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Boersen-Zeitung: Siemens' Schachzug, Kommentar von Michael Flämig zur Zusammenlegung des Telefon-Netzwerkgeschäfts von Siemens und Nokia

Frankfurt (ots)

Endlich! Siemens hat eine Lösung für den
Großteil des Kommunikationsgeschäfts gefunden. Die finnische Nokia 
nimmt die Telekomnetze unter ihre Fittiche, die Münchner ziehen sich 
de facto auf eine Finanzbeteiligung zurück. Die Last, die 
Vorstandschef Klaus Kleinfeld abwirft, ist gewaltig. Dies zeigt auch 
der Aktienkurs. Das Siemens-Papier schnitt 2006 bis Ende letzter 
Woche um 13 Prozentpunkte schlechter als der Deutsche Aktienindex. 
Bis zum Handelsschluss am Montag verringerte sich die 
Underperformance auf acht Punkte. Der Konglomeratsabschlag schrumpft.
Mit dem jetzigen Plan hat die kriselnde Siemens-Sparte 
Communications - wenngleich der Stellenabbau schmerzhaft sein wird - 
eine Zukunft. Denn die neue Nokia Siemens Networks besitzt eine 
Marktmacht, die die Chance auf gute Renditen jenseits des 
hochprofitablen Mobilnetzgeschäft erhöht. Die Verhandlungen - seit 
Dezember standen die Partner im engeren Kontakt, seit Ende Mai war 
Druck auf dem Kessel - haben sich gelohnt.
Trotzdem muss man den Atem anhalten angesichts des Kraftaktes, den
Kleinfeld seinem Unternehmen zumutet. Die Wurzeln von Siemens liegen 
im Telekomgeschäft. Sie sind gekappt. Damit wird Siemens innerhalb 
eines guten Jahres voraussichtlich rund ein Fünftel seines Umsatzes 
verkauft haben. Dies sind immerhin etwa 16 Mrd. Euro. Erst wurden die
Mobiltelefone abgegeben (3,4 Mrd. Euro), jetzt kommen die Netze (9,2 
Mrd. Euro), und später wird das Enterprise-Geschäft mit 
Unternehmenskunden folgen (rund 3 Mrd. Euro). Rücksichten werden 
dabei nicht genommen, wie das Schicksal des Com-Chefs Montes Pérez 
beispielhaft zeigt. Er steht sieben Wochen nach Amtsantritt quasi 
ohne Bereich da.
Nokia Siemens Networks wird anfangs zwar den Siemens-Gewinn 
schmälern, aber nicht mehr als operative Einheit im 
Siemens-Zahlenwerk auftauchen. Dies ist wichtig, weil Kleinfeld so 
voraussichtlich ein zentrales Versprechen einlösen kann: Alle 
Bereiche werden im Frühjahr 2007 ihre Renditen erreichen. Ein echtes 
Hindernis bildet noch der IT-Dienstleister SBS.
Der Umbau ist aber kein Wert an sich. Entschlossenheit darf nicht 
mit Stärke verwechselt werden. Erstens wird der Konzernchef auch 
daran gemessen, wieviel die Com-Auflösung kostet. Zweitens - und dies
ist mittelfristig wichtiger - muss sich die Ausrichtung auf 
sogenannte Megatrends erst bezahlt machen.
(Börsen-Zeitung, 20.6.2006)

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