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Börsen-Zeitung: Bonsai-Investmentbank, Kommentar zum Stellenabbau im Investment Banking bei der Commerzbank von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Ein Global Player im Investment Banking wollte
die Commerzbank nie werden, aber große Ambitionen hatte sie schon.
Zumindest wollte sie europäische Produkte weltweit vertreiben. Der
Ehrgeiz ging sogar so weit, dass das Institut in den goldenen
neunziger Jahren, als die Deutsche Bank Morgan Grenfell und die
Dresdner Kleinwort Benson übernahmen, drauf und dran war, den
Londoner Broker Smith New Court zu kaufen (er landete letztlich bei
Merrill Lynch). Schließlich entschied man sich – geblendet von
boomenden Märkten – für einen massiven Ausbau aus eigener Kraft.
Die Commerzbank hat sich übernommen, und sie hatte jedenfalls
teilweise – so offenkundig im Handel – die falschen Leute. Selbst
unter dem einst mit reichlich Vorschusslorbeer bedachten
vermeintlichen Star-Investmentbanker Mehmet Dalman – jüngst aus dem
Vorstand ausgeschieden – wurde jede Menge Geld verbrannt. Dieses
hatte man vornehmlich im Eigenhandel verdienen wollen, während das
Kundengeschäft vernachlässigt wurde, wie Vorstandssprecher Klaus-
Peter Müller einräumt. Die auf diese Weise eingefahrenen Verluste
deuten darauf hin, dass ziemlich wild, aber nicht gerade clever
gezockt worden sein muss.
Die späte Erkenntnis ist schmerzhaft, die Konsequenzen sind
radikal und insofern teuer, als sie – neben dem desaströsen
Quartalsergebnis im Geschäftsfeld Securities von operativ 171 Mill.
Euro Miesen – via Restrukturierungsaufwand auch das Resultat für das
Gesamtjahr herunterziehen. Nach diesem neuerlichen Umbau wird die im
Investment Banking insgesamt, vor allem aber in Eigenhandel,
Brokerage und Research auf Bonsai-Format zurechtgestutzte Commerzbank
freilich besser dastehen, weil sie auf Dauer hohe Kosten streicht,
denen ohnehin keine Erträge gegenüberstanden. Das hilft der
Erfolgsrechnung schon von 2005 an, und auch langfristig kann die
Rückbesinnung auf den Heimatmarkt ein chancenträchtiges Modell sein,
zumal der neuformierte Vorstand den Eindruck erweckt, etwas von den
Geschäften zu verstehen, die fortan noch betrieben werden. Skeptisch
stimmt nur, dass die Gelben in jüngerer Zeit das Publikum Jahr für
Jahr mit neuen Baustellen überrascht haben, auf denen zunächst
erhebliche Altlasten zu beseitigen waren. Man fragt sich
unwillkürlich, was als Nächstes kommt.
Eine gute Nachricht verbirgt sich hinter dem Abbau für den (davon
kaum betroffenen) Finanzplatz Frankfurt. Er weist im Investment
Banking der Commerzbank einen starken Produktivitätsvorsprung
gegenüber London auf (ein Drittel der Mitarbeiter/gut die Hälfte der
Erträge). Kein schlechter Ausgangspunkt für den von Müller
proklamierten „Neustart des Investment Banking“.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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