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Börsen-Zeitung: Magere Börsenkost, Kommentar von Lisa Schmelzer zum angekündigten Börsengang von Air Berlin

Frankfurt (ots)

„Gehe ich an die Börse, bin ich fremdbestimmt.
Deswegen tue ich mich damit so schwer.“ Der Mann, der so zitiert
wird, hat am Mittwoch einen der größten Börsengänge dieses Jahres in
Deutschland angekündigt. Bei aller Skepsis hat Joachim Hunold, Chef
von Air Berlin, wohl erkannt, dass die zweitgrößte deutsche
Fluggesellschaft nicht länger wie ein Familienunternehmen geführt
werden kann. Zumal, wenn Investitionen in Milliardenhöhe in die
Flotte anstehen.
Seit über zwei Jahren wollen die Eigentümer bei der Airline
aussteigen oder zumindest ihre Anteile reduzieren. Das freundliche
Börsenklima lädt nun zum IPO ein, derzeit scheint sogar das volatile
Fluggeschäft eine interessante Equity-Story zu liefern. Zumal Air
Berlin für die Vergangenheit auf kräftige Zuwächse verweisen kann. Da
Mittel zur Finanzierung des Wachstums gebraucht werden, ist jetzt der
richtige Zeitpunkt zum Handeln.
Für die Alteigentümer stehen also alle Zeichen auf Exit, an der
Equity Story muss allerdings noch gebastelt werden. Zwar kann der
Air-Berlin-Chef auf die erwarteten deutlichen Wachstumsraten für die
Billigflugbranche verweisen. Ob das Unternehmen allerdings davon so
stark profitieren kann wie in jüngster Vergangenheit, ist mehr als
fraglich. Denn die Konkurrenz holt auf: Condor wildert mit dem
stärker werdenden Einzelplatzverkauf im Air-Berlin-Gehege und rückt
mit Germanwings zusammen. LTU und DBA bündeln ihre Kräfte; Easyjet
und Ryanair werden neue Flugzeuge auch von und nach Deutschland
einsetzen. Der Preisdruck wird sich durch die zunehmende Konkurrenz
erhöhen, so dass die meist bescheidenen Margen in der Branche weiter
zusammenschmelzen.
Apropos Margen: Auch hinter der Ergebnissituation der Air Berlin
stehen viele Fragezeichen. Bisher hüllt sich das Unternehmen bis auf
einige magere Kennzahlen in Schweigen. Eine verschachtelte
Unternehmensstruktur erschwert den Durchblick. Spekuliert wird aber,
dass lediglich das Leasinggeschäft Profit abwirft, das vor allem
zwischen Air Berlin und den angehängten Leasingfirmen stattfindet.
Der reine Flugbetrieb kommt dagegen angeblich – wenn überhaupt – nur
auf einen kleinen Gewinn. Spätestens zum Börsengang müssen die Fakten
auf den Tisch, und dann bleibt Hunold nur die Hoffnung, dass die
bisher magere Börsenkost den Anlegern schmeckt.
(Börsen-Zeitung, 9.3.2006)

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