Teil der "Everything Bubble"
Kommentar zur Entwicklung des Goldpreises von Dieter Kuckelkorn
Frankfurt (ots)
Erstmals seit 2011 kostet die Feinunze Gold wieder mehr als 1.800 Dollar. Wie die Edelmetallexperten der US-Investmentbank Goldman Sachs anmerken, setzt der Goldmarkt dazu an, das Allzeithoch von rund 1.921 Dollar in den Schatten zu stellen. Binnen zwölf Monaten sei ein Anstieg bis auf 2.000 Dollar drin, erwarten die Analysten.
Sucht man nach den Gründen für diesen bemerkenswerten Preisanstieg, denkt man sicherlich zunächst daran, dass Gold traditionell als sicherer Hafen für Vermögenswerte in Krisenzeiten aller Art gedient hat. Aktuell fällt allerdings auf, dass es zwar zu Beginn der Covid-19-Pandemie ein starkes Interesse insbesondere von Privatinvestoren an Gold gegeben hat, sich dieses inzwischen aber wieder normalisiert hat, wenn man beispielsweise die deutsche Nachfrage nach Münzen und Barrengold heranzieht.
Gold wird traditionell auch als ein Vehikel zur Wertaufbewahrung in Zeiten hoher Inflation angesehen. Aktuell ist zwar von einer steigenden Geldentwertung nichts zu sehen, aber nicht wenige Investoren befürchten, dass die enormen Hilfsprogramme der Regierungen und Notenbanken einen Inflationsschub auslösen könnten. Allerdings erklärt auch das die gegenwärtig hohe Nachfrage nach dem Edelmetall nicht wirklich, weil aktuell eher eine zweite Pandemiewelle droht - mit der Notwendigkeit umfangreicher Gegenmaßnahmen der Regierungen, die die Konjunktur wieder abwürgen könnten. Außerdem gibt es für diese Zwecke auch andere reale Assets wie Immobilien.
Sieht man sich an, wo die Goldnachfrage derzeit herkommt, wird der eigentliche Grund für die Rally erkennbar. Es sind institutionelle Investoren, die sehr umfangreiche Mittel in Gold-ETF pumpen. Gold- ETF sind aufgrund ihrer Konstruktion weniger zur Absicherung in Krisenzeiten geeignet, sie sind vielmehr ein Mittel für taktische Investments in den Goldmarkt, um an Preisbewegungen teilzuhaben.
Vor allem durch die ETF ist Gold zu einem Teil der von den Notenbanken mit ihren enormen Liquiditätsspritzen ausgelösten "Everything Bubble" geworden, die sich traditionell eigentlich gegenläufig entwickelnde Anlageobjekte wie Aktien, Anleihen und eben auch Gold im Gleichschritt antreibt. Und weil ein Ende der ultralockeren Geldpolitik unweigerlich eine Finanzkrise mit schwerer globaler Depression auslösen würde, darf man davon ausgehen, dass sich der Trend noch lange fortsetzen wird. Ein Goldpreis von 2.000 Dollar ist damit in der Tat erreichbar.
(Börsen-Zeitung, 10.07.2020)
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