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Börsen-Zeitung: Fortsetzung folgt ..., Kommentar von Jürgen Schaaf zur Leitzinsanhebung durch die Europäische Zentralbank

Frankfurt (ots)

Es darf weiter gerätselt werden. Dass die
Europäische Zentralbank am gestrigen Donnerstag die Leitzinsen erhöht
hat, konnte nun wirklich niemanden mehr überraschen. Zu deutlich
hatte Präsident Trichet sich vor zwei Wochen geäußert und damit sich
und den EZB-Rat auf diesen Schritt festgelegt. Die eigentlich
spannende Frage war daher auch, wie es denn nun weitergeht. Kommen
weitere Zinsschritte und, wenn ja, wie viele?
Eine eindeutige Antwort blieb der Notenbankchef schuldig.
Zumindest waren seine Bemerkungen nicht so unmissverständlich wie bei
seiner überraschenden Ankündigung des Zinsschritts auf dem
Bankenkongress in Frankfurt. Er wiederholte seine Äußerungen von vor
anderthalb Wochen, dass es im EZB-Rat keine „Ex-ante“-Entscheidung
für eine Reihe von Zinserhöhungen gebe. Darin ist allerdings sehr
viel mehr Klarheit enthalten, als der erste Blick vermuten lässt.
Ohne Zweifel hat der EZB-Rat zurzeit eine Tendenz, die Zinsen
mehrfach zu erhöhen. Denn: Im September war die Welt noch in Ordnung.
Die Zinsen waren auf dem historisch niedrigen Niveau von 2%, auf dem
sie schon seit über zwei Jahren liegen. Und im Oktober und November
waren die Sorgen auf einmal groß angesichts der gestiegenen
Inflationsrisiken. Diese Sorgen sind definitiv nicht vom Tisch, wenn
das Zinsniveau um 25 Basispunkte angehoben wird. Sie sind es auch
nicht bei 25 weiteren.
Der entscheidende Punkt ist aber, dass es Befürchtungen gibt, dass
die Konjunktur nicht den robusten Verlauf nehmen wird, der momentan
prognostiziert wird. Mit anderen Worten: Jede Prognose des weiteren
Verlaufs des Zinspfads hängt von der zugrunde liegenden
Konjunkturerwartung ab. Wer mit einer Eintrübung der ökonomischen
Großwetterlage rechnet, muss nur noch wenige bis keine weiteren
Zinsschritte befürchten. Wer davon ausgeht, dass die Konjunktur in
Euroland weiter Fahrt aufnimmt, muss von deutlich strafferen
geldpolitischen Zügeln ausgehen. Das gilt sowohl für Analysten wie
wohl auch für den EZB-Rat. Insofern kann im Vorhinein nichts
feststehen. Entschieden wird aufgrund der konjunkturellen Daten. Die
Geldmenge kann man dagegen getrost ein Weile außer Acht lassen. Das
eigentliche Rätsel dreht sich um die Konjunktur. Die Lösung hierzu
liefert die Antwort auf die Frage nach der weiteren Zinspolitik.
(Börsen-Zeitung, 2.12.2005)

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