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Börsen-Zeitung: Fazio als Notenbank-GAU, Kommentar von Markus Frühauf zum Rücktritt des italienischen Notenbankchefs Antonio Fazio

Frankfurt (ots)

Der Rücktritt des italienischen Notenbankchefs
Antonio Fazio kommt spät. Mit seinem seit Sommer krampfhaften
Festhalten an dem Posten hat er seiner Institution und seinem Land
schweren Schaden zugefügt. Für die jahrelange Abschottung des
italienischen Bankensektors gegenüber dem Einfluss ausländischer
Institute müssen die italienischen Bankkunden büßen. Denn sie zahlen
im Schnitt um 30% höhere Gebühren als Kunden anderer EU-Länder. Über
Fazios Rücktritt werden sie sich künftig freuen können, denn mehr
Wettbewerb sorgt für günstigere Konditionen.
Die Aktionäre italienischer Banken konnten sich bereits gestern
freuen. Denn durch den Rücktritt von Fazio fällt das Bollwerk. Der
Übernahmefantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt. Die Titel der
meisten Institute tendierten am Dienstag in einem wenig veränderten
Gesamtmarkt deutlich fester.
Das alles ändert nichts daran, dass Fazio seinem Land einen
Imageverlust sondersgleichen beschert hat. Schon allein mit der
Abschottung des italienischen Bankenmarktes innerhalb des freien EU-
Binnenmarktes wäre er als oberster Bankenaufseher und als höchster
Vertreter der Notenbank nicht mehr tragbar gewesen. Doch diese
Starrköpfigkeit wird noch von kriminellen Machenschaften übertroffen.
Fazio unterstützte seinen Günstling Gianpiero Fiorani, den Chef der
Banca Popolare Italiana, im Übernahmekampf um die Banca Antonveneta
gegen ABN Amro. Die eingesetzten Mittel sind nun Gegenstand
staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen: Die Vorwürfe reichen von
Kursmanipulation bis zur Unterschlagung von Kundengeldern. Und gegen
Fazio wird nun wegen des Verdachts auf Insiderhandel ermittelt. Für
die Reputation einer Notenbank ist dies der GAU.
Italien muss deshalb schleunigst Reformen auf den Weg bringen.
Entscheidend ist dabei, dass die Notenbank nicht mehr die oberste
Aufsichtsbehörde für den Bankensektor ist. Die Aufgabenteilung in
Deutschland zwischen Bundesbank und BaFin kann dabei als Blaupause
dienen. In jedem Fall darf ein auf Lebenszeit ernannter Notenbankchef
keine wettbewerbsrelevanten Entscheidungen mehr alleine treffen. Erst
diese Konstellation hat Fazio zum Missbrauch seiner Befugnisse
verleitet. Der geldpolitischen Unabhängigkeit ist jedenfalls nicht
mit Parteilichkeit in der Aufsichtspraxis gedient.
(Börsen-Zeitung, 20.12.2005)

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