Börsen-Zeitung: Die Erfolgsstory der Fonds, Kommentar von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Erinnern Sie sich noch an Bernie Cornfeld? An seine Investors Overseas Services (IOS)? Sie hatte in den sechziger Jahren das Fondssparen in Europa populär gemacht und avancierte zeitweise zur größten Investmentgesellschaft des Kontinents. Doch noch spektakulärer als der rasante Aufstieg war der Zusammenbruch des Imperiums, in dem illegale Transaktionen und die Verschleierung von Verlusten aufflogen. Die Pleite des Dachfonds-Erfinders brachte viele Anleger um ihre Ersparnisse, der Schock saß tief, die faszinierende und überzeugende Idee der Fondsanlage Risikostreuung und Chancengleichheit für alle Anleger schien bis weit in die siebziger Jahre hinein tot zu sein. Wer damals in Deutschland auf Fonds setzte, musste gewärtigen, als hoffnungsloser Fall eines Vabanquespielers für verrückt erklärt zu werden.
Der Aufschwung, den Fondsanlage und Investmentbranche hierzulande seither erlebt haben, ist zumal vor diesem Hintergrund atemraubend. In Publikums- und Spezialfonds und in der freien Portfolioverwaltung für Dritte managen deutsche Anlagegesellschaften heute die Rekordsumme von 1,1 Bill. Euro. Besonders deutlich wird die enorme Dynamik des Fondsgeschäfts bei einem Blick auf die private Geldvermögensbildung. 1970 floss etwa jede vierzigste gesparte Mark in Investmentanlagen im vorigen Jahr war es fast jeder vierte Euro. Eine Wachstumsbranche par excellence also, deren volkswirtschaftliche Bedeutung allzu oft unterschätzt wird. Und sie wächst ja, wenn auch zurzeit mit vermindertem Tempo, weiter trotz zunehmender Konkurrenz durch Zertifikate oder Tagesgeldkonten, auch trotz der aktuellen Probleme einiger offener Immobilienfonds. Diese beeindruckende Erfolgsstory war für die Börsen-Zeitung Anlass, Vertreter der Branche in einer 16-seitigen Beilage zu dieser Ausgabe zu den unterschiedlichsten Facetten der Fondsanlage und des Fondsgeschäfts zu Wort kommen zu lassen.
Der Erfolg der Fondsbranche darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren Wertschöpfung wie in vielen Wirtschaftszweigen immer weniger in Deutschland entsteht. Denn als Fondsproduktionsstandort gerät die Bundesrepublik ungeachtet aller bisherigen Reformen zunehmend ins Hintertreffen. Deshalb sind Gesetzgeber und Aufsicht permanent gefordert, den Wettbewerb mit Luxemburg, Dublin & Co. noch entschlossener aufzunehmen. Andererseits darf die Branche selbst sich nicht darauf beschränken, immer nur weitere Liberalisierungsschritte zu fordern. Sie muss auch einmal mit Taten, nicht nur mit Worten, honorieren, dass Berlin ihre Wünsche sehr weitgehend erfüllt hat. Das heißt: Produktion an den Heimatmarkt zurückholen.
(Börsen-Zeitung, 13.11.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung
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