel-Aktion hier fixiert worden.
Es zeigt sich jetzt aber, dass die unterzeichneten Interessensbekundungen durchaus kluge Ansätze enthalten: Die Atomkraftwerksbetreiber verpflichten sich demnach, bis 2016 insgesamt 1,4 Mrd. Euro in einen Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien zu zahlen. Danach werden die Beiträge der Unternehmen unter anderem an die Inflation und den Strompreis gekoppelt, damit der Staat immer mehr als die Hälfte der Zusatzgewinne aus dem längeren Betrieb der Atommeiler abschöpfen kann. Darauf hatten alle Beteiligten zwar schon in den Stunden nach der Einigung hingewiesen. Es ist in der Öffentlichkeit aber schlicht untergegangen.
Daher ist es gut, dass die Bundesregierung sich nun endlich dazu durchgerungen hat, das Eckpunkte-Papier, das Teil des Atomkompromisses ist, im Detail zu veröffentlichen. Warum eigentlich nicht gleich so? Es ist doch unstrittig, dass solche Verabredungen über Zahlungen in Milliardenhöhe der Schriftform bedürfen. Die Regierung muss sich absichern. Und die Konzerne werden ihren Aktionären ebenfalls erklären müssen, auf welcher Grundlage sie so viel Geld in einen Öko-Fonds einzahlen.
Fast noch interessanter als die Vereinbarungen sind aber ohnehin die Punkte, die sich nicht in dem Papier wiederfinden. So wird das Thema Atommüll völlig ausgeklammert. Die Konzerne haben es geschafft, die Sanierung des maroden Lagers Asse komplett auszublenden. Hierfür werden nun aus dem Bundesetat mehrere Milliarden Euro fließen. Ein großer Teil der neuen Kernbrennstoffsteuer wird hierfür eingeplant werden müssen. Und durch die im Schnitt zwölf Jahre längeren Laufzeiten der Meiler werden 4400 Tonnen zusätzlicher Atommüll produziert. Was damit passiert, steht ebenfalls nicht in der Vereinbarung. Aber das kann man um 5.23 Uhr ja schon mal vergessen.
(Börsen-Zeitung, 10.9.2010)
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