Börsen-Zeitung: Evergreen
Kommentar zur EU-Milliardenstrafe gegen Devisenkartelle von Daniel Zulauf.
Frankfurt (ots)
Mit einer weiteren Milliardenstrafe gegen ein internationales Bankenkartell im Devisenhandel bringt die EU-Kommission die Aufarbeitung der größten Wettbewerbsverstöße aus der Zeit um die Finanzkrise endlich zum Abschluss. In den langen Untersuchungen kam ein bunter Strauss an kreativen und auch unglaublich dreisten Praktiken zum Vorschein. Über Jahre hinweg haben Finanzkonzerne ihre Kunden gemolken. Die künstliche Ausweitung der Geld-Brief-Spanne auf dem offenen Devisenmarkt war nur eine der vielen Methoden, mit denen Banken auf Kosten der Kunden ihre Profitmargen steuerten.
Staunen mag man aber darüber, dass diese Wettbewerbsverstöße in einer Zeit kulminierten, als die Welt der Banken noch einem wahrhaftigen Bonanza glich. 2006 hatte die UBS, ähnlich wie im Libor-Skandal eine große Missetäterin, noch ein Rekordergebnis von 11,5 Mrd. sfr ausgewiesen - das Zweieinhalbfache dessen, was die Bank 2018 selbst nach der Umsetzung harter Sparmaßnahmen an Gewinn vorzeigen konnte. Dass die Banken trotz der damaligen Hochkonjunktur eine Notwendigkeit verspürten, dem hervorragenden Geschäftsgang mit allerlei Tricks zusätzlich nachzuhelfen, ist nur ein scheinbarer Widerspruch. Die Finanzkonzerne handelten nicht zuletzt auf Druck der Investoren, die unablässig höhere Renditen einforderten. Nebst wettbewerbsrechtlich unzulässigen Methoden die Erträge zu steigern, erhöhten die Banken auch die Risiken, indem sie mit immer weniger Kapital ein immer größeres Rad antrieben. Wohin das Ganze letztlich führen musste, ist bekannt.
Die Spätfolgen des irrationalen Überschwangs sind mindestens bei den Großbanken in Europa noch nicht ausgestanden. Neben den Kartellstrafen kommen erfahrungsgemäß die zivilrechtlichen Klagen, die vielen Instituten nochmals schwer ins Geld gehen dürften. Und dann verbleibt ein Reputationsschaden, über dessen Höhe man bloß spekulieren kann. Mehr als 10 Mrd. Dollar haben die internationalen Großbanken an Strafen für die Wettbewerbsverstöße in der Bonanza-Zeit allein an die Behörden in Europa und Übersee gezahlt. Viele andere Rechnungen sind noch offen.
Die Tricksereien waren also ein gigantisches Verlustgeschäft. Trotzdem wird man sie irgendwann in anderer Form wieder sehen. Wie sagte Adam Smith bereit vor zweieinhalb Jahrhunderten: Sitzen drei Geschäftsleute aus derselben Branche im gleichen Raum, ist der Anfang eines Kartells angelegt. Kartelle sind ein Evergreen, solange es Wettbewerb gibt.
(Börsen-Zeitung, 17.05.2019)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell