Schwere Zeiten für Bundesanleihen, Marktkommentar von Werner Rüppel
Frankfurt (ots)
Anleihen befinden sich aktuell im Auge des Sturms, stellt die Weberbank fest. Denn die Teuerungsrate ist weltweit deutlich nach oben gesprungen und liegt im März hierzulande bei mehr als 7 Prozent. Angesichts der hohen Inflation und restriktiver Notenbanken gehe es im vermeintlich sicheren Hafen der Bundesanleihen äußerst unruhig zu. So habe sich die Schwankungsintensität der Bunds seit Anfang Februar stark erhöht. "Der Renditeanstieg hat inzwischen historische Ausmaße angenommen", stellt Weberbank-Volkswirtin Hannah Thielcke fest. "Es deutet sich das schlechteste Rentenjahr seit 1994 an." Für die Jüngeren: 1994 stellt mit einem heftigen und so nicht erwarteten Renditeanstieg bei Bundesanleihen das Horrorjahr am deutschen Rentenmarkt dar.
Nun ja, so schlimm wie 1994 muss es nicht kommen, aber Bundesanleihen stehen inzwischen gehörig unter Druck. Die Rendite von zehnjährigen Bunds ist zwar von -0,19 Prozent Ende 2021 bis auf aktuell 0,56 Prozent pro Jahr angestiegen. Das ist aber historisch betrachtet immer noch relativ niedrig, zumal die Teuerung vor allem infolge des Ukraine-Kriegs und seiner Auswirkungen massiv angestiegen ist und hoch bleiben dürfte. "Die Inflationsrate in Deutschland wird das gesamte Jahr hindurch im Bereich von 6 Prozent liegen", prognostiziert zum Beispiel Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt von Union Investment, hat seine Inflationsprognose angehoben und erwartet jetzt, dass die Teuerung im Euroraum im Jahresdurchschnitt bei 6,4 Prozent liegen wird.
In der Langfristbetrachtung wird deutlich, dass zehnjährige Bunds über viele Jahre Renditen und auch Kupons von mehr als 5 bis hin zu 9 Prozent nach der Wiedervereinigung geboten haben. Solch einen Risikopuffer in Form attraktiver Kupons bieten Bunds aktuell aber nicht, das macht Anlagen in Bundesanleihen so gefährlich.
In den vergangenen Jahren war der Kursaufschwung bei Bundesanleihen und der Rückgang der Renditen bis in den negativen Bereich vor allem gestützt durch die ungewöhnlich lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Hinzu kommt, dass die EZB auch massiv deutsche Staatstitel angekauft hat. Auf der Website der EZB ist veröffentlicht, wie viele öffentliche Anleihen aus Deutschland die EZB im Rahmen ihrer Kaufprogramme zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und Pandemie-Notfallprogramm (PEPP) bereits angekauft hat: Es sind dies exakt 1,03 Bill. Euro.
So wie bisher dürfte es aber nicht weitergehen. Angesichts wachsender Inflationsrisiken hat die US-Notenbank Fed bereits ihre Leitzinsen erhöht und mehrere weitere Erhöhungen angekündigt. In diesem Umfeld muss auch die EZB, die sich nach Meinung etlicher Volkswirte weit hinter der Kurve bewegt, endlich handeln. Das heißt, sämtliche Ankäufe von Anleihen zeitnah stoppen und die Leitzinsen erhöhen. "Die EZB muss rasch den Fuß vom Gas nehmen", fordert Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank. "Ansonsten steigen die Inflationserwartungen der Menschen weiter, und die hohe Inflation setzt sich dauerhaft fest. Es ist höchste Zeit zu handeln."
Aber auch wenn es vielleicht bis ins dritte Quartal hinein dauern mag, die Wertpapierkäufe der EZB, welche die Bundrendite bis in den negativen Bereich gedrückt haben, werden wegfallen. Hinzu kommt jetzt noch, dass der Bund keineswegs spart, sondern seine Ausgaben infolge des Ukraine-Kriegs erhöht, auch wenn das mitunter über Schattenhaushalte abgedeckt wird. Das Angebot an Bunds dürfte also mittelfristig eher steigen, die Nachfrage durch die Notenbank fällt bald weg.
Analysten und Volkswirte sind sich jedenfalls einig: Bei Bundesanleihen und Euro-Staatsanleihen insgesamt ist Vorsicht geboten, und Engagements am langen Ende sind sehr gefährlich. Die Weberbank bringt es auf den Punkt: "Wir bleiben in diesem Umfeld im Hinblick auf Laufzeiten defensiv aufgestellt und bevorzugen weiterhin kürzer laufende Anleihen."
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