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Börsen-Zeitung: Die Fed im Wartemodus, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots)

Und wieder einmal sind sie enttäuscht worden, und zwar diejenigen Zinsanalysten, die darauf gesetzt hatten, dass die US-Notenbank Fed konkretere Signale für eine Zinsanhebung im September liefert. Die Fed lieferte eben nicht. Sie hielt sich abermals alle Optionen offen - für eine Zinsanhebung im September, aber eben auch dafür, diesen Schritt nicht vorzunehmen. Mancher Analyst versucht nun, doch noch in das leicht veränderte Wording etwas hineinzuinterpretieren. Im Großen und Ganzen bleibt aber festzuhalten, dass die US-Notenbanker weiterhin im Wartemodus sind.

Die Fed will noch "weitere Verbesserungen" am Arbeitsmarkt abwarten, bevor sie die Zinsen anhebt. Außerdem ergänzten die US-Währungshüter, dass sie sich "ziemlich sicher" sein wollen, dass sich die Inflation wieder in Richtung des Zielwertes von 2% bewegt, bevor es zu dem Zinsschritt kommt. Allerdings - und auch das ist festzuhalten - ist die Fed weiterhin willens, sich von dem Leitzinstiefpunkt abzusetzen - wenn es geht, noch in diesem Jahr. Mehr sollte man in das jüngste Statement der Fed nicht hineininterpretieren.

Arbeitsmarkt im Blick

Es ist natürlich Sache der Fed festzulegen, was denn "weitere Verbesserungen" am Arbeitsmarkt sein werden, die dann letztlich dazu führen, dass sie die Zinsen anheben kann. Vor allem geht es dabei um die Frage, wie nachhaltig diese Verbesserungen denn ausfallen müssen. Vor diesem Hintergrund werden die Akteure an den Finanzmärkten die nächsten beiden monatlichen Arbeitsmarktstatistiken der USA ganz genau verfolgen, d.h. die Arbeitsmarktberichte für Juli und August. Sollten beide Statistiken bescheinigen, dass der Arbeitsmarkt eine sehr robuste Verfassung aufweist, da die Zahl der neu geschaffenen Stellen weit die Prognosen übertrifft und auch die Arbeitslosenrate Vollbeschäftigung signalisiert, sollten sich die Anleger darauf einstellen, dass der Zinsschritt in den USA ein sehr großes Stück nähergerückt ist.

Für die Juli-Zahlen erwarten die Experten gemäß Bloomberg-Umfrage derzeit 225.000 neue Stellen (außerhalb der Landwirtschaft). Im Vormonat waren es 223.000 neue Arbeitsplätze. Fallen allerdings die Juli-Zahlen schwächer aus und gibt es dann wieder für August robustere Zahlen als erwartet (oder umgekehrt), so dass sich insgesamt ein gemischtes Bild ergibt, ist wohl eher davon auszugehen, dass die US-Zentralbanker im September weiterhin erklären werden, dass es besser ist, noch ein wenig abzuwarten. Aber daran haben sich die Marktteilnehmer ja schon gewöhnt. Manch einer war ja schon 2013 davon ausgegangen, als Ben Bernanke, der Vorgänger von Fed-Chefin Janet Yellen, das Tapering ins Spiel brachte, dass nun auch bald der Zinsschritt folgt. Über zwei Jahre ist das nun her. Die Fed hat sich immer wieder fürs Warten entschieden, zu groß schien ihr offenkundig die Gefahr, dass der Zinsschritt etwas ins Wanken bringen könnte.

Aber selbst wenn die beiden Arbeitsmarktberichte für Juli und August eine robuste Lage auf dem US-Arbeitsmarkt bescheinigen, ist der Zinsschritt mitnichten eine ausgemachte Sache. Die Fed hat verschiedentlich klargestellt, dass sie auch internationale Aspekte mit auf der Agenda hat. Angeführt hat sie dabei unter anderem die Griechenlandkrise und auch die Situation in den Emerging Markets. Sie hat dabei durchaus im Blick, dass der Zinsschritt in den USA nicht zu einem Abzug von Kapital in den Schwellenländern und damit zu erheblichen Beeinträchtigungen des Wachstums in diesen Regionen führen soll.

In den vergangenen Wochen ist mit dem dramatischen Kursverfall an den chinesischen Aktienmärkten nun ein weiterer dieser internationalen Aspekte hinzugekommen, der durchaus das Potenzial hat, die Fed davon abzuhalten, die erste Zinsanhebung seit Ausbruch der Finanzkrise durchzuführen. Nebenbei bemerkt: Sie würde fast auf den Tag genau sieben Jahre nach der Lehman-Pleite erfolgen. Lehman beantragte am 15. September 2008 die Insolvenz. Die kommende zweitägige Septembersitzung des Offenmarktausschusses findet am 16. und 17. September statt.

Sollten die Märkte in China weiter auf Tauchstation gehen und sich damit auch abzeichnen, dass es Gefahren für die Weltkonjunktur gibt, ist nicht damit zu rechnen, dass die Fed noch Öl ins Feuer gießen wird und dann eben auch noch die Zinsen anhebt. Ansonsten könnte das über einen Kapitalabzug aus China dazu führen, dass die dortige Konjunktur noch weiter beeinträchtigt wird. Und außerdem weiß auch Fed-Chefin Yellen: China ist schließlich kein ganz unbedeutender Käufer von amerikanischen Staatsanleihen. Sie wird ihn ungern in einer solchen Situation noch vergrätzen wollen.

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