Börsen-Zeitung: Kommentar zur Zukunft von DrKW von Bernd Wittkowski: Allianz muss sich entscheiden
Frankfurt (ots)
Investoren sollen sich für einen Minderheitsanteil an Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) interessieren und bereit sein, der Investmentbankeinheit der Allianz-Gruppe eine Kapitalspritze zu verpassen. Logisch? Nein. DrKW verdient Geld, aber noch längst nicht ihre Kapitalkosten. Gut, ein solches Investment würde man Risikokapital nennen. Aber was sollte DrKW damit anfangen? Die Sparte braucht Geschäfte, nicht Kapital mit solchem ist sie heute überreichlich ausgestattet.
Zweites Planspiel: enge(re) Integration von Investment Banking und Firmenkundengeschäft der Dresdner Bank. Logisch? Nein. 2001, schon unter der Ägide der Allianz, hatte die grüne Bank beschlossen, beide Zweige im neuen Bereich Corporates and Markets zusammenzuführen, der lange genug unter einheitlicher Leitung stand. Und drei Jahre später soll es immer noch Nachholbedarf an Integration geben? Dann hätte jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht. Hier lässt das alte Konkurrenzverhältnis Frankfurt-London grüßen. Aber solche Eifersüchteleien hätten längst von ganz oben ein für allemal unterbunden werden müssen.
Variante drei, offiziell weiterhin denkbar: Verkauf von DrKW. Logisch? Nein. Voraussetzung (wie auch für eine Minderheitsbeteiligung) wäre die Verselbständigung des Investment Banking. Die aber ist kaum kompatibel mit der Integration mit dem Firmenkundengeschäft. Kein Wunder, dass sich die Fortschritte bei der Separierung von DrKW in Grenzen halten, zumal die vom früheren Dresdner-Chef Fahrholz betriebene Divisionalisierung gerade erst zurückgedreht wurde, um die Bank unkomplexer zu machen. Dieses ewige Hin und Her ist das größte strategische Manko.
Das jahrelange Gezacker um die Zukunft von DrKW verunsichert Kunden wie Beschäftigte. Letztlich zeigt das Rein und Raus eine Entscheidungsschwäche der Allianz. In München schwankt man zwischen zwei Extrempositionen: Investment Banking ist Teufelszeug und hat bei einem konservativen, traditionell in Zeiträumen von mindestens Jahrzehnten denkenden Versicherer nichts zu suchen, zumal angesichts der Deal-orientierten Unkultur maßlos verwöhnter Akteure, die ja in der Tat die krassen Antipoden zum klassischen Versicherungsagenten sind. Oder: Investment Banking ist auch für eine fokussierte Universalbank moderner Prägung und damit für einen in hohem Maße in der Firmenkundschaft verwurzelten integrierten Finanzdienstleister schlicht unverzichtbar, und am besten hat man diese Einheit voll, das heißt: allein, unter Kontrolle. Ein bisschen von beiden Extremen geht nicht. Das sollte die Allianz endlich realisieren und dann eine klare Ansage machen so oder so.
(Börsen-Zeitung, 9.11.2004)
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