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Börsen-Zeitung: Kommentar von Claus Döring zum Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts wegen überhöhter Gaspreise: Die Versorger

Frankfurt (ots)

Das Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts
wegen überhöhter Gaspreise richtet sich formal zwar nur gegen fünf
Versorger, doch im Kern geht es um den fehlenden Wettbewerb bei den
Gaspreisen für Endverbraucher in Deutschland. Den Unternehmen ist
ihre Preispolitik nicht vorzuwerfen. Sie verhalten sich
unternehmerisch rational und nutzen ihre Oligopolstellung aus. Für
den Ordnungsrahmen, der solches Verhalten ermöglicht, ist die Politik
verantwortlich. Die Verbraucher müssen heute mit höheren Strom-, Gas-
und Wasserpreisen büßen, dass die Politik bei der Gestaltung des
Wettbewerbsrahmens für die Wünsche der Netzbetreiber in der
Vergangenheit ein allzu offenes Ohr hatte. Dass im Gegenzug die
„Versorger“ ihrem Namen als lukrative Auffangstation amtsmüder
Politiker (siehe Werner Müller, siehe Alfred Tacke) alle Ehre machen,
trägt nicht eben zum Vertrauen in die Unabhängigkeit der Politik bei.
Grundsätzlich ist nicht zu beanstanden, wenn sich in einem Konzern
mit 60 000 Beschäftigten, wie im Beispiel RWE, rund 200 Mitarbeiter
ehrenamtlich in der Politik und dort vornehmlich im kommunalen
Bereich engagieren. Im Gegenteil. Man kann nicht auf der einen Seite
den fehlenden wirtschaftlichen Sachverstand in der Politik beklagen,
und auf der anderen Seite sofort Interessenverquickung unterstellen,
wenn sich Fachleute aus der Wirtschaft für politische Ämter zur
Verfügung stellen. Was sich allerdings ändern muss, ist die
Transparenz in solchen Beziehungen. Denn dass vor allem die Versorger
politisches Engagement ihrer Mitarbeiter so tatkräftig unterstützen,
hat nicht nur mit staatsbürgerlicher Überzeugung, sondern dem daraus
folgenden politischen Einfluss zu tun. Von daher kommt der „Skandal“
um die CDU-Politiker Arentz und Meyer zur rechten Zeit. Wer Mandate
bekleidet, die über das Ehrenamt hinausgehen, muss seine finanziellen
Abhängigkeiten und Einkommensverhältnisse offen legen. Das
Bedenkliche am Fall Laurenz Meyer ist nicht, dass er als Abgeordneter
von seinem ehemaligen Arbeitgeber RWE noch Geld – wofür auch immer –
erhalten hat, sondern dass er diese Zahlungen nicht unverzüglich
transparent gemacht hat.
Es ist nachgerade grotesk, dass Politiker seit Jahren „die
Wirtschaft“ mit anspruchsvollen Transparenzforderungen überziehen,
für sich selbst aber andere Maßstäbe anlegen. Mit welcher moralischen
Rechtfertigung will der Gesetzgeber Vorstände börsennotierter
Unternehmen zur individuellen Offenlegung ihrer Gehälter zwingen,
wenn politische Mandatsträger, die vom Steuerzahler finanziert
werden, ihre eigenen Einkünfte und damit mögliche Abhängigkeiten
bewusst verschleiern?
(Börsen-Zeitung, 22.12.2004)
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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